Rz. 1a

Die Vorschrift ist Teil des Achten Titels SGB V, der inhaltlich mit Bedarfsplan, Unterversorgung und Überversorgung bezeichnet ist; sie hat schon nach der Überschrift praktische Bedeutung vorrangig für die vertragsärztliche Versorgung, weniger für die vertragszahnärztliche Versorgung, in der es bisher keine ähnlichen Sicherstellungsprobleme wie in der vertragsärztlichen Versorgung gibt. Gleichwohl gilt die Vorschrift auch für die Förderung der vertragszahnärztlichen Versorgung, was am Plural "Kassenärztliche Bundesvereinigungen" in Abs. 1, an Abs. 1a Satz 6 bis 8 sowie an Abs. 4 deutlich wird. Außerdem findet der Grundsatz des § 72 Abs. 1 Satz 2 Anwendung, der da lautet: "Soweit sich die Vorschriften dieses Kapitels auf Ärzte beziehen, gelten sie entsprechend für Zahnärzte, Psychotherapeuten und medizinische Versorgungszentren, sofern nichts Abweichendes bestimmt ist".

Im Folgenden wird gemäß der Gesetzesformulierung schwerpunktmäßig die Förderung der vertragsärztlichen Versorgung kommentiert, die Förderung der vertragszahnärztlichen Versorgung dagegen im Zusammenhang mit den ausdrücklichen vertragszahnärztlichen Passagen des Gesetzestextes. Bei der Förderung der vertragsärztlichen Versorgung ist aber gedanklich immer davon auszugehen, dass die Kommentierung entsprechend für die vertragszahnärztliche Versorgung gilt.

 

Rz. 1b

Die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung ist jeder Kassenärztlichen Vereinigung (KV) als öffentliche Aufgabe übertragen und hat oberste Priorität. Die Sicherstellung deckt sich im Übrigen mit dem Grundanspruch der ambulanten Krankenversorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung, eine patientennahe Versorgung zu gewährleisten, die für alle Versicherten unabhängig vom Wohnort oder Einkommen gleichermaßen zugänglich ist. Auf diesen Grundanspruch sowie das in § 72 Abs. 1 geregelten Zusammenwirken der ärztlichen Leistungserbringer und der Krankenkassen zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung geht zurück, dass sich auch die Krankenkassen an der einer KV obliegenden Förderung der vertragsärztlichen Versorgung finanziell zu beteiligen haben. Die in § 75 Abs. 1 genannte Sicherstellungspflicht der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung bezieht sich auf die KV/KZV und auf die KBV/KZBV und bedeutet, dass sich die KV bzw. KZV aktiv, d. h. mit allen geeigneten finanziellen und sonstigen Maßnahmen i. S. d. Abs. 1 Satz 1 der Vorschrift, darum kümmern muss, jeden Planungsbereich in ihrem Zuständigkeitsbezirk ausreichend mit Vertragsärzten der verschiedenen Arztgruppen, mit Vertragspsychotherapeuten, mit zugelassenen medizinischen Versorgungszentren, ermächtigten Ärzten sowie ermächtigten ärztlich geleiteten Einrichtungen bzw. mit Vertragszahnärzten zu besetzen. KBV und KZBV wirken an der Sicherstellung mit, indem sie die KV bzw. KZV unterstützen.

 

Rz. 1c

Die Bemühungen der KV um eine ärztliche oder psychotherapeutische Niederlassung in unterversorgten bzw. von Unterversorgung bedrohten Gebieten kosten neben dem Verwaltungsaufwand für eine intensive Beratung bei Neuniederlassung ggf. auch Geld, wobei in der Vergangenheit gelegentlich angezweifelt worden war, ob eine KV Gelder oder Beiträge ihrer Mitglieder dafür überhaupt verwenden darf. Durch § 105 i. d. F. des GSG sind diese Zweifel ausgeräumt, weil nach Abs. 1 Satz 1 der Vorschrift von jeder KV alle geeigneten finanziellen und sonstigen Maßnahmen ergriffen werden müssen, um das übergeordnete Ziel, die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung, zu gewährleisten. Die Vorschrift enthält verschiedene Möglichkeiten, wie eine KV die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung fördern kann bzw. bei festgestellter Unterversorgung oder drohender Unterversorgung oder einem zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarf in einem nicht unterversorgten Planungsbereich fördern muss. Zu diesen Maßnahmen gehört nach Abs. 1c im Extremfall sogar, dass eine KV im Benehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen entweder selbst medizinische Einrichtungen betreiben kann, die der unmittelbaren Versorgung der Versicherten dienen, oder dass sie sich an solchen Einrichtungen beteiligen darf. Ist durch den Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen Unterversorgung, eine drohende Unterversorgung oder ein zusätzlicher lokaler Versorgungsbedarf festgestellt, besteht für die KV unter Umständen sogar die Verpflichtung zum Betreiben von Eigeneinrichtungen (Abs. 1c Satz 3).

Die in diesen Eigeneinrichtungen bzw. Einrichtungen mit KV-Beteiligung erbrachten ärztlichen Leistungen sind Bestandteile der vertragsärztlichen Versorgung und werden folglich nach Abs. 1 Satz 3 aus der vertragsärztlichen Gesamtvergütung und eben nicht aus den Verwaltungskosten der KV bezahlt, was wiederum bestätigt, dass die KV bei der Förderung der vertragsärztlichen Versorgung auf die ihr zur Verfügung stehenden Gelder zurückgreifen darf.

 

Rz. 1d

Bei den Sicherstellungsmaßnahmen, die neben der Gewährleistung der vertragsärztlichen Versorgung auch deren Verbes...

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