Rz. 96

Elterngeld ist grundsätzlich vollständig als Einkommen zu berücksichtigen. Das LSG Hessen ist der Auffassung, dass sich die vollständige Anrechnung des Elterngeldes auf die Fürsorgeleistung Bürgergeld, soweit nicht vor der Geburt des Kindes Erwerbseinkommen erzielt wurde, systematisch in die vom BVerfG gebilligte gesetzgeberische Ausgestaltung des Elterngeldes als steuerfinanzierte Einkommensersatzleistung einfügt (LSG Hessen, Beschluss v. 1.8.2013, L 6 AS 378/13). Das BVerfG habe ausgeführt, dass der Gesetzgeber, der ggf. aufgrund verfassungsrechtlicher Verpflichtung Steuervergünstigungen gewähre, nicht dazu verpflichtet sei, diesen Vergünstigungen entsprechende Sozialleistungen solchen Personen und ihren Angehörigen zu gewähren, die kein zu versteuerndes Einkommen erzielten. Dazu wird ein pauschales, fiktives Nettoentgelt aus einem Zeitraum von 12 Monaten vor der Geburt des Kindes bzw. dem Beginn der Mutterschutzfrist errechnet. Dazu werden die Bruttoeinkünfte mittels Pauschalen in Nettoeinkünfte umgerechnet. Selbstständig Erwerbstätige weisen ihr Einkommen mit Steuerbescheid für den letzten Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes, der abgeschlossen ist, nach. Während des Bezuges von Elterngeld wird eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung zugrunde gelegt. Für Betriebsausgaben wird eine Pauschale von 25 % angesetzt. Früher blieben nach § 10 BEEG im Regelfall monatlich 300,00 EUR des Elterngeldes oder vergleichbarer Leistungen der Länder bei der Berechnung einkommensabhängiger Leistungen anrechnungsfrei (Basiselterngeld). Dieser Betrag verminderte sich auf 150,00 EUR (Elterngeld Plus-Bezug), wenn Berechtigte von der Verlängerungsoption – Förderung über maximal 28 statt 14 Monate – Gebrauch machten. Anzurechnen war auch der Geschwisterbonus nach § 2 BEEG. Zur Gesamtproblematik vgl. BT-Drs. 17/2672, 17/5017 sowie 17/5440. Seit 2011 ist das Elterngeld nach entsprechender Änderung des § 11 in vollem Umfang bei den Leistungen zum Lebensunterhalt zu berücksichtigen (§ 11 Abs. 3a a. F. wurde zum 1.1.2011 durch das Haushaltsbegleitgesetz v. 9.12.2010 (BGBl. I S. 1885) aufgehoben. Das betrifft Vollzeit- wie auch Teilzeitelterngeld (neben einer Teilzeitbeschäftigung). Eine Übergangsregelung dazu wurde nicht beschlossen. Allerdings ist die Einkommensberücksichtigung in Bezug auf 2 Sachverhalte nicht anzuwenden. Zur Entscheidung, die geplante aber noch nicht in Kraft getretene Änderung im Leistungsrecht der Grundsicherung für Arbeitsuchende bei den Leistungsbescheiden bereits ab September 2010 umzusetzen, vgl. die Ausschussdrucksache 17(11)354.

 

Rz. 97

§ 10 Abs. 5 Satz 2 BEEG bestimmt, dass u. a. bei Leistungen nach dem SGB II das Elterngeld in Höhe des durchschnittlich erzielten Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt bis zum Höchstbetrag von 300,00 EUR monatlich bei Basiselterngeld bzw. 150,00 EUR monatlich bei Elterngeld Plus-Bezug unberücksichtigt bleibt. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass der Elterngeldanspruch insoweit aus Erwerbstätigkeit resultiert. Dies ist seither das maßgebende Abgrenzungskriterium. § 10 Abs. 5 BEEG bezieht vergleichbare Länderleistungen in die Regelung ein.

 
Praxis-Beispiel
  • In den letzten 12 Monaten vor der Geburt wurde ein Erwerbseinkommen von insgesamt 6.000,00 EUR erzielt. Das durchschnittliche monatliche Einkommen betrug 500,00 EUR. Elterngeld bleibt in Höhe von 300,00 EUR anrechnungsfrei.
  • In den letzten 12 Monaten vor der Geburt wurde ein Erwerbseinkommen von insgesamt 3.600,00 EUR erzielt. Das durchschnittliche monatliche Einkommen betrug 300,00 EUR. Elterngeld bleibt in Höhe von 300,00 EUR anrechnungsfrei.
  • In den letzten 12 Monaten vor der Geburt wurde ein Erwerbseinkommen von insgesamt 3.000,00 EUR erzielt. Das durchschnittliche monatliche Einkommen betrug 250,00 EUR. Elterngeld bleibt in Höhe von 250,00 EUR anrechnungsfrei. 50,00 EUR monatlich werden angerechnet.

Elterngeld ist kindbezogen, nicht geburtsbezogen zu gewähren, also für Mehrlinge mehrfach (BSG, Urteil v. 27.6.2013, B 10 EG 3/12 R). Elterngeldansprüche für Mehrlingsgeburten sind auch rückwirkend für Mehrlinge zuzuerkennen, für die zuvor kein Elterngeld gezahlt wurde. Die Rechtslage ist für die Zeit ab 1.1.2009 und ab 1.1.2011 gesondert zu berücksichtigen. Für frühere Zeiträume kommt eine erhöhte Leistungsgewährung aufgrund von Verjährungsvorschriften nicht in Betracht. Beziehen beide Elternteile zeitgleich Elterngeld, errechnet sich der Elterngeldfreibetrag aus dem jeweiligen für die Elterngeldberechnung maßgeblichen durchschnittlichen Monatseinkommen vor der Geburt.

 

Rz. 98

Nicht als Einkommen zu berücksichtigen ist Elterngeld i. H. v. 150,00 EUR je Lebensmonat eines Kindes, der vor dem 1.1.2011 begonnen hat, soweit es aufgrund einer vor dem 1.1.2011 widerrufenen Verlängerungsmöglichkeit (§ 6 Satz 2 des BEEG) nachgezahlt wird (§ 1 Abs. 5 Bürgergeld–V). Durch das Haushaltsbegleitgesetz 2011 wurde zwar grundsätzlich die Anrechnungsfreiheit des Elterngeld-Mindestbetrages von 300,00 EUR monatlich auf...

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