Krankengeldberechnung bei Selbstständigen

Das Sozialgericht hatte in drei Fällen über die Höhe des Krankengeldes bei Selbstständigen zu entscheiden. Dabei war jeweils streitig, welches Regelentgelt bei der Berechnung des Krankengeldes zugrunde zu legen ist.

Die Klägerinnen sind als Selbständige mit Anspruch auf Krankengeld bei den beklagten Krankenkassen freiwillig krankenversichert und erkrankten arbeitsunfähig. In zwei Fällen berechneten die Krankenkassen das Krankengeld anhand des bereits der Beitragsfestsetzung vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit zugrunde gelegten zwei Jahre alten Einkommensteuerbescheides. Im ersten der beiden Fälle (Az. S 14 KR 160/21) übersandte die Klägerin sodann nach der Bewilligung des Krankengeldes zwei Einkommensteuerbescheide der Folgejahre, die deutlich höhere Einkünfte aus Gewerbebetrieb auswiesen. Im zweiten Fall (Az. S 34 KR 1684/22) lag noch vor Entscheidung der Krankenkasse über die Gewährung von Krankengeld der aktuellere Einkommensteuerbescheid mit höheren Einkünften vor. In einem dritten Fall (Az. S 34 KR 727/21) machte die Klägerin im Krankengeldantrag Angaben zu ihren aktuellen Einkünften, ohne Belege beizufügen. Die Krankenkasse legte hier der Krankengeldberechnung die (niedrigeren) Einkommensangaben zugrunde, die die Klägerin zu Beginn ihrer Selbständigkeit ein halbes Jahr zuvor getätigt hatte und die Grundlage für die Festsetzung des Mindestbeitrages gewesen waren.

Krankenkasse lehnt Korrekturen der Krankengeldberechnungen ab

In allen drei Fällen lehnten die Krankenkassen - nach der Korrektur der Beitragshöhe - die Zahlung eines höheren Krankengeldes unter Verweis auf die gesetzliche Regelung zur Berechnung des Krankengeldes ab, die auf den Zeitpunkt vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abstelle und eine nachträgliche Korrektur der Krankengeldhöhe nicht vorsehe. Grundlage der Krankengeldberechnung seien die vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit zur Beitragsfestsetzung getätigten Einkommensangaben.

Die Klägerinnen verfolgen mit ihren Klagen die Zahlung eines höheren Krankengeldes aufgrund höherer Einkünfte, da nachträglich höheren Beiträgen auch höhere Leistungen folgen müssten.

Sozialgericht: Keine nachträgliche Krankengelderhöhung

Das Sozialgericht hat im ersten Fall der Krankenkasse Recht gegeben und die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, dass das Arbeitseinkommen aus dem letzten, zwei Jahre alten Einkommensteuerbescheid sowohl zur Beitragsfestsetzung als auch zur Krankengeldberechnung heranzuziehen sei. Während das Gesetz seit 2018 hinsichtlich der Beitragseinstufung bei Selbständigen eine vorläufige und eine endgültige Festsetzung vorsehe, werde das Krankengeld nach dem Willen des Gesetzgebers weiterhin nur endgültig festgesetzt, da es zeitnah und verwaltungspraktikabel den Entgeltverlust durch Arbeitsunfähigkeit zur Sicherung des Lebensunterhaltes ausgleichen soll. Eine Ausnahme gelte nur dann, wenn konkrete Anhaltspunkte vorlägen, dass der auf der Grundlage des § 47 Abs. 4 Satz 2 SGB V ermittelte Betrag erkennbar nicht der tatsächlichen wirtschaftlichen Situation des Versicherten vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit entspreche, was v.a. dann in Betracht komme, wenn nicht das tatsächliche Arbeitseinkommen laut Einkommensteuerbescheid, sondern ein fiktives Mindesteinkommen die Grundlage der Beitragsbemessung bilde. Werde ein Mindestbeitrag festgesetzt und bestünde eine evidente Diskrepanz zum tatsächlichen Einkommen, müsse das vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit erzielte Arbeitseinkommen konkret ermittelt werden, da es kein fiktives Mindestkrankengeld gebe.

Dies hat das Sozialgericht im dritten Fall bestätigt. Allerdings ist die Klage ebenfalls erfolglos geblieben, weil zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Krankengeldantrag Belege und damit konkrete Anhaltspunkte für ein tatsächlich höheres Einkommen fehlten.

Im zweiten Fall hatte die Klage dagegen Erfolg, weil bereits vor Entscheidung der Krankenkasse über den Krankengeldantrag der aktuellere Einkommensteuerbescheid vorlag und damit tatsächlich höhere Einkünfte nachgewiesen waren, die der Beitrags- und Krankengeldberechnung hätten zugrunde gelegt werden müssen.

Hinweis: Sozialgericht Frankfurt am Main, Gerichtsbescheid v. 3.7.2023, S 14 KR 160/21 sowie Urteile ohne mündliche Verhandlung v. 21.7.2023, S 34 KR 1684/22 (nicht rechtskräftig) und S 34 KR 727/21 (nicht rechtskräftig).

Sozialgericht Frankfurt a. M.