Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. ehrenamtlicher Richter. Amtsentbindung. Wirkung des Beschlusses

 

Leitsatz (amtlich)

Der Beschluss, der einen ehrenamtlichen Richter gem § 22 Abs 1 S 1 SGG von seinem Amt entbindet, wirkt konstitutiv. Dies ergibt sich aus der Formulierung von § 22 Abs 1 S 1 SGG, der Regelung in § 22 Abs 1 S 4 SGG und dem Gebot der Rechtssicherheit.

 

Tenor

Die ehrenamtliche Richterin am Sozialgericht München A. wird mit sofortiger Wirkung von ihrem Amt entbunden.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin wurde mit Schreiben des Bayerischen Sozialministeriums vom 18.11.2003 erstmals mit Wirkung zum 01.01.2004 in das Amt einer ehrenamtlichen Richterin am Sozialgericht München aus dem Kreis der Arbeitgeber berufen. Nach erneuter Berufung in dieses Amt hätte die laufende Amtsperiode bis 30.04.2019 gedauert.

Die Antragstellerin wurde mit Wirkung zum 01.04.2017 zum Mitglied des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit ernannt. Sie beantragte deswegen die Entbindung von dem Amt als ehrenamtliche Richterin.

II.

Die Antragstellerin ist von dem Amt als ehrenamtliche Richterin zu entbinden, weil zum 01.04.2017 ein Ausschließungsgrund eintrat.

Nach § 22 Abs. 1 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist eine ehrenamtliche Richterin von ihrem Amt zu entbinden, wenn das Berufungsverfahren fehlerhaft war oder das Fehlen einer Voraussetzung für ihre Berufung oder der Eintritt eines Ausschließungsgrundes bekannt wird.

Nach § 17 Abs. 2 S. 1 SGG können Mitglieder der Vorstände der Sozialversicherung, der Kassen(zahn-)ärztlichen Vereinigungen und der Bundesagentur für Arbeit nicht ehrenamtliche Richter sein. Die Antragstellerin ist als Mitglied des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit somit vom Amt als ehrenamtliche Richterin ausgeschlossen.

Von diesem Ausschluss macht § 17 Abs. 2 S. 1 SGG für Vorstandsmitglieder sowie leitende Beschäftigte von Kranken- und Pflegekassen und Kassen(zahn-)ärztliche Vereinigungen eine Ausnahme für den Sachbereich des Vertragsarztrechts. Diese Ausnahme ist hier nicht einschlägig.

Der Ausschlussgrund nach § 22 Abs. 1 S. 1, § 17 Abs. 2 SGG ist zwingend. Der Beschluss ist wegen der Formulierung von § 22 Abs. 1 S. 1 SGG (“… ist zu entbinden, wenn … bekannt wird.„), wegen der Regelung in § 22 Abs. 1 S. 4 SGG, wonach die Nichtdurchführung einer Amtsentbindung kein Revisionsgrund wäre, und in Hinblick auf das Gebot der Rechtssicherheit konstitutiv (vgl. Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 11. Auflage 2014, § 22 Rn. 11). Die Entbindung wird also mit diesem Beschluss wirksam.

Die Entscheidung ergeht kostenfrei und sie ist unanfechtbar gemäß § 22 Abs. 2 S. 3 SGG.

 

Fundstellen

RohR 2017, 67

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