Rz. 25

Abs. 2 bis 4 enthalten die Regelungen zur Erweiterung der Anzahl der zugelassenen kommunalen Trägerschaften entsprechend dem politischen Kompromiss zur Neuorganisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende mit einer Änderung des Grundgesetzes (Art. 91e GG) zur Ermöglichung der Beibehaltung der Mischverwaltung durch die Agenturen für Arbeit und die kommunalen Träger vor Ort in Jobcentern als gemeinsame Einrichtungen nach § 44b. Die Erweiterung der Anzahl soll dem Regel-Ausnahme-Verhältnis entsprechend ausgestaltet werden. Dazu hat der Gesetzgeber festgelegt, dass 75 % aller Aufgabenträger nach dem SGB II, das entspricht der Summe aller Arbeitsgemeinschaften nach § 44b a. F. zuzüglich der zugelassenen kommunalen Träger und der Kreise bzw. kreisfreien Städte mit getrennter Aufgabenwahrnehmung, in eine gemeinsame Einrichtung münden und 25 % der Aufgabenträger als alleinige Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende zugelassen werden können. Nach Abzug der bereits zugelassenen 69 (nach Kreisgebietsreformen 67) kreisfreien Städte und Landkreise verbleiben bei einem Gesamtpotenzial an Aufgabenträgern noch 41 Optionen, zu denen Landkreise und kreisfreie Städte nach Abs. 2 zugelassen werden können (Abs. 2 Satz 4). Über dieses Kontingent hinaus sind weitere Zulassungen nach aktueller Rechtslage nicht möglich. Das LSG Baden-Württemberg hält die Regelung für verfassungskonform (Urteil v. 21.3.2012, L 2 AS 5392/11, Leitsatz in NZS 2012 S. 756). Auf die Anzahl geeigneter oder interessierter kommunaler Träger kommt es insoweit nicht an.

 

Rz. 25a

Gegen § 6a Abs. 2 Satz 4, der die Anzahl der Optionskommunen auf höchstens 25 % der zum 31.12.2010 bestehenden Aufgabenträger festlegt, bestehen auch dem BVerfG zufolge keine verfassungsrechtlichen Bedenken (Urteil v. 7.10.2014, 2 BvR 1641/11, BGBl. I S. 1638).

 

Rz. 25b

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes ergebe sich aus Art. 91e Abs. 3 GG. Inhaltlich gäben Art. 91e Abs. 1 und Abs. 2 GG ein Regel-Ausnahme-Verhältnis vor: Die Aufgabenwahrnehmung in gemeinsamen Einrichtungen solle danach die Regel sein, die alleinige Aufgabenwahrnehmung durch Optionskommunen die Ausnahme. Dies belegten der Wortlaut des Art. 91e Abs. 2 GG, seine systematische Stellung und seine Entstehungsgeschichte. Im Übrigen verfüge der Gesetzgeber jedoch über einen weiten Gestaltungsspielraum.

 

Rz. 25c

Aus dem Wortlaut des Art. 91e Abs. 2 GG lasse sich namentlich keine konkrete Anzahl möglicher Optionskommunen ableiten. Mit der Festlegung auf 25 % habe der Gesetzgeber lediglich die im Rahmen der Verfassungsänderung avisierte Zielgröße übernommen und den politischen Erwartungen der Beteiligten Rechnung getragen. Verfassungsrechtlich verpflichtet sei er dazu nicht gewesen, er habe sich im Ermächtigungsrahmen des Art. 91e Abs. 3 GG bewegt. Soweit im Grundgesetz der Vollzug der Grundsicherung für Arbeitsuchende durch Optionskommunen vorgesehen sei, werde die Grundentscheidung für den Vollzugstyp der Mischverwaltung nicht in Frage gestellt. Der Umstand, dass sich die Anzahl der Optionskommunen nicht in Art. 91e GG wiederfindet, hat zur Folge, dass der Gesetzgeber im Rahmen der Verfassung und unter Beachtung des Mehrheitsprinzips nach seinen politischen Präferenzen über die Konkretisierung des Regel-Ausnahmeverhältnisses entscheiden kann. Dabei müsse er sich nicht einmal an getroffene politische Absprachen im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens halten. Es sei nicht ersichtlich, dass § 6a Abs. 2 Satz 4 den von Art. 91e Abs. 2 GG gezogenen Konkretisierungsspielraum überschreite.

 

Rz. 25d

§ 6a Abs. 2 Satz 4 bedürfe auch keiner verfassungskonformen Auslegung im Lichte von Art. 28 Abs. 2 Satz 1 und 2 GG. Die Grundsicherung für Arbeitsuchende sei keine Aufgabe der örtlichen Gemeinschaft, die der Selbstverwaltungsgarantie der Gemeinden (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG) unterfiele. Es handele sich vielmehr um eine Aufgabe, die normalerweise bundeseinheitlich von der Bundesagentur für Arbeit wahrgenommen werde. Auch die Selbstverwaltungsgarantie der Gemeindeverbände (Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG), die von vornherein nur nach Maßgabe der Gesetze bestehe, werde nicht verletzt. Die Zuweisung einer neuen Aufgabe könnte nur verlangt werden, wenn sonst die Selbstverwaltungsgarantie in ihrem Kern entwertet wäre, was offensichtlich nicht der Fall sei. Das sei bei den erstmaligen Antragstellern auf Zulassung als Optionskommune schon deshalb nicht der Fall, weil die Nichtzulassung sich weder als Aufgabenentzug noch als Änderung des bisherigen Aufgabenbestandes darstellt. Die Kontingentierung möglicher Optionskommunen berühre nicht die unterschiedlich weit reichende und wehrfähige Aufgabenausstattung, die Art. 28 Abs. 2 Satz 1 und 2 GG gewährleisten. Der Gesetzgeber sei in seiner Zuordnung von Aufgaben weitgehend frei, wenn diese keinen oder keinen relevanten örtlichen Charakter besitze. Fürsorge- und sozialversicherungsrechtliche Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsuchende ließen sich nicht unter die Aufgaben fassen, die als Angelegenheiten der...

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