0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift (vormals § 173) ist durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt v. 23.12.2003 (BGBl. I S. 2848) redaktionell geändert (Umbenennung der "Bundesanstalt für Arbeit" in "Bundesagentur für Arbeit"). Die Vorschrift ist in der Folge durch Art. 2 Nr. 18 des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt v. 20.12.2011 (BGBl. I S. 2854) zum 1.4.2012 geändert worden. Dabei sind die ehemals in den Vorschriften der §§ 169 ff. enthaltenen Regelungen zum Kurzarbeitergeld (Kug) nun in die §§ 95 ff. überführt worden, ohne dass es dabei zu wesentlichen Änderungen gekommen wäre (vgl. BT-Drs. 17/6277, Begründung zu Art. 2 Nr. 18 S. 102). Zuletzt ist die Vorschrift durch Art. 159 des Gesetzes zum Abbau verzichtbarer Anordnungen der Schriftform im Verwaltungsrecht des Bundes v. 29.3.2017 (BGBl. I S. 626) mit Wirkung zum 5.4.2017 geändert worden. Dabei sind in Abs. 1 Satz 1 die Wörter "oder elektronisch" eingefügt worden. 

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Die Vorschrift bestimmt in Abs. 1 die Einzelheiten zur Frage wer und unter welchen Modalitäten die Anzeige über den Arbeitsausfall gegenüber der Bundesagentur für Arbeit zu erstatten ist. Die Vorschrift regelt insoweit die erste Stufe des zweistufigen Verfahrens bei der Beantragung von Kug. Auf der 2. Stufe ist ein Antrag der einzelnen von der Kurzarbeit betroffenen Arbeitnehmer erforderlich. In Abs. 2 ist der Leistungszeitpunkt für das Kug geregelt. Schließlich ist in Abs. 3 die Verpflichtung der Agentur für Arbeit enthalten, dem Anzeigenden einen schriftlichen Bescheid über das Vorliegen des erheblichen Arbeitsausfalls und der betrieblichen Voraussetzung zu erteilen.

2 Rechtspraxis

2.1 Anzeige des Arbeitsausfalls (Abs. 1)

 

Rz. 3

Nach Abs. 1 Satz 1 ist der Arbeitsausfall bei der Agentur für Arbeit anzuzeigen, in deren Bezirk der Betrieb liegt, schriftlich anzuzeigen. Die Anzeige ist materiell-rechtliche Anspruchsvoraussetzung für die Gewährung von Kug (Bieback, in: BeckOK, SGB III, § 99 Rz. 1). Sie wirkt erst mit dem Eingang bei der zuständigen Agentur für Arbeit. Bei einer Fristversäumung ist deshalb eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand nicht möglich (Kühl, in: Brand, SGB III, § 99 Rz. 6; a. A. Bieback, in: Gagel, SGB III, § 99 Rz. 31 analoge Anwendung von § 27 SGB X). Einer Anzeige bedarf es beim Saison-Kug nach § 101 Abs. 7 nicht, wenn der Arbeitsausfall ausschließlich auf unmittelbar witterungsbedingten Gründen beruht.

 

Rz. 4

Die Anzeige ist eine empfangsbedürftige öffentlich-rechtliche Erklärung über das Vorliegen eines erheblichen Arbeitsausfalls und der betrieblichen Voraussetzungen (Bieback, in: Gagel, SGB III, § 99 Rz. 11). Der konkrete Inhalt der Anzeige ist vom Gesetzgeber nicht näher umschrieben worden. H.M. ist jedoch, dass die Anzeige einen bestimmten Mindestinhalt aufweisen muss. Dazu gehört die Angabe des Absenders, des Adressaten, des Umfangs des Arbeitsausfalls, die Angabe, ob sich der Arbeitsausfall auf den gesamten Betriebe oder eine Betriebsabteilung bezieht und dem Ziel, Kurzarbeiter zu beantragen. Soll Kug nach § 101 bezogen werden, hat sich die Anzeige auf die Verhältnisse der in der betriebsorganisatorisch eigenständigen Einheit zusammenfassenden Arbeitnehmer, den Anlass der Zusammenfassung und die Vermeidung anzeigepflichtiger Entlassung nach § 17 KSchG zu erstrecken.

 

Rz. 5

Wie bereits oben beschrieben erfolgt die Gewährung des Kug in einem zweistufigen Verfahren. In der Anzeige liegt daher grundsätzlich kein Antrag, denn Anzeige (§ 99) und Antrag (§ 323) sind per Gesetz deutlich voneinander getrennt (BSG, Urteil v. 6.4.2000, B 11 AL 81/99 R; Kühl, in: Brand, SGB III, § 99 Rz. 3; Bieback, in: Gagel, SGB III, § 99 Rz. 18). Die Anzeige des Arbeitsausfalls und und der Antrag auf Kug können zeitgleich gestellt werden (Mutschler, in: Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, SGB III, § 99 Rz. 8). Soll mit der Anzeige ein Antrag verbunden werden, muss dies ausdrücklich und deutlich, z. B. durch ein Extrablatt mit der Anzeige erfolgen (BSG, a. a. O.).

 

Rz. 6

Die Anzeige ist schriftlich oder elektronisch zu erstatten. Für die Schriftform ist die Einhaltung der Form nach § 126 BGB erforderlich. Die Erklärung über den Arbeitsausfall ist also vom Arbeitgeber bzw. dessen Vertreter eigenhändig zu unterschreiben. Nicht erforderlich ist, dass ein bestimmtes Formular benutzt wird. Eine mündliche oder telefonische Anzeige ist unwirksam (Fachliche Weisungen der BA zu § 99, Stand: 12/2018; Kühl, in: Brand, SGB III, § 99 Rz. 5; Mutschler, in: Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, SGB III, § 99 Rz. 11). Die Anzeige braucht vom Arbeitgeber aber nicht persönlich erstattet werden. Eine telegrafische oder fernschriftliche Anzeige erfüllt das Erfordernis der Schriftform, wenn sie hinreichend individualisiert ist (Bieback, in: BeckOK, SGB III, § 99 Rz. 3; ders., in: Gagel, SGB III, § 99 Rz. 19; Kühl, a. a. O.). Wirksam ist auch eine Anzeige mittels E-Mail (Kühl, in: Brand, SGB III, § 99 Rz. 5). Eine Vertretung ist zulässig, z. B. durch Prokuristen, Handlungsbevollmächtigen, Betriebsratsvorsitzenden.

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