0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift ist durch das Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen (Gesundheitsreformgesetz – GRG) v. 20.12.1988 (BGBl. I S. 2477) mit Wirkung zum 1.1.1989 eingeführt worden. Leistungserbringer sind berechtigt, Patientendaten aufzuzeichnen und an Krankenkassen oder Kassenärztliche Vereinigungen zu übermitteln.

 

Rz. 2

Das Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung (Gesundheitsstrukturgesetz – GSG) v. 21.12.1992 (BGBl. I S. 2266) hat zum 1.1.1993 den Begriff der "kassenärztlichen Versorgung" gestrichen. Es handelt sich um eine Anpassung aufgrund der Neufassung des § 72.

 

Rz. 3

Das Zweite Gesetz zur Änderung des Sozialgesetzbuchs (2. SGBÄndG) v. 13.6.1994 (BGBl. I S. 1229) hat zum 1.7.1994 die "Befugnis" der Leistungserbringer zur Datenverarbeitung gestrichen. Eine zusätzliche Erwähnung neben der "Verpflichtung" erscheint überflüssig.

1 Allgemeines

 

Rz. 4

Die Vorschrift normiert als allgemeine Regelung für Leistungserbringer deren gesetzliche Verpflichtung zur Aufzeichnung und Weiterleitung von Sozialdaten, die mit ihrer Leistungserbringung in der gesetzlichen Krankenversicherung zusammenhängen, soweit diese Angaben für die Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen erforderlich sind. Die Regelung ist wegen des Rechts des Versicherten auf "informationelle Selbstbestimmung" erforderlich. Der Versicherte entscheidet danach selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten. Einschränkungen des Rechts bedürfen einer gesetzlichen Grundlage (BVerfG, Urteil v. 15.12.1983, 1 BvR 209/83). Die ärztliche Schweigepflicht gegenüber dem Patienten wird durch die Verpflichtung zur Mitteilung für diesen Regelungsbereich aufgehoben (Koch, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 294 Rz. 14).

2 Rechtspraxis

2.1 Notwendige Angaben

 

Rz. 5

Ausschließlich "notwendige Angaben" dürfen aufgezeichnet und übermittelt werden. Die entsprechenden Daten sind Sozialdaten sowie Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse (§ 67 Abs. 2 SGB X), die im Zusammenhang mit der Erbringung, der Verordnung oder der Abgabe von Versicherungsleistungen anfallen. Gemeint sind die Angaben, die von den Krankenkassen oder Kassenärztlichen Vereinigungen für die in §§ 284, 285 genannten Aufgaben benötigt werden. Konkretisiert werden die notwendigen Angaben für die jeweiligen Leistungserbringer in den §§ 295 ff.

2.2 Aufzeichnungspflicht

 

Rz. 6

Die Vorschrift beinhaltet die Verpflichtung aller zugelassenen Leistungserbringer in der gesetzlichen Krankenversicherung, Leistungsdaten aufzuzeichnen. Diese Dokumentationspflicht, die insbesondere auch versichertenbezogene Daten enthält oder zumindest im Rückschluss einen Bezug zu Versicherten zulässt, stellt im Sinne des Datenschutzes die Erhebung von Daten dar. Einer solchen ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung der Datenerhebung durch die Leistungserbringer bedurfte es schon deswegen, weil der Sozialdatenschutz von einem grundsätzlichen Verbot der Datenerhebung und Datenweitergabe ausgeht und jede Abweichung von diesem Verbot einer besonderen Ermächtigung und Regelung bedarf (Verbot mit Erlaubnisvorbehalt). Insoweit dürfen die Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen für ihre Aufgaben auch nicht auf Unterlagen zurückgreifen, die aus anderen Rechtsgründen (Steuer-, Berufs- oder Standesrecht) dokumentiert sind. Diese Dokumentationspflichten bleiben daher unberührt.

 

Rz. 7

Der Umfang der Aufzeichnungspflicht wird zweifach begrenzt. Zum einen muss es sich um Angaben handeln, die aus der Erbringung, der Verordnung oder der Abgabe von Leistungen entstehen, andererseits müssen diese Angaben für die Erfüllung der Aufgaben der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Vereinigungen notwendig sein.

 

Rz. 8

Die Begrenzung der Dokumentationspflicht auf Angaben zur Leistungserbringung hat seinen Hintergrund im Sachleistungsprinzip der gesetzlichen Krankenversicherung, bei der im Regelfall die Leistung direkt gegenüber den Versicherten erbracht wird, ohne dass Krankenkassen oder Kassenärztliche Vereinigungen deren Inhalt und Umfang kennen. Daher müssen Grund, Inhalt und Umfang der Leistung und dessen Empfänger dokumentiert werden.

 

Rz. 9

Dementsprechend ist auch die Begrenzung der Aufzeichnungspflicht durch die Aufgaben der Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen begrenzt. Zu diesen Aufgaben gehören einerseits generell die Vergütungsverpflichtung der Krankenkassen für zulässigerweise erbrachte Leistungen an Versicherte und der Abrechnungsweg über die Kassenärztliche Vereinigung mit den dafür erforderlichen Abrechnungsunterlagen der Ärzte und Leistungserbringer, darüber hinaus aber insbesondere auch die Prüfung und Überprüfung der Leistungserbringung, wie sie in den § 294 nachfolgenden Vorschriften geregelt sind.

 

Rz. 10

Dabei beinhalten die §§ 295 ff. auch wiederum Ermächtigungen zu Regelungen über die Form und den Inhalt dieser Dokumentationspflichten (z. B. § 295 Abs. 3, § 300 Abs. 3 für Form, Inhalt und Vordrucke), die seitens der Leistungserbringer zu beachten sind.

2.3 Übermittlungspflicht

 

Rz. 11

Übermitteln ist die Weitergabe von Sozialdaten an einen Dritte...

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