5.1 Aufgeschobene Besteuerung

Vorteile aus der unentgeltlichen oder verbilligten Übertragung von bestimmten Vermögensbeteiligungen an sog. Start-up-Unternehmen, Kleinstunternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistet werden[1], werden auf Antrag des Arbeitnehmers nicht im Jahr der Übertragung, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt versteuert (= vorläufige Nichtbesteuerung).[2] Begünstigt sind grundsätzlich dieselben Vermögensbeteiligungen, für die auch eine Steuerbefreiung[3] bis 2.000 EUR in Betracht kommt[4], wobei besondere Anforderungen an das Unternehmen des Arbeitgebers gestellt werden.[5]

 
Wichtig

Freistellung nur auf Antrag im Lohnsteuerabzugsverfahren

Die Freistellung kann nur im Lohnsteuerabzugsverfahren auf Antrag des Arbeitnehmers erfolgen. Eine Nachholung im Veranlagungsverfahren ist ausgeschlossen.[6]

Das Betriebsstättenfinanzamt hat nach der Übertragung einer Vermögensbeteiligung im Rahmen einer Anrufungsauskunft den vom Arbeitgeber vorläufig nicht besteuerten Vorteil zu bestätigen.[7]

5.2 Begünstigte Arbeitnehmer

Die vorläufige Nichtbesteuerung findet nur dann Anwendung, wenn es sich bei dem Arbeitgeber um ein sog. Start-up-Unternehmen handelt, welches die Voraussetzungen des § 19a Abs. 3 EStG erfüllt. Hierunter fallen insbesondere Kleinstunternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMU[1]), deren Gründung nicht mehr als 20 Jahre zurückliegt. Die Besteuerung des geldwerten Vorteils erfolgt erst dann, wenn

  • die Beteiligung ganz oder teilweise entgeltlich oder unentgeltlich (z. B. durch Schenkung oder Erbschaft) übertragen oder in ein Betriebsvermögen eingelegt wird,
  • seit der Übertragung der Vermögensbeteiligung 15 Jahre vergangen sind oder
  • das Dienstverhältnis zu dem bisherigen Arbeitgeber beendet wird.[2]

Übernimmt der Arbeitgeber in diesem Fall die Lohnsteuer, ist der übernommene Abzugsbetrag nicht Teil des zu besteuernden Arbeitslohns.[3]

Eine Besteuerung nach Ablauf von 15 Jahren oder bei Beendigung des Dienstverhältnisses ohne Anteilsübertragung unterbleibt, wenn der Arbeitgeber gegenüber der Finanzverwaltung erklärt, im Falle einer späteren Anteilsübertragung[4] für die betreffende Lohnsteuer zu haften.[5]

[1] Schwellenwerte: Weniger als 1.000 Mitarbeiter und Jahresumsatz max. 100 Mio. EUR oder Jahresbilanzsumme max. 86 Mio. EUR.

5.3 Bemessungsgrundlage im Zeitpunkt der Nachversteuerung

Der steuerpflichtige Arbeitslohn bemisst sich grundsätzlich aus dem Unterschied zwischen dem gemeinen Wert im Zeitpunkt der Übertragung abzüglich der tatsächlich geleisteten Zuzahlungen des Arbeitnehmers und eines etwaig im Jahr der Übertragung noch nicht in Anspruch genommenen Freibetrags nach § 3 Nr. 39 EStG.[1] Sollte der gemeine Wert der Vermögensbeteiligung bis zum Zeitpunkt der tatsächlichen Besteuerung gesunken sein, unterliegt nur der gemeine Wert der Vermögensbeteiligung abzüglich geleisteter Zuzahlungen der Besteuerung, wenn dieser Wert geringer ist, als der vorläufig nicht besteuerte Arbeitslohn.[2]

5.4 Besteuerung nach der Fünftelregelung

Der vorläufig nicht besteuerte Arbeitslohn unterliegt im Zeitpunkt der Nachversteuerung der sog. Fünftelregelung, wenn seit der Übertragung der Vermögensbeteiligung mindestens 3 Jahre vergangen sind.[1]

Grundsätzlich stellt der gemeine Wert der Vermögensbeteiligung im Zeitpunkt der Übertragung die maßgeblichen Anschaffungskosten der Anteile für Zwecke der Besteuerung nach §§ 17 und 20 EStG dar. Im Fall der Anwendung der Fünftelregelung gilt neben den geleisteten Zuzahlungen nur der tatsächlich besteuerte Arbeitslohn als Anschaffungskosten i. S. d. §§ 17 und 20 EStG.[2]

 
Praxis-Beispiel

Vorläufige Nichtbesteuerung bei einem Start-up

Ein Arbeitnehmer erhält im Jahr 01 von seinem Arbeitgeber (= Start-up-Unternehmen) zusätzlich zu seinem ohnehin geschuldeten Arbeitslohn Belegschaftsaktien im Wert von 100.000 EUR. Als Gegenleistung leistet er 20.000 EUR an seinen Arbeitgeber. Der Arbeitnehmer ist danach zu weniger als 1 % am Unternehmen des Arbeitgebers beteiligt. Im Lohnsteuerabzugsverfahren wird der geldwerte Vorteil mit Zustimmung des Arbeitnehmers vorläufig nicht besteuert. Im Jahr 08 veräußert er sämtliche Belegschaftsaktien für 300.000 EUR.

Abwandlung: Der Arbeitnehmer behält die Belegschaftsaktien langfristig. Im Jahr 16 beträgt der gemeine Wert nur noch 50.000 EUR.

Ergebnis:

Der geldwerte Vorteil aus der Übertragung von Belegschaftsaktien bleibt auf Antrag des Arbeitnehmers im Jahr der Übertragung (01) vorläufig unbesteuert. Die Besteuerung wird erst im Jahr der tatsächlichen Veräußerung der Bele...

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