Rz. 4

Obwohl § 201 nur von der in einem Urteil auferlegten Verpflichtung nach § 131 spricht, ist die Regelung nach h. M. auf weitere Vollstreckungstitel entsprechend anwendbar. Dies betrifft zunächst Grundurteile nach § 130, die auf eine kombinierte Anfechtungs- und (unechte) Leistungsklage hin ergehen (BSG, Urteil v. 6.8.1999, B 4 RA 25/98 B, SozR 3-1500 § 201 SGG Nr. 1). Denn sie verpflichten den Leistungsträger, zur Bestimmung der Höhe der Leistungen einen Verwaltungsakt zu setzen. Soweit Anerkenntnisse oder gerichtliche Vergleiche (Titel nach § 199 Abs. 1 Nr. 3) auf die Erteilung eines Verwaltungsaktes gerichtet sind oder einen dem Grundurteil entsprechenden Inhalt haben, gilt dasselbe (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, § 201 Rn. 2). Unter den gleichen Voraussetzungen sind auch Anordnungen nach § 86b Abs. 2 erfasst.

 

Rz. 5

Nach der hier vertretenen Auffassung ist § 201 auch auf die sonstigen Fälle der Verpflichtung zu einer unvertretbaren Handlung anwendbar. Bei der Vorschrift handelt es sich um eine besondere Ausprägung der Vollstreckung einer unvertretbaren Handlung i. S. d. § 888 ZPO. Die Erteilung eines Verwaltungsaktes durch eine bestimmte Behörde stellt stets eine unvertretbare Handlung dar, da die Rechtsmacht hierzu im Rahmen der staatlichen Zuständigkeitsverteilung ausschließlich ihr zugewiesen ist. Zwar kann in bestimmten Fällen die Aufsichtsbehörde Weisungen erteilen oder gar die Entscheidung an sich ziehen, sie ist in diesen Fällen aber nicht als "Dritter" i. S. einer vertretbaren Handlung nach § 887 ZPO anzusehen (vgl. Sodan/Ziekow, VwGO, § 172 Rn. 30). Diese Erwägung verdeutlicht, dass § 888 ZPO das normative Vorbild des § 201 ist. Auf § 888 ZPO kann und braucht damit in den Fällen der unvertretbaren Handlung, die nicht in der Erteilung eines Verwaltungsaktes bestehen, nicht zurückgegriffen werden. Mit § 201 ist bereits ein entsprechendes Instrumentarium bereitgestellt. In diesem Sinne kann man z. B. auch das LSG Hamburg (Beschluss v. 1.4.2004, L 1 B 169/03 ER, NZS 2004, 672) verstehen. Es hatte die Vollstreckung nach § 201 in dem Fall zugelassen, dass die Behörde die am Vergleich beteiligten Pflegeunternehmen vorläufig so zu behandeln hatte, als bestünde ein Vertrag über die Durchführung und Abrechnung von Pflegeleistungen mit einem bestimmten Inhalt. Nicht alle hieraus resultierenden Verpflichtungen der Behörde sind im Wege des Verwaltungsaktes zu erfüllen. Das Hessische LSG hat die Frage der Vollstreckung nach § 888 ZPO oder § 201 bei der Vollstreckung einer Verpflichtung der Bundesagentur für Arbeit zur Übermittlung von Daten an einen anderen öffentlichen Träger offen gelassen (Beschluss v. 19.1.2007, L 7 AS 10/07 ER, juris). Das Ausgangsgericht hatte § 888 für anwendbar gehalten (SG Fulda, Beschluss v. 29.12.2006, S 9 AS 268/06, juris).

 

Rz. 6

Nach der hier vertretenen Auffassung sind darüber hinaus auch alle bezifferten Geldleistungstitel von Privatpersonen gegen die öffentliche Hand nach § 201 zu vollstrecken (siehe ausführlich § 198 Rn. 16 ff.).

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