Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. ehrenamtlicher Richter. Zugehörigkeit zum Kreis der Arbeitgeber. Berufung nach § 16 Abs 4 Nr 3 SGG. Änderung des Aufgabengebiets. Amtsentbindung keine zwingende Folge

 

Orientierungssatz

Eine Änderung des Aufgabengebiets führt bei einer nach § 16 Abs 4 Nr 3 SGG zum ehrenamtlichen Richter berufenen Person nicht grundsätzlich zu einer Entbindung nach § 22 Abs 1 S 3 SGG. Anderenfalls wäre der Fortbestand des Amtes für ehrenamtliche Richter selbst bzw deren Vorgesetzte insofern disponibel, als durch Versetzung im Hauptamt (aufgrund oder ohne Versetzungswunsch der Betroffenen) jederzeit eine Änderung des Aufgabengebietes und damit eine Beendigung des Ehrenamtes herbeigeführt werden könnte.

 

Tenor

Frau A. wird von ihrem Amt als ehrenamtliche Richterin am Sozialgericht München nicht entbunden.

 

Gründe

I.

Frau A. wurde mit Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 17. März 2014 mit Wirkung ab 1. Mai 2014 in das Amt einer ehrenamtlichen Richterin aus dem Kreis der Arbeitgeber beim Sozialgericht München berufen. Die laufende Amtsperiode endet am 30. April 2019. Zum Zeitpunkt ihrer Berufung war die ehrenamtliche Richterin als Regierungsrätin im Bereich der Personalverwaltung einer Mittelbehörde tätig. Am 28. Mai 2018 teilte sie mit, sie sei seit 1. August 2017 als juristische Mitarbeiterin im Bayerischen Staatsministerium B tätig und dort nicht mehr in der Personalverwaltung eingesetzt. Auf Nachfrage des Gerichts vom 6. bzw. 26. Juni 2018 wurde der aktuelle Tätigkeitsbereich mitgeteilt. Zu diesem gehöre - neben Rechtsfragen in einem bestimmten Bereich - auch die Rechtsaufsicht über eine Universität. Die Tätigkeit als ehrenamtliche Richterin könne (trotz des neuen Dienstpostens) weiterhin wahrgenommen werden.

II.

Das Gericht entscheidet vorliegend im Interesse der Rechtssicherheit durch (deklaratorischen) Beschluss, obwohl weder eine Entbindung erfolgt, noch ein Antrag auf Entbindung/Entlassung abgelehnt wird. Eine Entscheidung durch Beschluss ist in solchen Fällen nach § 22 Abs. 1 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht notwendig vorgesehen, jedoch auch nicht ausgeschlossen (vgl. hierzu auch SG München, Beschluss vom 31. August 2017, Az. S 46 SF 384/17 ERI). Trotz § 22 Abs. 1 Satz 4 SGG erscheint es angezeigt, die Zweifelsfrage, ob die ehrenamtliche Richterin noch als dem Kreis der Arbeitgeber zugehörig anzusehen ist, abschließend durch formellen Beschluss zu klären.

Nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGG kann ein ehrenamtlicher Richter von seinem Amt entbunden werden, wenn eine Voraussetzung für seine Berufung wegfällt. Ehrenamtliche Richter aus dem Kreise der Arbeitgeber können gemäß § 16 Abs. 4 Nr. 3 SGG u.a. Beamte der Länder nach näherer Anordnung der zuständigen obersten Landesbehörde sein. In der diesbezüglichen Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 14. Februar 1992 (Az. 25 - P 2038/1 - 627/288 - 4320) ist festgelegt: "Bei den Vorschlägen zur Berufung von Beamten und Angestellten zu ehrenamtlichen Richtern in der Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit aus Kreisen der Arbeitgeber sollen Beamte des höheren und gehobenen Dienstes berücksichtigt werden, die in amtlicher Eigenschaft mit der selbständigen und verantwortlichen Bearbeitung von Personalangelegenheiten, insbesondere für Arbeiter und Angestellte des öffentlichen Dienstes betraut sind, sowie Angestellte in entsprechender Stellung. Es kommen vor allem Behördenvorstände und deren Vertreter, Abteilungsleiter, Referenten, geschäftsleitende Beamte und Personalsachbearbeiter in Betracht, nicht dagegen z.B. ausschließlich mit der Berechnung von Besoldungen, Vergütungen und Löhnen befaßte Dienstkräfte."

Im Zeitpunkt ihrer Berufung lagen die in der genannten Bekanntmachung geforderten Voraussetzungen bei der ehrenamtlichen Richterin vor. Die Zuständigkeit für die Bearbeitung von Personalangelegenheiten i.e.S. ist durch den beruflichen Wechsel weggefallen. Eine Entbindung nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGG war im Ergebnis dennoch aus folgenden Gründen nicht angezeigt:

Der Gesetzgeber selbst verlangt nach dem Wortlaut des § 16 Abs. 4 Nr. 3 SGG - im Gegensatz zu bestimmten der in Nrn. 4 und 5 der Vorschrift genannten Personen - für Beschäftigte der öffentlichen Hand (weiterhin) keine leitende Funktion oder Tätigkeit in Personalangelegenheiten (ebenso Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt-Keller, 12. Auflage, § 16 SGG Rz. 7 m.w.N.). Vielmehr wird die Entscheidung zu weiteren Voraussetzungen auf die jeweils zuständigen obersten Bundes- oder Landesbehörden übertragen. Dabei wird gleichwohl in der Regel zur Gewährleistung der paritätischen Besetzung der Kammern nach § 12 Abs. 2 SGG eine gewisse Personalverantwortung (vgl. auch Adams in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Auflage 2017, § 16 SGG Rz. 30) oder Kenntnisse/Tätigkeiten in einer Personalverwaltung zumindest wünschenswert sein. Entsprechendes ist für Vorschläge zur Berufung ehrenamtlicher Richter aus den Kr...

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