Rz. 30

Abs. 3 sieht Leistungen für Mehrbedarfe Alleinerziehender vor. Zur Weiterentwicklung des Mehrbedarfes mit der Einordnung des Bundessozialhilfegesetzes in das SGB vgl. BT-Drs. 15/1734 S. 1761 (Hinweis in BT-Drs. 18/4296). Der Mehrbedarf kann insbesondere durch einen geringeren Umfang verfügbarer Zeit für preisbewusste Einkäufe und durch die Inanspruchnahme von Dienstleistungen, die Kontaktpflege und Aufwendungen aufgrund eingeschränkter Beweglichkeit begründet sein. Mit ihm ist allerdings auch die Beförderung eines Kindes zur Kindertagesstätte zu bestreiten, soweit der dafür im Regelbedarf enthaltene Betrag nicht ausreicht; ein unabweisbarer Bedarf i. S. v. Abs. 6 liegt nicht vor (SG Mainz, Urteil v. 28.1.2016, S 8 AS 1064/14). Es genügt für den Mehrbedarf nicht, dass es sich bei der Mutter um eine stillende Mutter handelt. Das Zusammenleben und die Pflege/Erziehung verbinden räumliche Gemeinschaft, Versorgung und Fürsorge in Bezug auf das minderjährige Kind. Für stillende Mütter allein sieht das Gesetz keinen Mehrbedarf vor. Das Gesetz setzt ein Zusammenleben mit mindestens einem minderjährigen Kind voraus. Minderjährig ist ein Kind, solange es das 18. Lebensjahr nicht vollendet hat, also bis zu dem Tag vor dem 18. Geburtstag. Einen Mehrbedarf für volljährige Kinder sieht das Gesetz nicht vor, auch nicht, soweit es sich bei einem Kind um eines mit Behinderungen handelt. Auf solche Fallkonstellationen ist ggf. die Härtefallregelung des Abs. 6 anzuwenden. Alleinerziehend sind Personen, die tatsächlich allein für die Erziehung und Pflege ihrer minderjährigen Kinder im gemeinsamen Haushalt sorgen. Ein Indiz dafür ist ein Anspruch des Elternteils in Höhe der vollen Leistung zur Deckung des Regelbedarfs eines Alleinstehenden. Von Alleinerziehung kann nicht mehr ausgegangen werden, wenn an der Pflege und Erziehung des Kindes andere Personen zu gleichen oder umfassenderen Teilen beteiligt sind, z. B. Großeltern oder Verwandte. Der Anspruch auf Anerkennung eines Mehrbedarfs wegen Alleinerziehung nach Abs. 3 setzt als materielle Bedingung voraus, dass der Antragsteller das Kind allein versorgt. Eine regelmäßige und erhebliche Unterstützung bei der Pflege und Erziehung des Kindes durch eine weitere Person schließt den Mehrbedarf aus (LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 25.1.2023, L 4 AS 47/21). In einer Gesamtschau umfasst Alleinerziehung unabhängig von der Inhaberschaft des Sorgerechts die gesamte Sorge für das Kind. Alleinerziehung liegt deshalb nicht vor, wenn das Kind in einem Internat untergebracht ist (vgl. BT-Drs. 16/9684). Der Besuch eines Kindergartens steht der Alleinerziehung nicht entgegen. Alleinige Sorge für die Pflege und Erziehung eines Kindes ist gegeben, wenn der hilfebedürftige Elternteil während der Betreuungszeit von dem anderen Elternteil, Partner oder einer anderen Person nicht in einem Umfang unterstützt wird, der es rechtfertigt, von einer nachhaltigen Entlastung auszugehen. Der Gesetzgeber habe allein das Zusammenleben in einem Haushalt als Haushaltsgemeinschaft nicht ausreichen lassen, um von dem Wegfall der besonderen Lebensumstände von Alleinerziehenden auszugehen. Die tatsächlichen Verhältnisse sind maßgebend dafür, ob eine andere Person in so erheblichem Umfang mitwirkt, dass von alleiniger Sorge nicht mehr ausgegangen werden kann (BSG, Urteil v. 23.8.2012, B 4 AS 167/11). Die Zuerkennung eines Mehrbedarfs kommt auch dann nicht in Betracht, wenn ein neuer Lebensgefährte die Kindesmutter bei der Betreuung unterstützt und an der Erziehung und Pflege mitwirkt. Insofern kommt es nicht darauf an, dass er nicht der leibliche Vater des Kindes ist (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 15.3.2017, L 18 AS 1567/16). In diesem Sinne verknüpft Abs. 3 Haushaltsgemeinschaft, Versorgung und Zuwendung. Ein Bezug zur Pflegebedürftigkeit i. S. des SGB XI ist nicht erforderlich. Alleinerziehung liegt aber ggf. nicht mehr vor, wenn die erziehende Person selbst pflegebedürftig ist und der Betreuung Pflegender bedarf oder die erziehende Person maßgeblich durch eine Haushaltshilfe unterstützt wird. Ein solcher Umstand allein steht dem Mehrbedarf allerdings nicht entgegen, es kommt auf die Umstände des Einzelfalles an. Das gilt auch für die Fälle, in denen der weibliche Elternteil mit dem minderjährigen Kind in einem Frauenhaus lebt oder sich in einer Notunterkunft mit Kinderbetreuung aufhält. Zusammenleben bedeutet ferner, dass keine Bedarfsgemeinschaft vorliegen muss. Auf das Personensorgerecht kommt es für die Entscheidung über die anspruchsberechtigte Person nicht an.

 

Rz. 31

Auch der Ehepartner ist alleinerziehend, der sich überwiegend um die Erziehung und Pflege seines Kindes sorgt, weil der andere Ehepartner auf längere Zeit räumlich von der Familie getrennt lebt. Das ist bei einem Zeitraum der Fall, der 2 Wochen überschreitet. Ein solcher Fall liegt z. B. auch vor, wenn der Ehegatte eine Freiheitsstrafe verbüßt; er ist für diesen Zeitraum nach § 7 Abs. 4 Satz 2 vom Leistungsbezug ausgeschlossen. Im Übri...

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