Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren: Anrechnung des Erziehungsbeitrages beim Pflegegeld als Einkommen

 

Leitsatz (amtlich)

Pflegegeld i.S.d. § 39 SGB VIII ist nur mit seinem Anteil für die Pflege und Erziehung des Kindes oder Jugendlichen (§ 39 Abs. 1 S. 2 SGB VIII) Einkommen der Pflegeperson i.S.d. § 115 Abs. 1 ZPO.

Der Anteil "Kosten für den Sachaufwand" (§ 39 Abs. 1 S. 2 SGB VIII) vermindert entsprechend § 115 Abs. 1 S. 7 ZPO den Unterhaltsfreibetrag des Kindes gem. § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 Buchst. b ZPO.

 

Normenkette

FamFG § 113 Abs. 1 S. 2; ZPO § 115 Abs. 1; SGB VIII § 39

 

Verfahrensgang

AG Cham (Beschluss vom 19.01.2010; Aktenzeichen 1F 669/09)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Cham vom 19.1.2010 abgeändert.

Der Antragsgegnerin wird für den ersten Rechtszug Verfahrenskostenhilfe bewilligt. Ihr wird Rechtsanwälte H. aus Regensburg zu den Bedingungen eines im Bezirk des AG Cham niedergelassenen Rechtsanwalts beigeordnet

 

Gründe

Die gem. § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache im Wesentlichen Erfolg.

Der Beschluss des AG - Familiengericht - Cham, mit dem das Gericht den Antrag der Anfragsgegnerin auf Bewillig ung von Verfahrenskostenhilfe gem. § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, § 115 Abs. 4 ZPO (zu erwartende Kosten von nicht mehr als vier Monateraten) abgelehnt hat ist abzuändern, weil die Einkünfte der Antragsgegnerin aus der Pflege der bei ihr lebenden Pflegekinder nicht in voller Höhe als Einkommen i.S.d. § 115 Abs. 1 ZPO zu berücksichtigen sind.

Die Antragsgegnerin erhält Leistungen zum Unterhalt (Pflegegeld) für vier Pflegekinder gem. § 39 Abs. 1 S. 2 SGB VIII. Nach dieser Vorschrift umfassen Leistungen zum Unterhalt des Kindes oder des Jugendlichen die Kosten für den Sachaufwand sowie für die Pflege und Erziehung des Kindes oder Jugendlichen. Wie die Antragsgegnerin im Rahmen des Beschwerdeverfahrens vorgetragen und belegt hat, enthält das von ihr bezogene Pflegegeld für vier Pflegekinder jeweils einen Erziehungsbeitrag von 240 EUR. Nur dieser Erziehungsbeitrag ist als Einkommen zu werten, da er das durch die öffentliche Hand erbrachte Entgelt für den mit Betreuung und Erziehung verbundenen Arbeite- und Zeitaufwand darstellt (so auch OLG Karlsruhe FamRZ 2004, 645 für die "Kosten der Erziehung" gem. § 39 Abs. 1 S. 2 SGB VIII in der bis 30.9.2005 geltenden Fassung).

Darüber hinaus gehende Beträge (Kosten für den Sachaufwand sowie Zuschlagszahlungen wegen erhöhtem Aufwand für die Pflegekinder HHHH^Iund ^HBÜI^B dienen der Sicherstellung des Barbedarfs der Pflegekinder und sind deshalb nicht als Einkommen der Pflegeperson anzusehen (vgl. dazu auch OLG Karlsruhe, a.a.O.). Allerdings vermindern diese Zahlungen entsprechend § 115 Abs. 1 S. 7 ZPO jeweils den Unterhaltsfreibetrag gem. § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 Buchst. b ZPO, so dass für die Pflegekinder im Ergebnis keinen Unterhaltsfreibetrag mehr verbleibt.

Unter Berücksichtigung der der Antragsgegnerin danach zuzurechnenden Einkünfte von viermal 240 EUR sowie Kindergeld von - nunmehr - 988 EUR errechnet sich ein Gesamteinkommen von 1.948 EUR.

Hiervon sind abzuziehen der Unterhaltsfreibetrag für die Antragstellerin (§ 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 Buchst. a ZPO) von 395 EUR, der Freibetrag für Erwerbstätige (§ 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 Buchst. b ZPO) für die Antragstellerin von 180 EUR und der Unterhaltsfrei betrag für das Kind Jana Aschenbrenner von 276 EUR, vermindert um deren eigenes Einkommen von 212 EUR. Berücksichtigt man dann noch die Kosten für Unterkunft und Heizung von 1.300 EUR sowie die besonderen Belastungen, verbleibt kein gem. § 115 Abs. 2 ZPO einzusetzendes Einkommen mehr.

Die Beiordnung beruht auf § 114 Abs. 1, § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, § 121 Abs. 1 ZPO, wobei wegen des Mehrkostenverbots nach § 121 Abs. 3 ZPO die nicht im Bezirk des AG - Familiengericht - Cham niedergelassene Rechtsanwältin .^B nur zu den Bedingungen eines im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassenen Rechtsanwalts beigeordnet werden konnte.

Eine Kostenentscheidung ist gem. § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, § 127 Abs. 4 ZPO nicht erforderlich. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung einer Rechtsbeschwerde (§ 70 Abs. 2 FamFG) liegen nicht vor. Auch ein anderer ordentlicher Rechtsbehelf ist nicht statthaft.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2326648

FamRZ 2010, 1361

FuR 2010, 416

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