Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Verlust des Ablehnungsrechts gem. § 43 ZPO durch Einreichen eines Schriftsatzes

 

Leitsatz (amtlich)

Das Einreichen eines (die mündliche Verhandlung vorbereitenden) Schriftsatzes (hier: inhaltliche Stellungnahme zu einem Sachverständigengutachten) kann als Einlassen in eine Verhandlung i.S.d. § 43 ZPO zu werten sein und zum Verlust des Ablehnungsrechts führen.

Erforderlich sind schriftsätzliche Ausführungen in der Streitsache selbst, durch die auf die Sachbehandlung durch den Richter oder dessen Entscheidungsfindung Einfluss genommen werden soll und die deshalb Ausdruck sind für ein fortbestehendes Vertrauen in die Person des Richters als Entscheider des Rechtsstreits.

 

Verfahrensgang

LG Kleve (Beschluss vom 18.09.2009)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Beklagten vom 8.10.2009 gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des LG Kleve vom 18.9.2009 in Gestalt des Nichtabhilfebeschlusses vom 12.10.2009 wird zurückge-wiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Beklagten aufer-legt.

Beschwerdewert: 8.879,23 EUR.

 

Gründe

I. Der von dem Beklagten wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnte Vorsitzende Richter am LG Dr. X wirkte in einem anderen Zivilprozess mit, in dem der hiesige Beklagte als Kläger von ehemals von ihm beauftragten Rechtsanwälten Schadensersatz wegen angeblich fehlerhafter anwaltlicher Beratung begehrte. Das Urteil in dem dortigen Verfahren vom 11.7.2008 enthält in den Entscheidungsgründen folgenden Passus:

"... Angesichts dieses Bestreitens hätte es dem Kläger [= hiesiger Beklagter und Beschwerdeführer] oblegen, entweder für den Zugang der genannten Schreiben oder den Inhalt der Beratungsgespräche Beweis anzutreten, zumal bereits erhebliche Zweifel daran bestehen, dass die vorgelegten Schreiben von dem wegen Urkundenfälschung rechtskräftig verurteilten Kläger [= hiesiger Beklagter und Beschwerdeführer] überhaupt zum angegebenen Zeitpunkt erstellt geschweige denn abgeschickt worden sind. Dies hat er trotz eines Hinweises der Kammer ... nicht getan ...".

Das Urteil in dem anderen Zivilprozess wurde dem damaligen Prozessbevollmächtigten des damaligen Klägers und hiesigen Beklagten am 14.7.2008 zugestellt.

In dem hiesigen Rechtsstreit wegen Zahlungsansprüchen aus Werk- und Kaufvertrag soll auf Grund verschiedener Beweisbeschlüsse mit Hilfe eines Schriftsachverständigen u.a. geklärt werden, ob Unterschriften unter Lieferscheinen und ein Schriftzug auf einem Angebot tatsächlich vom Beklagten stammen.

Der Sachverständige legte sein Gutachten unter dem 29.5.2009 vor. Mit Beschluss vom 10.6.2009 erhielten die Parteien des hiesigen Rechtsstreits Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem Gutachten. An diesem Beschluss wirkte auch der abgelehnte Richter mit. Mit Schriftsatz vom 9.7.2009 nahm der Beklagte zu dem Gutachten Stellung. Darin sind u.a. folgende Passagen enthalten:

"... nehmen wir Bezug auf das Gutachten ... Sollte das Gericht hierzu weiteren Vortrag für erforderlich halten, so wird ausdrücklich um einen richterlichen Hinweis gebeten. Zum jetzigen Zeitpunkt gehe ich davon aus, dass die Klage abzuweisen ist, da sich der Beklagtenvortrag vollumfänglich als bewiesen herausgestellt hat ... Demgemäß ist ein offener Vergütungsanspruch des Klägers nicht gegeben, so dass die Klage abzuweisen ist ...".

Mit Schriftsatz vom 26.7.2009 lehnte der Beklagte den Vorsitzenden Richter am LG Dr. X unter Hinweis auf die Ausführungen in den Entscheidungsgründen des Urteils in dem anderen Zivilprozess wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Die in den Entscheidungsgründen erwähnte strafgerichtliche Verurteilung des damaligen Klägers und hiesigen Beklagten sei in dem anderen Prozess von keiner Partei eingeführt worden und für die Entscheidung des Falles völlig irrelevant gewesen. Dass sie gleichwohl Eingang in das Urteil, an dem der abgelehnte Richter mitgewirkt hat, gefunden habe, rechtfertige das Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters in dem vorliegenden Rechtsstreit, da es auch hier auf die Frage ankomme, welche Urkunden echt und welche Urkunden gefälscht seien.

II. Die nach den §§ 46 Abs. 2, 567 ZPO statthafte und auch ansonsten zulässige Beschwerde gegen die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs betreffend den Vorsitzenden Richter am LG Dr. X hat in der Sache keinen Erfolg. Das LG hat das Ablehnungsgesuch des Beklagten zu Recht zurückgewiesen. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Entscheidung.

Auf die Ausführungen in den Entscheidungsgründen des Urteils in dem anderen Zivilprozess, an dem der abgelehnte Richter beteiligt gewesen ist, kann der Beklagte ein Ablehnungsrecht nicht stützen, weil er ein solches nach § 43 ZPO verloren hat.

Nach § 43 ZPO kann eine Partei einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit nicht mehr ablehnen, wenn sie sich bei ihm, ohne den ihr bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt.

Die Ausführungen in den Entscheidungsgründen des Urteils des anderen Zivi...

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