Rz. 16

Der Anspruch auf Krankengeld bleibt grundsätzlich immer bis zum Ende der bescheinigten Arbeitsunfähigkeitsdauer bestehen. Verlängert sich die auf derselben Krankheit beruhende Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer neuen ärztlichen Bescheinigung, gilt das auch, wenn die ärztliche Feststellung der verlängerten Arbeitsunfähigkeit spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit erfolgt (vgl. auch BSG, Urteile v. 7.4.2022, B 3 KR 4/21 R, sowie v. 21.9.2023, B 3 KR 11/22 R). Als Werktag gilt allgemein jeder Tag, der nicht Sonntag oder gesetzlicher Feiertag ist; aufgrund der speziellen Vorschrift des § 46 Satz 2 (letzter Halbsatz) werden Samstage nicht als Werktage mitgezählt.

§ 46 Satz 3 beschäftigt sich mit der Frage, wie lange die Mitgliedschaft i. S. d. § 192 Abs. 1 Nr. 2 bestehen bleibt, wenn die weiterhin wegen derselben Krankheit beruhende Arbeitsunfähigkeit fortbesteht und dieses weitere Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit erst nach Ablauf des in § 46 Satz 2 aufgeführten nächsten Werktages ärztlich festgestellt wird.

 

Rz. 17

Durch den ab 11.5.2019 geltenden Satz 3 wird sichergestellt, dass der Krankengeldanspruch – also das Stammrecht auf Krankengeld – bei Versicherten, deren Mitgliedschaft mit Anspruch auf Krankengeld vom lückenlosen Bestand des Anspruchs auf Krankengeld abhängig ist, trotz verspäteter ärztlicher Feststellung der Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit weiterbesteht. Voraussetzung allerdings ist, dass die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit innerhalb eines Monats nachgeholt wird. Als Monat gilt nicht der Kalendermonat, sondern der Zeitmonat (28, 29, 30 oder 31 Kalendertage).

Der Krankengeldanspruch ruht aufgrund des am 11.5.2019 eingeführten § 49 Abs. 1 Nr. 8 für die Tage, in denen der behandelnde Arzt zu spät aufgesucht wird. Der Grund, weshalb eine rechtzeitige Feststellung der weiterhin bestehenden Arbeitsunfähigkeit nicht erfolgte, spielt grundsätzlich keine Rolle.

 
Praxis-Beispiel
 
Ende des krankenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses zum 15.10.
Arbeitsunfähigkeit seit 4.9.
Krankengeldbezug (nach Ende der Entgeltfortzahlung) seit 16.10.
Arbeitsunfähigkeit wurde zuletzt bescheinigt bis 24.10.
Ärztliche Feststellung der wegen derselben Krankheit andauernden Arbeitsunfähigkeit erfolgte erst am 11.11.
Der Grund für die verspätete ärztliche Feststellung: Der Versicherte war während seiner Arbeitsunfähigkeit ins Ausland zu seiner Familie geflogen und kam wegen familiärer Angelegenheiten nicht rechtzeitig zurück nach Deutschland.  
Ergebnis:  

Die ärztliche Feststellung der weiterhin bestehenden Arbeitsunfähigkeit erfolgte innerhalb der Monatsfrist (25.10. bis 24.11.). Die Mitgliedschaft nach § 192 und damit der Anspruch auf Krankengeld bleiben wegen der am 11.11. festgestellten weiteren Arbeitsunfähigkeit deshalb rückwirkend weiter bestehen.

Für den Zeitraum vom 25.10. bis 10.11. ruht der Anspruch auf Krankengeld nach § 49 Abs. 1 Nr. 8. Von der Krankenkasse ist deshalb insgesamt betrachtet Krankengeld vom 16.10. bis 24.10. und erneut ab 11.11. zu zahlen.
 

Rz. 18

Die unter Rz. 17 aufgeführte Wirkung des Bezugs von Krankengeld als Bindeglied zur Aufrechterhaltung des Versicherungsstatus ist aus Gründen der Gleichbehandlung bei freiwillig versicherten Arbeitnehmern (Beschäftigung mit einem Arbeitsentgelt über der Jahresarbeitsverdienstgrenze) genauso zu sehen wie bei pflichtversicherten Arbeitnehmern (vgl. BSG, Urteil v. 17.6.2021, B 3 KR 2/19 R).

 

Rz. 19

Wie bereits unter Rz. 16 erwähnt, kann § 46 Satz 3 nur angewandt werden, wenn die weiter bestehende Arbeitsunfähigkeit auf derselben Krankheit beruht.

Um "dieselbe Krankheit" handelt es sich, wenn ihr dieselbe, nicht behobene Krankheitsursache zugrunde liegt. Der regelwidrige Körper- oder Geisteszustand, der die Krankheitsursache bildet, braucht dabei weder ständig Krankheitserscheinungen hervorzurufen noch fortlaufend die Behandlungsbedürftigkeit zu bewirken. Es genügt vielmehr, wenn ein medizinisch nicht ausgeheiltes Grundleiden latent weiter besteht und nach einem beschwerdefreien oder beschwerdearmen Intervall erneut Krankheitssymptome hervorruft.

Tritt später nur noch ein Teil der ursprünglichen Krankheit wieder auf, so handelt es sich gleichwohl noch um dieselbe Krankheit, welche das Schicksal der ursprünglichen Erkrankung teilt, wenn die Ausgangserkrankung in einem Bündel nebeneinander vorhanden gewesener Krankheiten bestand (vgl. BSG, Urteil v. 8.11.2005, B 1 KR 27/04 R).

Als "dieselbe" Krankheit gilt auch eine Erkrankung, die irgendwann während der Dauer der bisherigen Arbeitsunfähigkeit hinzutrat und jetzt nur noch allein weitere Arbeitsunfähigkeitszeiten verursacht.

Tritt dagegen eine neue, mit der alten Arbeitsunfähigkeit nicht im Zusammenhang stehende Arbeitsunfähigkeit erst am Tage nach Beendigung der bisherigen Arbeitsunfähigkeit ein (= keine zeitliche Überschneidung der Arbeitsunfähigkeitszeiten), handelt es sich nicht um "dieselbe Krankheit". Nach Beendigung der bisherigen Arb...

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