Rz. 47

Entsprechend der hinter § 3 stehenden Motivation, Doppelleistungen zu vermeiden, erfolgt eine Anrechnung von Einnahmen i. S. d. § 3 Abs. 1 Satz 1 nur, solange deren Leistungszeitraum mit dem Bezugszeitraum des Elterngelds deckungsgleich ist. Dem Rechnung tragend, sieht § 3 Abs. 1 Satz 2 vor, dass Einnahmen nach § 3 Abs. 1 Satz 1, die nur für einen Teil des Lebensmonats des Kindes zustehen, nur auf den entsprechenden Teil des Elterngeldes anzurechnen sind. Mit anderen Worten verdrängen die Einnahmen das Elterngeld nur in dem (zeitlichen) Umfang, in dem sie gewährt werden.[1]

 
Praxis-Beispiel

Keine Doppelleistungen von Mutterschaftsgeld und Elterngeld

Die gesetzliche krankenversicherte F und M erwarten Nachwuchs. Der voraussichtliche Geburtstermin wird auf den 15. November datiert. K wird jedoch bereits am 10. November geboren. F beantragt daraufhin Basiselterngeld für die ersten 12 Lebensmonate des K. In welchem zeitlichen Umfang verdrängt das Mutterschaftsgeld das Basiselterngeld?

Lösung:

F erhält Mutterschaftsgeld nach § 24i Abs. 1 und 3 SGB V für den Entbindungstag und die ersten 8 Wochen nach der Entbindung. Da das Basiselterngeld ebenfalls vom Tag der Geburt an gewährt wird (§ 4 Abs. 1 Satz 2 BEEG), wird es in den ersten beiden Lebensmonaten durch die Zahlung von Mutterschaftsgeld verdrängt. Eine anteilige Verdrängung erfolgt im 3. Lebensmonat des K. Denn durch die Entbindung 5 Tage vor dem errechneten Termin, hat F die Schutzfrist des § 3 Abs. 1 MuSchG nicht voll ausgeschöpft. Die Bezugsdauer des Mutterschaftsgeldes verlängert sich somit nach § 24i Abs. 3 Satz 2 SGB V um diesen Zeitraum. Der Betrag des Basiselterngeldes wird im 3. Lebensmonat des K somit um 5/30 gekürzt.[2]

 

Rz. 48

Gleichwohl findet eine Verdrängung in den sich deckenden Leistungszeiträumen nur statt, sofern die andere Leistung – hier das Mutterschaftsgeld – der Höhe nach dem Elterngeld entspricht oder darüber hinausgeht. Dies wird indes regelmäßig der Fall sein, da Elterngeld grds. "nur" i. H. v. 67 % bzw. 65 % des vor der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens gewährt wird, während das Mutterschaftsgeld in Kombination mit den Zuschüssen des Arbeitgebers (vgl. § 19 MuSchG) das Nettoarbeitsentgelt in voller Höhe abbildet.

 

Rz. 49

Übersteigt das Elterngeld die andere Leistung, erfolgt eine anteilige taggenaue Anrechnung bezogen auf die übereinstimmenden Leistungszeiträume. Zur Ermittlung des Anrechnungsbetrags ist demzufolge nach Festlegung des identischen Leistungszeitraums zunächst die Höhe des Elterngeldes je Kalendertag (30 Tage) zu berechnen und dem kalendertäglichen Leistungssatz der anderen Leistung gegenüberzustellen. Der hieraus resultierende Differenzbetrag wird mit der Anzahl der Tage multipliziert, in denen sowohl Elterngeld als auch die andere Leistung gezahlt wird, und mit dem Betrag des Elterngeldes summiert, der auf den restlichen Lebensmonat entfällt.[3]

 
Wichtig

Keine pauschale Saldierung

Die Anrechnung von anderen Leistungen erfolgt nur beschränkt auf die identischen Leistungszeiträume. Es findet somit keine pauschale Saldierung zwischen Elterngeld und der anderen Leistung statt!

 

Rz. 50

 
Praxis-Beispiel

Elterngeld bei Geburten vor dem errechneten Termin

Das Kind von F kommt 10 Tage vor dem errechneten Geburtstermin zur Welt. Während der Schutzfrist erhält F Mutterschaftsgeld und einen Zuschuss ihres Arbeitgebers, der ihr ursprüngliches Nettoentgelt i. H. v. 1.000 EUR vollständig ersetzt. Behördenmitarbeiter B teilt F auf Nachfrage mit, sie erhalte im 3. Lebensmonat des K Elterngeld i. H. v. 336,70 EUR, das dem Elterngeld i. H. v. 670 EUR andere Leistungen i. H. v. 333,30 EUR gegenüberstünden. Ist die Auskunft des B zutreffend?

Lösung:

Die Auskunft des B erweist sich als fehlerhaft, da er Elterngeld und Mutterschaftsgeld nebst Zuschüssen ohne Berücksichtigung der identischen Leistungszeiträume miteinander saldiert. B hätte F bei richtiger Auskunft mitteilen müssen, sie dürfe mit 446,67 EUR Elterngeld rechnen. Denn wegen des identischen Leistungszeitraums von 10 Tagen, in dem das Mutterschaftsgeld und der Zuschuss nach § 20 MuSchG das Elterngeld übersteigen, findet eine Verdrängung des Elterngeldes und damit eine Kürzung um 10/30 statt. Der das Elterngeld in den ersten 10 Tagen übersteigende Betrag "verfällt" und wird gerade nicht auf das auf den restlichen Lebensmonat entfallende Elterngeld angerechnet.

[1] BT-Drucks 16/1889 S. 22.
[2] S. auch BT-Drucks. 16/1889 S. 22.
[3] Vgl. auch BMFSFJ, Richtlinien zum BEEG, 8/2023, Teil I, S. 183 f.; Brose/Weth/Volk/Brose, § 3, Rz. 25.

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