Rz. 51

Die Prüfung der Beeinträchtigung einer Eingliederung in Ausbildung oder Arbeit entfällt bei dem Personenkreis der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ohne Erwerbsobliegenheiten, die weder arbeitslos noch erwerbstätig sind (Abs. 3 Satz 3). Bei diesen Personen ist zwar wegen der Eigenschaft der Erwerbsfähigkeit die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit jederzeit denkbar, jedoch ist die Zustimmung zum Aufenthalt außerhalb des näheren Bereichs des zuständigen Jobcenters ohne wichtigen Grund unabhängig von Eingliederungsaussichten zu erteilen. Hiervon darf das Jobcenter nicht abweichen, es hat keinen Ermessensspielraum. Dies bestätigt § 4 Abs. 4 Satz 2 ErrV. Danach gilt bei erwerbsfähigen leistungsberechtigten Personen, die nicht arbeitslos sind, insbesondere bei Personen, die sich in Mutterschutz oder Elternzeit befinden, und bei Schülern die Zustimmung mit der Antragstellung als erteilt. Das bedeutet aber auch, dass der Verordnungsgeber eine Antragstellung erwartet (§ 4 Abs. 1 Satz 1 ErrV). Die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person soll die Zustimmung der zuständigen Dienststelle des örtlich zuständigen Jobcenters zu einem Aufenthalt außerhalb des näheren Bereichs i. d. R. spätestens 5 Werktage vor dem Verlassen des näheren Bereichs beantragen. Ausnahmen regelt § 4 Abs. 2 ErrV.

 

Rz. 52

Abs. 3 Satz 3 enthält die verpflichtende Zustimmung nach Abs. 3 Satz 1. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass die Frist nach Abs. 3 Satz 2 dafür nicht gelten könnte. Denn dann bräuchte es der Zustimmung des Jobcenters gar nicht, weil es dann auch keine begrenzenden Fristen gäbe.

 

Rz. 53

Die Regelungen zur Erreichbarkeit gelten nicht vor der Entstehung des Sozialrechtsverhältnisses zum Grundsicherungsträger. Die gesetzliche Rückwirkung der Antragstellung begründet mangels Erfüllbarkeit keine rückwirkenden Mitwirkungsobliegenheiten. Die Vorschrift schränkt die Handlungsfreiheit des Leistungsberechtigten ein. Dies dient dem Ziel und Zweck einer effektiven Vermittlungstätigkeit, auch der Vermeidung von Missbrauch. Bei Nichterreichbarkeit werden verschuldensunabhängig keine Leistungen gewährt. Auf ein mögliches oder tatsächliches Eingliederungsangebot kommt es nicht an. Erreichbarkeit soll zur Eingliederung in Arbeit gewährleistet werden. § 10 Abs. 1 Nr. 3 ist aber nicht nur wegen Unzumutbarkeit der Ausübung einer Arbeit anzuwenden, wenn dadurch die Erziehung des Kindes durch den Leistungsberechtigten gefährdet würde. Kann eine Erwerbstätigkeit wegen Betreuung eines Kleinkindes nicht verlangt werden, gilt dies erst recht bei Elternzeit des alleinerziehenden Leistungsberechtigten (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 15.8.2013, L 34 AS 1030/11). In einem solchen Fall besteht demnach kein Grund zur Einschränkung der Handlungsfreiheit, da keine Eingliederung in das Erwerbsleben in Betracht kommt, weil diese nicht zumutbar ist. Dann liegt ein rechtfertigender Grund dafür nicht mehr vor, den Leistungsberechtigten den Erreichbarkeitsregelungen zu unterwerfen, auch wenn im Einzelfall ein mehrmonatiger Auslandsaufenthalt in Rede steht. Von dieser Rechtsprechung hat sich der Gesetzgeber jedoch nicht leiten lassen und die Notwendigkeit der Zustimmung wie auch dem Grunde nach die Frist von 3 Wochen beibehalten. Während der Elternzeit soll kein Leistungsverweigerungsgrund bestehen, wenn sich die betreffende Person ca. 3 Monate im Ausland aufhält, denn ihr ist keine Arbeit zumutbar (SG Karlsruhe, Urteil v. 14.3.2011, S 5 AS 4172/10). Sind Personen demnach überhaupt nicht in das Erwerbsleben zu integrieren, kann es angezeigt sein, im Einzelfall entgegen § 7 von der Residenzpflicht gänzlich abzusehen. Das sieht § 7b jedoch nicht vor. Das BVerfG hat zu erkennen gegeben, dass es die Anwendung des § 7 Abs. 4a a. F. auf eine Schülerin als zweifelhaft ansieht. Nachdem im entschiedenen Verfahren jedoch keine Wiederholungsgefahr bestand, weil die Schule zwischenzeitlich beendet worden war, fehlte es für eine Verfassungsbeschwerde an einem Rechtsschutzbedürfnis (BVerfG, Nichtannahmebeschluss v. 9.11.2015, 1 BvR 3460/13).

Die ErrV trifft insoweit keine einschränkenden Regelungen.

Nach § 7 Abs. 4 ErrV haben Personen mit sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung ggf. einen Urlaubsanspruch oberhalb des gesetzlichen Urlaubsanspruchs aufgrund § 3 Abs. 1 Bundesurlaubsgesetz von 3 Wochen. Zur Vermeidung von Unstimmigkeiten zwischen Sozial- und Arbeitsrecht dürfen diese Personen den näheren Bereich ohne wichtigen Grund für die Dauer ihres arbeitsvertraglichen Urlaubsanspruchs verlassen, auch wenn dieser einen längeren Zeitraum als 3 Wochen umfasst.

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