0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Art. 1 Nr. 65 des Gesetzes zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege (Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungs-Gesetz – DVPMG) v. 3.6.2021 (BGBl. I S. 1309) hat die Vorschrift mit Wirkung zum 9.6.2021 eingefügt. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) wird zur Unterstützung der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) beauftragt, ein bundesweit nutzbares zentrales Vermittlungsportal bereitzustellen, in dem Telemedizinische Leistungen (z. B. Videosprechstunde) an Versicherte vermittelt werden.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Versicherte sollen besser über telemedizinische Versorgungsangebote informiert werden und einen besseren Zugang zu dieser Form der Leistungserbringung zu erhalten. Die KBV wird dafür zur Unterstützung der KV beauftragt, ein bundesweit nutzbares zentrales Vermittlungsportal bereitzustellen, in dem Versicherte Termine der Videosprechstunde buchen können. Die Norm dient der besseren Information der Versicherten über die telemedizinischen Versorgungsangebote und damit der Stärkung der Telemedizin. Insbesondere sollen Versicherte sowohl bei dringender Behandlungsbedürftigkeit als auch für weniger dringliche Arzttermine Videosprechstunden und telemedizinische Befunderhebungen beanspruchen können. Dritte können das Portal gebührenpflichtig nutzen. Die Vertragsärzte können der Weitergabe ihrer Daten an Dritte widersprechen.

2 Rechtspraxis

2.1 Vermittlung telemedizinischer Leistungen (Abs. 1)

 

Rz. 3

Die KBV unterstützt die KV u. a. durch ein elektronisch gestütztes Verfahren bei der Terminvermittlung (§ 75 Abs. 1a Satz 16; www.eterminservice.de). In diesem Rahmen wird die KBV beauftragt, ein Portal zur Vermittlung telemedizinischer Leistungen an Versicherte zu errichten und zu betreiben (Satz 1). Das Portal unterstützt die KV, muss bundesweit nutzbar sein und Versicherten ermöglichen, Termine der Videosprechstunde zu buchen. Die Vermittlungsstruktur muss mit dem elektronischen Vermittlungsservice der Terminservicestellen ("e-Terminservice"; § 75 Abs. 1a Satz 17) kompatibel sein und in diesen integriert werden (Satz 2). Damit wird die von der Terminservicestelle innerhalb und außerhalb der Sprechstundenzeiten vorgenommene Vermittlung von Arztterminen um digitale Angebote erweitert, sodass sowohl bei dringender kurzfristiger Behandlungsnotwendigkeit als auch für weniger dringliche Arzttermine die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Videosprechstunden und telemedizinischen Befundungen besteht. Die KV stellen der KBV die für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Daten über verfügbare Videosprechstunden (§ 75 Abs. 1a Satz 21) zur Verfügung (Satz 3). Die KBV ist dabei verpflichtet, die geltenden Regelungen zur Herstellung der Barrierefreiheit zu beachten (BT-Drs. 19/27652 S. 134).

2.2 Nutzung durch Dritte (Abs. 2)

 

Rz. 4

Die KBV stellt die Informationen und Vermittlungsdienste, die sie im Rahmen des Systems nach Abs. 1 verarbeitet bzw. bereitstellt, Dritten zur Verfügung (Satz 1). Dritte sind etwa Fachgesellschaften, Organisationen der Selbsthilfe oder sonstige Stellen, die Gesundheitsinformationen anbieten und diese mit dem Angebot einer Videosprechstunde verbinden möchten. Dritte können dabei sowohl gemeinnützig als auch gewerblich am Markt tätig werden. Der KBV kommt damit eine zentrale Rolle bei der Koordination der Inanspruchnahme telemedizinischer Leistungen in der gesetzlichen Krankenversicherung zu, die sie ohne eigenwirtschaftliches Interesse und im Interesse der Vertragsärzte wahrnimmt (BT-Drs. 19/27652 S. 134 f.). Für den Zugriff Dritter wird eine Schnittstelle definiert und veröffentlicht (Satz 2). Die Vertragsärzte können der Datenweitergabe an Dritte widersprechen (Satz 3).

2.3 Verfahrensordnung (Abs. 3)

 

Rz. 5

Die KBV regelt die Nutzung des Portals durch Dritte in einer Verfahrensordnung (Satz 1). Die Verfahrensordnung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Genehmigung durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG; Satz 2). In der Verfahrensordnung ist ausdrücklich zu regeln, dass die Termine diskriminierungsfrei an Patienten vermittelt werden und keine Selektion nach Versicherungsstatus, nach Art der Beschwerden, der Krankengeschichte, der gewünschten Behandlung, der voraussichtlich durchzuführenden Untersuchungen oder auszustellenden Bescheinigungen stattfindet (BT-Drs. 19/27652 S. 135). Lediglich eine nach anerkanntem Stand der Wissenschaft ermittelte medizinische Dringlichkeit rechtfertigt eine Priorisierung der Terminvergabe.

2.4 Gebühren (Abs. 4)

 

Rz. 6

Die Nutzung der von der KBV im Portal bereitgestellten Informationen durch Dritte ist gebührenpflichtig (Satz 1). Die Gebühren werden im Rahmen einer Rechtsverordnung durch das BMG festgelegt (Satz 2). Diese kann auch Gebührenbefreiungen für gemeinnützige Personen des Privatrechts, etwa medizinische Fachgesellschaften, vorsehen, die Gesundheitsinformationen mit dem Zugang zu einem telemedizinischen Behandlungsangebot verbinden möchten (Satz 3). Die Verordnungsermächtigung kann durch eine Rechtsverordnung vom BMG auf die KBV übertragen werden (Satz 4).

3 Materialien

 

Rz. 7

KBV (Herausg.), Videosprechstunde, veröffentlicht im Internet unter www.kbv.de/html/videosprechstunde.php; abgerufen: 4.8.2021.

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