Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Bildung und Teilhabe. außerschulische Lernförderung. Eignung und Erforderlichkeit des Nachhilfeunterrichts zur Erreichung des Lernziels. Unzulässigkeit der regelmäßigen Begrenzung der Lernförderung auf 2 Monate

 

Orientierungssatz

1. Eine außerschulische Lernförderung gem § 28 Abs 5 SGB 2 kann auch erforderlich sein, um ausreichende schulische Leistungen beizubehalten und nicht nur um mangelhafte oder ungenügende Leistungen zu verbessern (vgl SG Braunschweig vom 8.8.2013 - S 17 AS 4125/12).

2. Eine zeitliche Begrenzung der außerschulischen Lernförderung regelmäßig auf 2 Monate ist unzulässig.

 

Tenor

Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Bescheides vom 15.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.03.2012 verurteilt, der Klägerin für den Zeitraum 01.02.2012 bis 31.07.2012 Leistungen zur Bildung und Teilhabe in Form von außerschulischer Lernförderung nach dem SGB II in Höhe von 78,00 Euro monatlich zu gewähren. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten Leistungen für Bildung und Teilhabe nach dem SGB II für den Zeitraum Februar 2012 bis Juli 2012 in Form von Übernahme der Aufwendungen für Nachhilfeunterricht in Mathematik.

Die 1995 geborene Klägerin bezieht von dem Beklagten laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Die Klägerin lebte im streitgegenständlichen Zeitraum mit ihrer Mutter und ihrer Schwester in einer Bedarfsgemeinschaft, deren Mitgliedern mit Bescheid vom 05.10.2011 Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 01.11.2011 bis 30.04.2012 und mit Bescheid des Beklagten für den Zeitraum 01.05.2012 bis 31.10.2012 bewilligt wurden.

Im streitgegenständlichen Zeitraum besuchte die Klägerin die 9. Klasse der X.. Außerschulische Lernförderung oder Hausaufgabenbetreuung wurde seitens der von der Klägerin besuchten Schule nicht angeboten. Die Klägerin erhielt im streitgegenständlichen Zeitraum Gruppen-Nachhilfeunterricht in Mathematik für wöchentlich 90 Minuten bei dem Anbieter X. in X. - wo die Mutter der Klägerin sie angemeldet hatte - und wofür ein Mitgliedsbeitrag in Höhe von 78,00 EUR monatlich anfiel, welchen die Mutter der Klägerin selbst aufbrachte.

Die Leistungen der Klägerin im Fach Mathematik wurden im Zeugnis für das erste Halbjahr der Klasse 7 mit der Note ungenügend und im Zeugnis für das zweite Halbjahr der Klasse 7 mit der Note mangelhaft bewertet. Die Klägerin erhielt im 8. Schuljahr durchgängig sowie im ersten Halbjahr des 9. Schuljahres teilweise außerschulische Nachhilfe in Mathematik, wofür ihr am Ende des 8. Schuljahres für zwei Monate Leistungen für Bildung und Teilhabe von dem Beklagten bewilligt wurden. Die Leistungen der Klägerin im Fach Mathematik wurden im Zeugnis für das erste Halbjahr der Klasse 8 mit der Note befriedigend und im Zeugnis für das zweite Halbjahr der Klasse 8 sowie im Zeugnis für das erste Halbjahr der Klasse 9 mit der Note ausreichend bewertet.

Am 27.01.2012 beantragte die Mutter der Klägerin für diese außerschulische Lernförderung für das zweite Halbjahr der 9. Klasse. Die Klägerin benötige außerschulische Lernförderung, da die schulischen Angebote nicht für die notwendige Förderung ausreichten. Dem Antrag fügte sie eine Stellungnahme der Klassenlehrerin sowie des Mathematiklehrers der Klägerin bei, wonach die Klägerin im Fach Mathematik das Lernziel der Klasse 9 voraussichtlich nicht erreichen werde und die Leistungen nicht ausreichend seien. Ferner seien die Versetzung in die nächste Klasse sowie der angestrebte Schulabschluss (Fachoberschulreife) gefährdet. Nach ihrer fachlichen Einschätzung bestehe die Wahrscheinlichkeit, die festgestellten Defizite der Klägerin durch außerschulische Lernförderung insoweit zu beheben, dass das Lernziel in absehbarer Zeit noch erreicht werden könne. Eine außerschulische Nachhilfe und individuelle Förderung der Klägerin in Mathematik sei äußerst notwendig und sinnvoll, da die bestehenden Defizite ohne außerschulische Lernförderung nicht zu beheben seien. Der Schulbesuch der Klägerin sei regelmäßig und es bestünden keine unentschuldigten Fehlzeiten.

Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 15.02.2012 ab. Zur Begründung führte er aus, die außerschulische Lernförderung könne nicht bewilligt werden, da die Klägerin eine längerfristige Förderung benötige. Leistungen für Lernförderung zielten jedoch auf eine kurzfristige Lernförderung maximal für die Dauer von zwei Monaten und im Umfang von durchschnittlich 20 Unterrichtseinheiten ab. Die Leistungen zur Bildung und Teilhabe in Form von außerschulischer Lernförderung nach dem SGB II seien daher nicht geeignet, die bei der Klägerin vorhandenen Lerndefizite zu beseitigen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin, vertreten durch ihre Mutter, am 24.02.2012 Widerspruch, mit welchem sie geltend machte, die Nachhilfe sei lediglich "in der Regel" nur kurzzeitig nötig, es könne jedoch auch eine weitergehend...

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