Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Versagung von Sozialleistungen wegen fehlender Mitwirkung. Auskunftspflicht der Mutter über den leiblichen Vater. kein Auskunftsverweigerungsrecht wegen Persönlichkeitsrecht. keine schutzwürdige Rechtsposition bei inhaftiertem leiblichen Vater. Verpflichtung zur Auskunftserteilung nach UhVorschG

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die hilfebedürftige Mutter eines minderjährigen Kindes muss im Rahmen ihrer Mitwirkungspflichten nach § 60 SGB 1 dem Leistungsträger (Jobcenter) den ihr bekannten Vater des Kindes benennen, damit mögliche Unterhaltsansprüche durchgesetzt werden können.

2. Weder das Persönlichkeitsrecht der Mutter, noch der Umstand, dass der Kindsvater angeblich wegen einer Gewalttat inhaftiert ist, berechtigen dazu, diese Auskunft zu verweigern.

3. Die gesetzliche Wertung in § 1 Abs 3 Unterhaltsvorschussgesetz (juris: UhVorschG) mit der grundsätzlichen Verpflichtung bei der Feststellung der Vaterschaft oder des Aufenthalts des anderen Elternteils mitzuwirken, ist zu beachten.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Mit der am 29.06.2015 beim Sozialgericht Trier erhobenen Klage gegen den Bescheid über die teilweise Versagung von Leistungen nach dem SGB II vom 24.03.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.05.2015 begehren die Kläger erkennbar die Aufhebung des Versagungsbescheides.

Die 1980 geborene Klägerin zu 1) war bis März 2015 als Erzieherin beschäftigt. Ihr im Dezember 2012 geborenes Kind … (Klägerin zu 2) war bis dahin von der Mutter der Klägerin zu 1) betreut worden, was zukünftig nicht mehr möglich sei.

Bei der (erneuten) Antragstellung (Arbeitslosengeld II ab 04/2015) wollte sie auf Nachfrage des Beklagten “aus Schutzgründen für sich und Tochter„ keine Angaben zur Person des - ihr bekannten - Kindsvaters machen.

Mit Bewilligungsbescheid vom 24.03.2015 (Bl. 24) wurde ihr Arbeitslosengeld II nur in Höhe von 508,65 € - April - 454,65 € - Mai bis Dezember und 604,65 € Januar bis März 2016) bewilligt und in Höhe des Mindestunterhaltes von 225 € (Berechnung vgl. http://www.unterhalt.net/kindesunterhalt/mindestunterhalt.html) teilweise versagt (§§ 66, 60 SGB 1).

Die Kläger erhoben Widerspruch und machten geltend, es sei unzulässigerweise fiktives Einkommen (225 €) angerechnet worden, woraufhin der Beklagte mit Schreiben vom 07.05.2015 ihr Vorgehen erläuterte: Die Kläger hätten Unterhaltsansprüche, die kraft Gesetzes auf den Träger der Grundsicherung übergingen, da bei rechtzeitiger Leistung durch den Unterhaltspflichtigen Leistungen in geringerer Höhe zu zahlen wären (§ 33 Abs. 1 Satz 1 SGB 2). Eine Durchsetzung könne jedoch nur dann erfolgen, wenn die persönlichen Daten des Unterhaltspflichtigen bekannt gegeben würden. Hierzu sei die Klägerin zu 1) nach § 60 Abs.1 Nr.1 SGB 1 verpflichtet. Die teilweise Versagung der mit Antrag vom 05.03.2015 geltend gemachten Leistungen stehe insofern im Ermessen des Jobcenters. Nach Würdigung der Umstände dieses Einzelfalls, insbesondere auch unter Berücksichtigung des Vortrags, dass der Name aus Schutzgründen nicht genannt werde, sei die Leistung teilweise zu versagen. Für den Fall, dass ein Kontakt zwischen Kind/Mutter und Kindsvater aus objektiven Gründen verhindert werden solle, bestünden entsprechende rechtliche Möglichkeiten (Antrag auf alleiniges Sorgerecht, Kontakt-Näherungsverbot etc.). Des Weiteren sei zu berücksichtigen, dass dem Jobcenter diesbezüglich keinerlei anderweitige Aufklärungsmöglichkeiten eröffnet seien. Die Versagung erfolge aktuell auch nur in Höhe eines Betrages von 225,00 €, der dem Mindestunterhalt für das Kind entspreche. Hingewiesen werde ausdrücklich auf die Möglichkeit, dass sogar ein höherer Betrag hätte versagt werden können, da auch ein Anspruch nach § 1615 I BGB bestehe. Es handele sich auch ausdrücklich nicht um eine Minderung der Leistung aufgrund der Anrechnung von Einkommen gemäß § 11 ff. SGB 2. Im Verfügungstext des Bescheides werde explizit darauf hingewiesen. Die Eingabe des Betrages als Einkommen habe lediglich aus technischen Gründen vorgenommen werden müssen. Die Klägerin zu 1) erhalte bis 21.05.2015 Gelegenheit zur Nachholung der Mitwirkung.

Nachdem hierauf keine Reaktion erfolgte wurde der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27.05.2015 als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kläger machen weiter geltend, eine Versagung scheitere schon an der fehlenden ordnungsgemäßen schriftlichen Rechtsfolgenbelehrung im Sinne des § 66 Abs. 3 SGB 1.

Die Kläger beantragen erkennbar,

den Bescheid über die teilweise Versagung von Leistungen nach dem SGB II vom 24.03.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.05.2015 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er bezieht sich hierzu auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden. Die Weigerung der Klägerin zu 1) auf das Schreiben vom 07.05.2015 hin unterstreiche, dass sie trotz ausführlicher Belehrung nicht bereit sei, ...

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