2.1 Förderung eines Berufsorientierungspraktikums (Abs. 1)

 

Rz. 4

Nach Abs. 1 Satz 1 kann die Agentur für Arbeit für junge Menschen, die ihre Berufswahl noch nicht abschließend getroffen haben, durch ein Berufsorientierungspraktikum fördern, um sie beim Übergang in eine Berufsausbildung zu unterstützen. Junge Menschen i. S. v. Abs. 1 Satz 1 sind nach § 7 Abs. 1 Nr. 4 SGB VIII Personen, die das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (SG Hannover, Urteil v. 23.3.2017, S 8 AL 351/16; Krickrehm, in: jurisPK-SGB III, § 52 Rz. 7; Wagner, in: Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, SGB III, § 52 Rz. 5). Die Fördermöglichkeit nach § 52 besteht auch für Menschen mit Behinderungen und im Rechtskreis des SGB II nach § 16 SGB II.

 

Rz. 5

Eine Förderung nach § 48a kommt für junge Menschen in Betracht, die ihre Berufswahlentscheidung noch nicht abschließend getroffen haben. Gemeint sind damit junge Menschen, die noch keinen Ausbildungsplatz oder Studienplatz gefunden haben. Die reine Bewerbung um einen Ausbildungs- bzw. Studienplatz ist kein Ausschlusskriterium für eine Förderung nach § 48a, da in diesem Zeitpunkt noch eine andere Berufswahlentscheidung getroffen werden kann. Das Vorliegen einer Bewerbung auf einen Ausbildungs- oder Studienplatz kann aber bei der Ermessensentscheidung der Agentur für Arbeit berücksichtigt werden.

 

Rz. 6

Voraussetzung für eine Förderung ist nach Abs. 1 Satz 2, dass die jungen Menschen die Voraussetzungen nach den Nr. 1 bis 3 erfüllen. Die Voraussetzungen sind nur gegeben, wenn die Ziffern 1 bis 3 kumulativ vorliegen.

 

Rz. 7

Nach Nr. 1 ist Voraussetzung, dass die jungen Menschen die Vollzeitschulpflicht nach den Gesetzen der Länder erfüllt haben. Die in einigen Ländern auch als "allgemeine Schulpflicht" bezeichnete Vollzeitschulpflicht ist von der sich daran anschließenden Teilzeitschulpflicht zu unterscheiden.

Baden-Württemberg: Abschluss Grundschule (i. d. R. 4 Jahre) und 5 Jahre weiterführende Schule (§§ 73 bis 76 BW SchG; zusätzlich Berufsschulpflicht für 3 Jahre oder bis zum 18. Lebensjahr bzw. Besuch einer weiterführenden Schule, §§ 77 f. BW SchG)

Bayern: 9 Jahre (zusätzlich 3 Jahre Berufsschulpflicht oder ein Berufsvorbereitungsjahr, Art. 7 bis 9 BayEUG)

Berlin: 10 Jahre (§ 42 BerlinerSchulG)

Brandenburg: 10 Jahre (§ 39 BbgSchulG) Berufsschulpflicht bis zum Ende des Schuljahres, in dem der Schüler das 18. Lebensjahr vollendet hat

Bremen: 10 Jahre (§§ 52 ff. BremSchulG)

Hamburg: 9 Jahre (Berufsschulpflicht für 2 Jahre oder bis zum Ende des Schuljahres, in dem das 18. Lebensjahr vollendet wird, § 39 HmbSG)

Hessen: 9 Jahre (§ 59 Hess.Schulgesetz)

Mecklenburg-Vorpommern: 9 Jahre (§§ 41 ff. MV SchG)

Niedersachsen: 9 Jahre (oder weniger nach § 65 Abs. 2 NSchG)

Nordrhein-Westfalen: 10 Jahre (Berufsschulpflicht bei Beginn einer Ausbildung im dualen System vor dem 18. Lebensjahr bis zum Ende der Ausbildung – auch über das 18. Lebensjahr hinaus) (§§ 37, 38 SchulG NRW)

Rheinland-Pfalz: 9 Jahre (§§ 59ff. RP SchulG)

Saarland: 9 Jahre (§ 4 Schulpflichtgesetz)

Sachsen: 9 Jahre (Berufsschulpflicht bis zum 18. Lebensjahr, § 28 SchuG Sachsen)

Sachsen-Anhalt: 9 Jahre (bei einer Absolvierung von nur 9 Jahren ist ein Berufsvorbereitendes Jahr Pflicht, §§ 36 ff. SchuG SA)

Schleswig-Holstein: 9 Jahre (§ 21 SH SchuG)

Thüringen: 10 Jahre (§ 19 Thür. SchG).

 

Rz. 8

Nach Nr. 2 ist Voraussetzung, dass die jungen Menschen keine Schule besuchen. Unter dem Begriff "Schule" sind sowohl die allgemeinbildenden als auch die berufsbildenden Schulen zu verstehen. Nach Nr. 3 ist Voraussetzung, dass die jungen Menschen bei der Agentur für Arbeit ausbildungsuchend gemeldet sind. Nach § 15 Satz 1 ist ausbildungsuchend, wer eine Berufsausbildung sucht. Erforderlich ist eine Meldung gegenüber der örtlichen Arbeitsagentur.

 

Rz. 9

Die Förderung steht im Ermessen der Agentur für Arbeit.

2.2 Berufsorientierungspraktikum bei mehreren Arbeitgebern (Abs. 2)

 

Rz. 10

Abs. 2 regelt einen für die Durchführung eines Berufsorientierungspraktikums geltenden inhaltlichen Rahmen. Konkrete Vorgaben zur inhaltlichen Ausgestaltung und zum Ablauf des Berufsorientierungspraktikums werden nicht gemacht.

 

Rz. 11

Nach Abs. 2 Satz 1 kann das Berufsorientierungspraktikum bei einem oder mehreren Arbeitgebern durchgeführt werden. Damit hat der Gesetzgeber berücksichtigt, dass es von Vorteil sein kann, Einblick in mehrere Betriebe bzw. Berufe zu erhalten. Der Gesetzgeber hat den jungen Menschen die Entscheidung über die Anzahl der für das Berufsorientierungspraktikum auszuwählenden Arbeitgebern überlassen.

 

Rz. 12

Bei der Ableistung eines Berufsorientierungspraktikums darf die Erbringung von Arbeitsleistungen nicht im Vordergrund stehen. Für Praktikanten gelten die Bestimmungen des Arbeitsschutzes genauso wie für alle anderen Mitarbeiter. Von besonderer Bedeutung ist z. B. das Jugendarbeitsschutzgesetz, wenn der Praktikant zwar bereits 15 Jahre alt ist, aber das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Dann ist eine tägliche Arbeitszeit von 8 Stunden nicht zu überschreiten und die wöchentliche Arbeitszeit darf nicht mehr als 40 Stunden betragen. Für Jugendliche gilt die 5-Tage-Woche. Praktikanten ist nach Ablauf ...

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