Rz. 60

Eine Eingliederungsvereinbarung nach früherem Recht konnte bis zum 30.6.2023 neu abgeschlossen oder fortgeschrieben werden, auch mit Geltung in das 2. Halbjahr 2023 hinein, doch nicht darüber hinaus. Eine Eingliederungsvereinbarung kann längstens bis zum 31.12.2023 gültig sein.

 

Rz. 61

(unbesetzt)

 

Rz. 62

Eine Regelung, dass Bewerbungskosten vorher beantragt werden müssen, ist für das LSG Hessen nicht hinreichend bestimmt (LSG Hessen, Beschluss v. 16.1.2014, L 9 AS 846/13 B ER, a. a. O.). Aus einer Regelung, sich auf Stellenangebote zu bewerben, müsse für den Leistungsberechtigten zudem klar erkennbar sein, in welchem Umfang Bewerbungsbemühungen von ihm erwartet werden. Das stimmt jedenfalls mit dem Gesetz überein, das ausdrücklich auch die Benennung der Häufigkeit von Bemühungen zur Eingliederung in Arbeit ausdrücklich vorsieht.

 

Rz. 63

Dem Gesetzgeber kann bescheinigt werden, dass er die Bemühungen um eine Eingliederung auch in schwierigsten Fällen nicht aufgeben will. Die Konsequenz, dem Leistungsberechtigten bei fortgesetztem sozial-, hier insbesondere vereinbarungswidrigem Verhalten die Erwerbsfähigkeit abzusprechen und aus dem Berechtigtenkreis des SGB II auszusondern, stellt keine wirkliche Alternative dar.

 

Rz. 64

Die Eingliederungsvereinbarung selbst ist auch keine Eingliederungsstrategie oder Eingliederungsleistung als solche, Strategie und Leistungen richten sich nach den Umständen des konkreten Einzelfalls. Deshalb kann z. B. auch nicht generell vorgegeben werden, eine Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung sei gegenüber einer geringfügigen Beschäftigung vorrangig (vgl. BT-Drs. 16/13892). Es ist darauf hinzuweisen, dass es neben dem Wortlaut der Eingliederungsvereinbarung keine weiteren Dokumente gibt, insbesondere keine Niederschrift oder ein Wortprotokoll, das den Inhalt der Eingliederungsvereinbarung näher erläutert oder das Zustandekommen erklärt. Dafür gibt es im Sozialverwaltungsverfahren keine allgemeine Pflicht (LSG Sachsen, Beschluss v. 5.3.2014, L 3 AS 1883/13 B ER).

 

Rz. 65

Die Eingliederungsvereinbarung ist – entgegen dem gesetzgeberischen Willen (vgl. BT-Drs. 14/6944) – ein öffentlich-rechtlicher Vertrag (subordinationsrechtlicher Vertrag i. S. v. § 53 Abs. 1 Satz 2 SGB X, SG Stade, Schlussurteil v. 11.1.2011, S 16 AL 122/09; Bay LSG, Urteil v. 5.12.2012, L 16 AS 927/11) mit Merkmalen eines Austauschvertrages, weil er Rechte und Pflichten aus dem SGB II auch für die Jobcenter regelt (vgl. § 55 SGB X, § 15 ist demgegenüber eine Spezialregelung, BSG, Urteil v. 2.4.2014, B 4 AS 26/13 R). Diese wird jedoch sinnvollerweise schriftlich festgehalten werden (vgl. § 56 SGB X), dem Leistungsberechtigten ist ein Exemplar auszuhändigen. Zusätzliche mündliche Vereinbarungen sind dadurch nicht ausgeschlossen, sie vermögen allerdings bei vereinbarungswidrigem Verhalten keine Rechtsfolgen zu entfalten. Eine Kündigung der Eingliederungsvereinbarung setzt voraus, dass nicht nur eine Änderung der Verhältnisse eingetreten ist, sondern ein Festhalten an der Vereinbarung unzumutbar ist. Das dürfte jedenfalls bei wesentlichen Änderungen der Fall sein. Deshalb kann es gerechtfertigt sein, dass durch das Jobcenter eine berufliche Weiterbildung bis zum Maßnahmeende mit Zuschüssen zu fördern ist, obwohl Hilfebedürftigkeit aufgrund einer Rechtsänderung entfallen ist (BSG, Urteil v. 6.12.2012, B 11 AL 15/11). Auf weitere Rechtsvorschriften, nach denen dieses möglich sein kann (vgl. § 16g), kommt es dann nicht an. Aus der Rechtsqualität der Eingliederungsvereinbarung folgt, dass sich die Beurteilung vertraglicher Störungen nach § 40 Abs. 1 i. V. m. § 53 SGB X richtet. Die durch die Bürgergeld-Gesetzgebung eingeführte Bagatellregelung spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle.

 

Rz. 66

Die in einer Eingliederungsvereinbarung geregelte Pflicht zur Vornahme von 2 Bewerbungen wöchentlich ist zumutbar (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 16.12.2014, L 3 AS 505/13). Der Leistungsberechtigte müsste nachweisen, dass dafür zu wenig Stellen angeboten werden.

 

Rz. 67

Verpflichtungen des Leistungsberechtigten in der Eingliederungsvereinbarung müssen jedenfalls dann, wenn es sich um leistungsminderungsbewehrte Verpflichtungen handelt, etwa Bewerbungen um eine Beschäftigung, in einem angemessenen Verhältnis zu den vom Jobcenter übernommenen Leistungsverpflichtungen zur Eingliederung in Arbeit stehen. Ansonsten hat sich das Jobcenter unzulässige Gegenleistungen versprechen lassen. Das macht die Eingliederungsvereinbarung als öffentlich-rechtlichen Vertrag insgesamt nichtig (BSG, Urteil v. 23.6.2016, B 14 AS 30/15 R). Die Leistungsverpflichtungen des Jobcenters müssen individuelle, konkrete und verbindliche Unterstützungsleistungen (im entschiedenen Fall für die Bewerbungsbemühungen des Leistungsberechtigten) vorsehen, dazu gehören insbesondere Regelungen zur Übernahme von Bewerbungskosten (so auch SG Saarbrücken, Urteil v. 29.1.2016, S 16 AS 41/15; LSG Bayern, Beschluss v. 31.3.2016, 7 AS 140/16 B). Die Existenz von gesetzlich...

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