Verletztenrente steht zu, wenn die Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Arbeitsunfall oder Berufskrankheit (sog. Versicherungsfall)

  • mindestens 20 % ausmacht und
  • in Anlehnung an das Versorgungsrecht der Beamten über 26 Wochen hinaus andauert, und zwar gerechnet ab Versicherungsfall (zur Fristberechnung).[1]

1.1 Mehrere Versicherungsfälle

Hat ein Versicherter mehrere Unfälle erlitten und erreichen die Sätze jeweils für sich mindestens 10 % und zusammen wenigstens 20 %, steht Verletztenrente für jeden, auch für den früheren Unfall zu (im Allgemeinen ab dem Tag des neuen Unfalls). Dabei führt jeder Versicherungsfall zu einem eigenständigen, gesondert zu berechnenden Rentenanspruch.

 
Praxis-Beispiel

Minderung der Erwerbstätigkeit

  • 2013 Arbeitsunfall mit einer Minderung der Erwerbstätigkeit von unter 10 %
  • 2015 weiterer Arbeitsunfall mit einer Minderung der Erwerbstätigkeit von 10 %
  • 2019 weiterer Arbeitsunfall mit einer Minderung der Erwerbstätigkeit von ebenfalls 10 %

Ergebnis: Die Sätze der Unfälle in den Jahren 2015 und 2019 (der erste Unfall mit einer Minderung der Erwerbstätigkeit von weniger als 10 % zählt nicht mit) ergeben zusammen 20 %, sodass ab 2019 2 Verletztenrenten zustehen.

Würde eine der beiden Renten wegen wesentlicher Besserung des Gesundheitszustands wegfallen, stünde auch die andere Rente mit einer Minderung der Erwerbstätigkeit von weniger als 20 % nicht mehr zu.

Den Versicherungsfällen stehen Unfälle oder Entschädigungsfälle nach anderen Rechtsvorschriften gleich, beispielsweise nach Beamtengesetzen, dem Bundesversorgungsgesetz oder dem Soldatenversorgungsgesetz.

1.2 Bemessung der Minderung der Erwerbsfähigkeit

Die Verletztenrente stellt einen Ausgleich für die durch den Unfall geminderte Einsatzfähigkeit – unter Berücksichtigung der individuellen Kenntnisse und körperlichen wie geistigen Fähigkeiten des Versicherten – auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt) dar.

Die Höhe des entgangenen Einkommens spielt bei der Minderung der Erwerbsfähigkeit ebenso wenig eine Rolle wie die unfallbedingten Einschränkungen im konkreten Beruf des Versicherten.

Die Minderung der Erwerbsfähigkeit wird dementsprechend je nach Schwere der Unfallfolgen in Prozentsätzen bemessen. Dabei kommt es zunächst auf Art und Umfang der unfallbedingten Beeinträchtigungen im Erwerbsleben an und des Weiteren darauf, ob diese Beeinträchtigungen eine Arbeit zulassen, die dem Verletzten vor dem Unfall unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten möglich war.

Aus Praxis und Rechtsprechung haben sich im Laufe der Jahre für die Feststellung der Minderung der Erwerbsfähigkeit Erfahrungswerte herausgebildet, auf die die Unfallversicherungsträger in ihrer täglichen Praxis – bestätigt durch die Rechtsprechung der Sozialgerichte – den Normalfall betreffend, zurückgreifen, ohne daran gebunden zu sein.

Wenn durch den Unfall Nachteile infolge des Verlusts besonderer beruflicher Kenntnisse und Fähigkeiten eingetreten sind, die nicht auf andere Weise zumutbar kompensiert werden können, ist dies bei der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu berücksichtigen.

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