Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Beschwerde über Nichtzulassung der Berufung. grundsätzliche Bedeutung. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Konkretisierung des Meldezwecks einer Meldeaufforderung. keine grundsätzliche Rechtsfrage

 

Leitsatz (amtlich)

Die Konkretisierung eines Meldezwecks (hier: Ich möchte mit Ihnen im Rahmen des Fallmanagements ein weiteres persönliches Gespräch führen) wirft keine abstrakte Rechtsfrage auf, selbst wenn der entsprechende Text standardisiert ist und bundesweit verwendet wird.

 

Normenkette

SGG § 104 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nrn. 1-3, § 145 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 4 S. 3, §§ 66, 103 S. 1, § 160a Abs. 2 S. 3; SGB II § 32 Fassung: 2011-03-24, § 59; SGB III § 309 Abs. 2

 

Tenor

I. Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 20. August 2018 wird zurückgewiesen.

II. Der Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der Beklagte begehrt die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig (SG) vom 20.08.2018, mit dem es den Bescheid vom 17.06.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.10.2015 (W 2890/15) über die Minderung des Arbeitslosengelds II für Juli bis September 2015 in Höhe von 39,90 € monatlich wegen eines Meldeversäumnisses der Klägerin am 26.05.2015 aufgehoben hat, da die Meldeaufforderung vom 19.05.2015 keinen zulässigen Meldezweck verfolgt habe. Nach der Rechtsbehelfsbelehrung könne dieses Urteil nicht mit der Berufung angefochten werden.

Gegen das - ihm am 12.09.2018 zugestellte - Urteil hat der Beklagte am 12.10.2018 beim erkennenden Gericht Beschwerde, hilfsweise für den Fall der Unrichtigkeit der Rechtsmittelbelehrung Berufung eingelegt (Schreiben v. selben Tag). Zweifelhaft sei die Richtigkeit der Rechtsmittelbelehrung, da die Berufung vom SG zuzulassen gewesen sei. Die Sache habe grundsätzliche Bedeutung, da zu klären sei, ob der in der streitigen Meldeaufforderung zu einem Folgetermin genannte Meldezweck - "Ich möchte mit Ihnen im Rahmen des Fallmanagements ein weiteres persönliches Gespräch führen" - zulässig sei. Es dürfte auch ein Verfahrensmangel vorliegen. Die Klägerin sei trotz Ladung zu den Terminen am 11.10.2016 (Erörterung) und 20.08.2018 (mündliche Verhandlung) nicht erschienen. Damit habe das SG nicht prüfen können, ob sie hinreichend zu Zweck, Ort und Zeit der Meldung informiert gewesen sei. Auch habe das SG hierzu seine als Zeugin geladene, zuständige Fallmanagerin nicht zur Zeugenaussage vorgelassen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 20.08.2018 zuzulassen.

Die Klägerin beantragt,

 die Beschwerde, hilfsweise Berufung, zurückzuweisen.

Die Berufung sei nicht zuzulassen.

Die Beteiligten haben einer Entscheidung durch Einzelrichter zugestimmt (Schreiben des Beklagten v. 27.11.2018 und der Bevollmächtigten der Klägerin v. 04.12.2019).

II.

Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde ist unbegründet, da die Berufung gegen das Urteil des SG vom 20.08.2018 nicht zuzulassen ist.

Im Einverständnis der Beteiligten konnte der Berichterstatter als Einzelrichter anstelle des Senats entscheiden (§ 155 Abs. 3 f. SGG).

Die Beschwerde ist statthaft, da die Berufung aufgrund eines nicht 750,- € übersteigenden Werts des Beschwerdegegenstands der Zulassung bedarf (§ 145 Abs. 1 Satz 1 i.V.m.   § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) und weder eine Ausnahme hiervon (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG) noch eine den Senat bindende Zulassung der Berufung durch das SG (§ 144  Abs. 3 SGG) vorliegt. Die Beschwer des Beklagten durch die vom SG erfolgte Aufhebung des Bescheids vom 17.06.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.10.2015 (W 2890/15) und damit der Wert des Beschwerdegegenstands (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG; zur Beschwer eines rechtsmittelführenden Leistungsträgers vgl. z.B. BSG v. 04.07.2018 - B 3 KR 14/17 R - Rn. 13 f., BSG v. 16.01.2019 - B 7 AY 2/17 R - Rn. 5) übersteigt nicht 750,- €. Dem entsprechend ist die Rechtsmittelbelehrung (§ 66 SGG) des SG-Urteils nicht unrichtig erteilt und liegt die vom Beklagten für seine Berufungseinlegung genannte Bedingung - ungeachtet deren Unzulässigkeit (zur "Berufung, hilfsweise Beschwerde" vgl. z.B. Sächs. LSG v. 06.01.2021 - L 6 R 197/19 KN NZB - juris Rn. 16 m.w.N.) - nicht vor.

Die auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte (§ 145 Abs. 1 Satz 2 SGG) Beschwerde ist unbegründet, da die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung (§ 144 Abs. 2 SGG: grundsätzliche Bedeutung, Divergenz oder Verfahrensmangel) nicht vorliegen.

Grundsätzliche Bedeutung (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG) hat eine Rechtssache, wenn sie - bei Beschwerde nach § 145 SGG zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung (zu § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG vgl. nur BSG v. 26.11.2020 - B 14 AS 49/19 B - Rn. 5) - eine (abstrakte) Rechtsfrage aufwirft, die eine grundsätzliche, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat (sog. Breite...

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