Entscheidungsstichwort (Thema)

sozialgerichtliches Verfahren. Zulässigkeit. Vollstreckung gegen die öffentliche Hand. Amtshilfe. kein Vollstreckungshindernis. Ruhen des Berufungsverfahrens. Anwendbarkeit der §§ 200, 201 SGG. Vollstreckungsgegenstand. Datenübermittlung. unvertretbare Handlung iS des § 888 ZPO

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das Ruhen des Berufungsverfahrens gegen ein erstinstanzliches Urteil hindert dessen Vollstreckung nicht.

2. § 200 SGG ist nicht auf die Vollstreckung der öffentlichen Hand gegen die öffentliche Hand anwendbar.

3. § 201 SGG ist nicht auf die Vollstreckung eines Leistungsurteils anwendbar. Diese sind nach §§ 198 Abs 1 SGG, 888 Abs 1 ZPO zu vollstrecken.

4. Eine Datenübermittlung stellt eine unvertretbare Handlung iS von § 888 ZPO dar.

 

Tenor

Für den Fall, dass die Schuldnerin nicht bis zum 31. Januar 2007 laufend alle von ihr zum Zwecke der Stellenvermittlung im Wege der elektronischen Datenverarbeitung erfassten oder Stellenbewerbern zur Verfügung gestellten Stellenangebote einschließlich aller Angaben über den jeweiligen Arbeitgeber und dessen Hinweisen zur Stellenvermittlung an den Gläubiger übermittelt, wird Zwangshaft gegen den Vorsitzenden des Vorstandes der Schuldnerin festgesetzt.

Die Schuldnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Gründe

I.

Die Parteien streiten um die Vollstreckung des Urteils des Sozialgerichts Fulda vom 7. August 2006 (S 9 AS 95/06).

Mit dem am 15. August 2006 zugestellten Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 7. August 2006 (S 9 AS 95/06) wurde die Schuldnerin verurteilt, dem Gläubiger Amtshilfe dadurch zu leisten, dass sie dem Gläubiger einen unverschlüsselten Zugang zu allen von ihr im Wege der elektronischen Datenverarbeitung erfassten oder Stellenbewerbern zur Verfügung gestellten Stellenangeboten einschließlich der jeweiligen Arbeitgeberangaben in Echtzeit mit der Möglichkeit zur Einspeisung in das entsprechende EDV-Verwaltungsnetz des Y-Kreises zur Verfügung stellt. Gegen das Urteil wurde von der Schuldnerin beim Hessischen Landessozialgericht Berufung eingelegt. Auf Antrag des Gläubigers wurde ihm am 14. November 2006 durch das Sozialgericht Fulda eine vollstreckbare Ausfertigung des Urteils vom 7. August 2006 mit entsprechender Vollstreckungsklausel erteilt. Das Hessische Landessozialgericht stellte das Berufungsverfahren mit Beschluss vom 30. November 2006 auf Antrag der Parteien ruhend.

Der Gläubiger forderte die Schuldnerin mit Schreiben vom 17. August 2006 auf, ihm einen schriftlichen Vorschlag zur technischen Umsetzung des Urteils des Sozialgerichts Fulda vom 7. August 2006 zu machen und die Kosten dieser Amtshilfemaßnahme zu beziffern. Dafür setzte der Gläubiger der Schuldnerin eine Frist bis zum 21. September 2006.

Nach einem direkten Gespräch zwischen der Schuldnerin und dem Gläubiger am 5. Oktober 2006 übersandte die Schuldnerin dem Gläubiger mit Schreiben vom 20. Oktober 2006 einen Entwurf einer Vereinbarung “über die Kooperation … auf dem Gebiet der arbeitgeberorientierten Vermittlung„ und wies darauf hin, dass die Schuldnerin bereit sei, allen zugelassenen kommunalen Trägern entsprechende Angebote zu unterbreiten. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 des Vertragsentwurfes stellt die Schuldnerin ab Januar 2007 eine “XML-Schnittstelle„ bereit, die eine regelmäßige Datenübermittlung (Datenexport und Datenimport) zwischen der Schuldnerin und dem jeweiligen zugelassenen kommunalen Träger ermöglicht. § 2 Abs. 1 Satz 2 des Vertragsentwurfes sieht vor, dass diese Schnittstelle auf dem von der Schuldnerin spezifizierten HR-XML-Standard beruht. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 des Entwurfs der Vereinbarung sollen Gegenstand der Datenübermittlung alle Stellenangebotsdaten sein, für die Arbeitgeber der Schuldnerin einen Vermittlungsauftrag erteilt haben und die in dem internen IT-Vermittlungsverfahren VerBIS zum Zwecke der Ermittlung erfasst worden sind. § 2 Abs. 2 Satz 2 des Entwurfs sieht vor, dass in der Regel täglich Neueinstellungen, Aktualisierungen und Löschungen der entsprechenden Stellenangebote bereitgestellt werden. Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 des Vertragsentwurfs erfolgt die Übermittlung der Stellenangebote grundsätzlich mit den Arbeitgeberkontaktdaten. Nach § 2 Abs. 3 Satz 2 des Entwurfs werden jedoch Stellenangebote, bei denen der Arbeitgeber eine ausdrückliche Vorauswahl nur durch den Stellenangebotsbetreuer der Schuldnerin wünscht, anonymisiert. In diesem Fall werden anstelle der Arbeitgeberkontaktdaten die Kontaktdaten des Stellenangebotsbetreuers der Schuldnerin übermittelt. Nach § 2 Abs. 4 des Entwurfs gelten die Daten mit Bereitstellung der Stellenangebotsdaten auf dem “Connect Direkt-Server„ als übermittelt. Schließlich sieht § 2 Abs. 8 des Entwurfs vor, dass die erstmalige Bereitstellung der Stellenangebotsdaten für den 2. Januar 2007 vorgesehen ist. Mit Schreiben vom 13. Oktober 2006 hatte die Schuldnerin ein vergleichbares Vertragsangebot allen zugelassenen kommunalen Trägern unterbreitet. Zwischen der Schuldnerin und dem Gläubiger kam jedoch kein entsprechender...

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