Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Verletztengeldhöhe. Einkommen. Berechnungsgrundlage. Einkommenssteuerbescheid. Gewinnermittlung nach Einkommenssteuerrecht. Verlustabzug. Bilanzberichtigung. Betriebsvermögensvergleich. keine Durchbrechung der Jahresabschnittsbesteuerung. Selbständiger. Nachbarschaftshilfe

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Anknüpfung an das Steuerrecht in § 15 Abs 1 S 2 SGB 4 soll der Verwaltungsvereinfachung dienen und es dem zuständigen Versicherungsträger erlauben, den steuerrechtlichen Gewinn unverändert aus dem Steuerbescheid des Selbständigen zu übernehmen (BT-Drs 12/5700 S. 92). Dieses gesetzgeberische Anliegen ist nur zu erreichen, wenn die Verwaltung von der Notwendigkeit zu weiteren Nachprüfungen zum Zustandekommen des im Steuerbescheid ausgewiesenen Gewinns enthoben wird.

2. Für die Gewinnermittlung des Selbständigen mittels Betriebsvermögensvergleich bedeutet dies, dass eine Minderung des steuerrechtlichen Einkommens im für die Berechnung des Verletztengeldes nach § 47 SGB 7 maßgeblichen Kalenderjahr aufgrund der Uneinbringlichkeit von in den Vorjahren entstandenen Forderungen auch im Rahmen des § 15 SGB 4 einkommensmindernd berücksichtigt werden muss. Anders als beim Verlustausgleich nach § 10d EStG (vgl BSG vom 16. Mai 2001 - B 5 RJ 46/00 R = BSGE 88, 117 = SozR 3-2600 § 97 Nr 4) ist hierin keine Durchbrechung des Prinzips der Jahresabschnittsbesteuerung zu sehen.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 30.06.2009; Aktenzeichen B 2 U 25/08 R)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 13. April 2007 wird zurückgewiesen.

II. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers sind auch für das Berufungsverfahren nicht von der Beklagten zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Höhe des dem Kläger aufgrund eines bei der Beklagten versicherten Arbeitsunfalls zu gewährenden Verletztengeldes.

Der Kläger war als einer von zwei Gesellschaftern der L. GbR selbständiger Bauunternehmer. Er erlitt am 06. Januar 2003 einen bei der Beklagten versicherten Arbeitsunfall, als er einem Nachbarn bei Verfüllarbeiten an einer Baugrube half. Wegen der Unfallfolgen (Zehenfraktur im rechten Fuß) war der Kläger bis zum 28. Februar 2003 arbeitsunfähig erkrankt.

Auf der Grundlage eines vom Kläger vorgelegten betriebswirtschaftlichen Kurzberichts der L. GbR zum Dezember 2002, welcher ein Gesamtjahresergebnis von 12.139,16 € und damit einen auf den Kläger entfallenden Anteil von 6.059,58 EUR auswies, errechnete die Beklagte für die Zeit vom 06. Januar 2003 bis 28. Februar 2003 (56 Tage) ein dem Kläger zustehendes Verletztengeld in Höhe von 755,44 EUR und gewährte dem Kläger hierauf einen Vorschuss in Höhe von 750,00 EUR als vorläufige Leistung gemäß § 43 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I). Mit Schreiben vom 07. August 2003 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass eine endgültige Berechnung erst nach Vorlage des Einkommenssteuerbescheides für das Jahr 2002 erfolgen könne, mit der Vorschussleistung eine Entschädigungspflicht noch nicht anerkannt werde und zu Unrecht bzw. die zu viel empfangenen Vorschüsse zurückzuzahlen seien.

Nach Vorlage des Einkommenssteuerbescheides vom 02. März 2004 für das Jahr 2002, in welchem für den Kläger vor Anwendung des Verlustausgleichs Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 3.328,00 EUR ausgewiesen waren, errechnete die Beklagte auf dieser Grundlage mit Bescheid vom 18. November 2004 ein dem Kläger zustehendes Verletztengeld in Höhe von 413,84 EUR (3.328 € : 360 = 9,24 € Regelentgelt; x 80 % x 56 Tage) und forderte den Differenzbetrag zum bereits gezahlten Vorschuss in Höhe von 336,16 EUR zurück.

Der hiergegen eingelegte und nicht näher begründete Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 24. März 2005 zurückgewiesen, der den Bevollmächtigten des Klägers am 29. März 2005 zuging. Zur Begründung führte die Beklagte aus, nach Vorlage des Einkommenssteuerbescheides sei eine genaue Berechnung des Anspruchs erfolgt, die eine Überzahlung ergeben habe.

Mit der hiergegen am 29. April 2005 zum Sozialgericht Chemnitz (SG) erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Beklagte habe bei der Berechnung des Verletztengeldes übersehen, dass der steuerrechtliche Gewinn im Jahr 2002 deswegen geringer ausgefallen sei, weil ein entsprechender Verlustabzug nach § 10 d Einkommenssteuergesetz (EStG) in Höhe von 44.490,11 EUR vorgenommen worden sei. Hierzu hat er den Jahresabschluss der L. GbR zum 31. Dezember 2002 vorgelegt, in dem unter der Position “Verluste aus Wertminderungen oder aus dem Abgang von Gegenständen des Umlaufvermögens und Einstellung in die Pauschalwertberichtigung zu Forderungen„ ein Betrag von 44.490,11 EUR ausgewiesen war. Im ebenfalls vorgelegten Kontennachweis zur Bilanz zum 31. Dezember 2002 fanden sich unter den Kontennummern 2405 und 2407 ausgewiesene “Forderungsverluste„ in Höhe von 41.504,38 EUR und 2.985,73 EUR.

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