Rz. 193

Ab dem Stichtag der Datenerhebung kann ein schlüssiges Konzept zur Bestimmung der angemessenen Bruttokaltmiete herangezogen werden (SG Dortmund, Urteil v. 17.3.2017, S 19 AS 4276/16). Es ist jedoch rechtswidrig, zur Konkretisierung der Angemessenheit von Kosten der Unterkunft den gesamten Landkreis undifferenziert als Vergleichsraum heranzuziehen (SG Magdeburg, Beschluss v. 21.2.2017, S 18 AS 193/17 ER. Das SG Dresden hat die Voraussetzungen für das Vorliegen eines schlüssigen Konzeptes wie folgt zusammengefasst (vgl. Urteil v. 21.12.2010, S 29 AS 3225/08; vgl. auch BSG, Urteil v. 30.1.2019, B 14 AS 10/18 R):

Datenerhebung ausschließlich in dem genau eingegrenzten Raum und über den gesamten Vergleichsraum (ohne Ghettobildung), nachvollziehbare Definition des Gegenstandes der Beobachtung (Definition der untersuchten Wohnungen, Art von Wohnung, Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete, Differenzierung nach Wohnungsgröße), Angaben über den Beobachtungszeitraum, Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen wie z. B. Mietspiegel), repräsentativer Umfang der eingezogenen Daten, valide Datenerhebung, Grundsätze der Auswertung der Daten nach anerkannten mathematisch-statistischen Grundsätzen, Vermeidung von Brennpunkten durch soziale Segregation und Angaben über die gezogenen Schlüsse (Spannoberwerte, Kappungsgrenze u. a.) einschließlich einer Begründung, in der die Ermittlung der Angemessenheitswerte aus den Daten dargelegt wird. Zur ordnungsgemäßen Datenauswertung vgl. SG Dresden, Urteil v. 4.9.2015, S 40 AS 670/14. Das LSG Sachsen hat das Konzept der Stadt Dresden im Wesentlichen bestätigt (Urteil v. 14.9.2018, L 7 AS 1167/15). Nach Auffassung des SG Bayreuth muss das schlüssige Konzept auch öffentlich bekannt gemacht werden, ansonsten ist die Bestimmung der angemessenen Kosten nach diesem Konzept unwirksam. Merkblätter u. a. genügen dem nicht (SG Bayreuth, Urteil v. 26.5.2015, 2 S 4 AS 102/15).

 

Rz. 193a

Es besteht eine objektive Rechtspflicht, ein schlüssiges Konzept nebst Begründung in ortsüblicher Weise bekanntzumachen (SG Dortmund, Urteil v. 1.12.2016, S 19 AS 965/15). Ein Verstoß hiergegen führt aber nicht dazu, dass das Konzept nicht angewendet werden darf.

 

Rz. 194

Die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft ist nach einem sog. schlüssigen Konzept zu bestimmen. Damit hat das BSG mangels Vorliegens eines dem Statistik- oder Warenkorbmodell vergleichbaren Modells lediglich den methodischen Rahmen für die kommunalen Träger vor Ort vorgegeben. Das schlüssige Konzept soll gewährleisten, dass die Vergleichsmiete die tatsächlichen und zudem aktuellen Verhältnisse auf dem örtlichen Wohnungsmarkt spiegelt. Den kommunalen Trägern steht kein Wahlrecht darüber zu, ob sie ein schlüssiges Konzept entwickeln oder auf die Tabellenwerte nach § 12 WoGG zurückgreifen. Ggf. können dem Leistungsträger die im gerichtlichen Verfahren durch nachgeholte Ermittlungen entstandenen Kosten auferlegt werden, wenn er erkennbare und notwendige Ermittlungen im Verwaltungsverfahren (Entwicklung eines schlüssigen Konzeptes) unterlassen hat (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss v. 26.5.2014, L 11 AS 1343/13 B ER), etwa, weil er sich auch 2013 noch auf die Tabellenwerte nach dem WoGG gestützt hat. Das System der Prüfungen nach Abs. 1 Satz 1 hat das Bay. LSG in seinem Urteil v. 11.7.2012 (L 16 AS 127/10) insgesamt dargestellt. Die angemessenen Kosten der Unterkunft werden als Produkt angemessener Wohnungsgröße (nach Personenzahl) und durchschnittlichem Quadratmeterpreis gebildet (Wohnungen im unteren Segment im räumlichen Bezirk für den Vergleichsmaßstab, ohne gehobenen Wohnstandard für einfache und grundlegende Bedürfnisse). Daraus resultieren eine abstrakte und eine konkret-individuelle Prüfung. Bei einem unschlüssigen Konzept des Grundsicherungsträgers darf das Gericht die tatsächliche Miete zugrunde legen. Wohnungen mit unterstem Ausstattungsgrad sind nicht in die Datenbasis des kommunalen Trägers einzubeziehen. Das Datenmaterial muss repräsentativ und aussagekräftig sein, auf das Alter kommt es nicht in erster Linie an. Allerdings kann sich auch ein qualifizierter Mietspiegel nach 6 Jahren als nicht mehr ausreichend erweisen (vgl. SG Düsseldorf, Urteile v. 24.11.2016, S 3 489/15, und v. 4.7.2016, S 13 AS 3749/15). Es muss im Rahmen eines schlüssigen Konzeptes sichergestellt werden, dass angemessener Wohnraum nicht nur in einigen wenigen Stadtteilen verfügbar ist, und auch nicht nur Bestandsmieten von Wohnungen aus einigen wenigen Stadtteilen in die Berechnungen eingeflossen sind (Bay. LSG, Urteil v. 28.3.2018, L 11 AS 52/16). Zur Vermeidung einer Ghettoisierung muss eine Konzentration Leistungsberechtigter auf bestimmte Stadtbezirke verhindert werden.

Den Anforderungen wird ein für einen Einpersonenhaushalt ermitteltes Konzept u. a. dann nicht gerecht, wenn es auch abstrakt unzumutbare Wohnungen in Form von Wohngemeinschafts-Zimmern bei der Ermittlung der Unterkunftskosten für diese Haus...

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