Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. ehrenamtlicher Richter. Amtsentbindungsverfahren. deklaratorischer Beschluss. Arbeitgebereigenschaft eines Beamten. Versetzung in den Ruhestand. aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs

 

Leitsatz (amtlich)

§ 22 Abs 1 S 3 SGG gestattet auch einen deklaratorischen Beschluss, dass ein ehrenamtlicher Richter nicht von seinem Amt entbunden wird.

Ein Beamter hat die Arbeitgebereigenschaft als Voraussetzung der Berufung aus den Kreisen der Arbeitgeber solange die Ruhestandsversetzung der aufschiebender Wirkung eines Rechtsbehelfs unterliegt. Dann besteht (noch) kein Grund für eine Amtsentbindung nach § 22 Abs 1 S 3 SGG.

 

Tenor

Der ehrenamtliche Richter A. wird nicht von seinem Amt entbunden.

 

Gründe

I.

Der aus verfahrenstechnischen Gründen Antragsteller genannte Betroffene wurde mehrfach vom Sozialministerium in das Amt eines ehrenamtlichen Richters aus dem Kreis der Arbeitgeber berufen. Er ist Beamter bei einer Kommune. Seine aktuelle Amtsperiode dauert von 01.04.2013 bis 31.03.2018.

Anlässlich einer Ladung zu einer mündlichen Verhandlung wurde dem Sozialgericht München bekannt, dass der Antragsteller mit Ablauf des 30.06.2017 gemäß Art. 66 des Bayerischen Beamtengesetzes (BayBG) in den Ruhestand versetzt wurde. Der Antragsteller teilte dazu mit, dass er sich mit einer Klage beim Verwaltungsgericht München gegen die Zwangspensionierung wende und er gerne weiterhin als ehrenamtlicher Richter tätig sein möchte, wozu er auch gesundheitlich in der Lage sei.

II.

Dieser Beschluss ergeht deklaratorisch, um die objektive Zweifelsfrage, ob der Antragsteller sein Amt als ehrenamtliche Richter weiter ausüben darf, zu klären. § 22 Abs. 1 S. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gestattet auch derartige Beschlüsse.

Ein ehrenamtlicher Richter kann gemäß § 22 Abs. 1 Satz 3 von seinem Amt entbunden werden, wenn eine Voraussetzung für seine Berufung im Laufe seiner Amtszeit wegfällt. Die Entscheidung über die Amtsentbindung nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGG ist eine Ermessensentscheidung. Kriterien diese Entscheidung können sein die Dauer der restlichen Amtszeit, die persönliche Einschätzung des Betroffenen und die Art der Voraussetzung, die weggefallen ist.

Fraglich ist hier die Arbeitgebereigenschaft als Beamter nach § 16 Abs. 4 Nr. 3 SGG. Der Gesichtspunkt der paritätischen Besetzung von Kammern einerseits durch Vertreter aus Kreisen der Versicherten/Arbeitnehmer und andererseits aus den Kreisen der Arbeitgeber ist ein wichtiger Abwägungsbelang.

Hier ist es so, dass die gemäß Art. 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 Bay. Ausführungsgesetz zur VwGO (AGVwGO) eröffnete Möglichkeit, unmittelbar Klage zum Verwaltungsgericht zu erheben, aufschiebende Wirkung hat. Dies entspricht § 80 Abs. 1 VwGO und ist mittelbar Art. 66 Abs. 2 S. 3 BayBG zu entnehmen, der vor Unanfechtbarkeit lediglich eine Verringerung der Bezüge anordnet. Der Antragsteller hat deshalb seine Arbeitgebereigenschaft, die er aus § 16 Abs. 4 Nr. 3 SGG ableitet, (noch) nicht verloren. Damit besteht kein Anlass, für eine Entlassung, weil die Voraussetzung für die Berufung des Antragstellers nicht weggefallen ist.

Dem Antragsteller wird aufgegeben, das Sozialgericht München über den Fortgang des Klageverfahrens am Verwaltungsgericht auf dem Laufenden zu halten, soweit der Fortgang zur Unanfechtbarkeit der Ruhestandsversetzung führt. Diese Informationspflicht endet mit der Amtszeit als ehrenamtlicher Richter.

Dieser Beschluss ist nach § 22 Abs. 2 Satz 3 SGG unanfechtbar.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI11205460

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