Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Hilfe zur Pflege. stationäre Pflege. Leistungsgewährung vor dem 1.1.2017. Einstufung in Pflegegrad 1 ab dem 1.1.2017. Übernahme der Heimkosten nach § 73 SGB 12

 

Leitsatz (amtlich)

1. Pflegebedürftige, die am 1.1.2017 den Pflegegrad 0 hatten und auf Kosten des Sozialhilfeträgers in einer stationären Einrichtung untergebracht waren und die ab dem 1.1.2017 in den Pflegegrad 1 eingestuft wurden, haben seit dem 1.1.2017 keinen Anspruch auf Hilfe zur Pflege nach § 63 SGB XII in stationären Einrichtungen.

2. Die Heimkosten sind jedoch als Hilfe in sonstigen Lebenslagen nach § 73 SGB XII weiter zu übernehmen.

 

Tenor

1. Der Bescheid der Beklagten vom 23.03.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.08.2017 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten. Ansonsten sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der beklagte Sozialhilfeträger die Gewährung von Leistungen der Hilfe zur Pflege zu Recht wegen einer Änderung der rechtlichen Verhältnisse aufgehoben hat.

Die am ….1951 geborene Klägerin war zuletzt in L wohnhaft und bezog neben einer Witwenrente und einer Erwerbsunfähigkeitsrente ergänzend Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Zwölften Buch des Sozialgesetzbuches (SGB XII). Seit dem 02.02.2015 befindet sich die Klägerin im Seniorenzentrum U in D, dessen Betreiber die Beigeladene ist. Gemäß dem Wohn- und Betreuungsvertrag vom 02.02.2015 betrug der Pflegesatz in der Pflegeklasse 0 31,98 € täglich, das Entgelt für Unterkunft 14,34 € täglich und das Entgelt für Verpflegung 7,71 € pro Tag. Der Ausbildungsrefinanzierungsbetrag betrug täglich 1,76 € und das vom Bewohner zu entrichtende Entgelt für Investitionsaufwandes 17,90 € pro Tag. Insgesamt betrug das Gesamtentgelt in der Pflegeklasse 0 täglich 73,69 Euro.

Die Klägerin beantragte im Januar 2015 beim Kommunalen Sozialverband Sachsen die Gewährung von Hilfe zur Pflege in Form der Übernahme der Kosten der stationären Unterbringung im Seniorenzentrum.

Aufgrund des gestellten Antrages auf Gewährung von Pflegeleistungen nach dem Elften Buch des Sozialgesetzbuches (SGB XI) erstattete der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) am 18.02.2015 ein Gutachten zur Pflegebedürftigkeit der Klägerin. In dem Gutachten wurde ein Zeitbedarf im Bereich der Grundpflege von 17 Minuten festgestellt. Mit Bescheid vom 19.02.2015 lehnte die Pflegekasse der AOK Rheinland-Pfalz/Saarland die Gewährung von Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung ab. In einem weiteren Pflegegutachten vom 23.02.2016 ermittelte der MDK einen Zeitbedarf im Bereich der Grundpflege von 30 Minuten. Als Diagnosen wurden ein Diabetes mellitus, ein Mammakarzinom sowie Asthma bronchiale genannt. Die Erforderlichkeit der vollstationären Pflege sei jedoch wegen des Fehlens einer Pflegeperson und drohender oder bereits eingetretener Verwahrlosung der Klägerin erforderlich.

Mit Bescheid vom 20.04.2016 übernahm der Kommunale Sozialverband Sachsen für den Zeitraum vom 02.02.2015 bis zum 31.08.2016 die entstehenden und nicht gedeckten Kosten der Betreuung und Versorgung im Pflegeheim entsprechend der durch die Pflegekasse festgestellten Pflegestufe 0 unter Annahme der vereinbarten Vergütung. Mit Bescheid vom 31.08.2016 bewilligte der nunmehr zuständig gewordene Beklagte ab 01.09.2016 die Leistungen weiter.

Ab dem 01.01.2017 betrug gemäß der Regelung zwischen der Beigeladenen und der Pflegekasse der Pflegesatz bei Pflegegrad 1 täglich 35,95 €, der Ausbildungsrefinanzierungsbetrag 2,09 €, die Kosten für Unterkunft 15,40 € und die Kosten für Verpflegung 8,28 €.

Am 15.02.2017 erstattete der MDK ein weiteres Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit der Klägerin und stufte die Klägerin ab 12.01.2017 in den Pflegegrad 1 ein. Als Diagnosen wurden genannt eine chronische obstruktive Lungenkrankheit, chronischer Schmerz, Diabetes mellitus, Zustand nach Mammakarzinom rechts sowie Asthma bronchiale. Die ermittelte Gesamtpunktezahl ergab 20. Die Pflege sei nicht in geeigneter Weise sichergestellt aufgrund einer fehlenden Pflegeperson und aufgrund drohender oder bereits eingetretener Verwahrlosung der Klägerin.

Mit Bescheid vom 20.02.2017 bewilligte die Pflegekasse der Klägerin einen Zuschuss i.H.v. 125 € monatlich. Zusätzlich könne die Klägerin Leistungen zur Betreuung und Aktivierung in ihrer Pflegeeinrichtung in Anspruch nehmen. Den Vergütungszuschlag für die Betreuung und Aktivierung zahle die Pflegekasse ab Februar 2017 direkt an das Pflegeheim. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Widerspruch ein, über den noch nicht entschieden ist.

Mit Bescheid vom 23.03.2017 hob die Beklagte die Leistungsbewilligung mit Wirkung ab 01.05.2017 auf und führte zur Begründung aus, entsprechend dem Bescheid der Pflegekasse vom 20.02.2017 erreiche die Klägerin ab dem 12.01.2017 den Pflegegrad 1. Das Dritte Pflegestärkungsgesetz (PSG III) vom 23.12.2016 sei a...

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