Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. notwendiger Lebensunterhalt in Einrichtungen. kein Anspruch auf Weihnachtsbeihilfe für 2005. abweichende Verwaltungspraxis anderer Kommunen. verfassungskonforme Auslegung. Ansparung. Vermögensverwertung. Schonbetrag

 

Orientierungssatz

1. Hilfebedürftige in stationären Einrichtungen haben seit 1.1.2005 keinen Anspruch auf eine einmalige Beihilfe anlässlich des Weihnachtsfestes mehr. Für eine solche Weihnachtsbeihilfe fehlt für das Jahr 2005 - anders als für die Jahre zuvor und für das Folgejahr 2006 - eine Rechtsgrundlage (vgl LSG Essen vom 18.6.2007 - L 20 SO 3/07; Abweichung von BSG vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 22/06 R).

2. Aus einer abweichenden (rechtswidrigen) Verwaltungspraxis anderer Bundesländer und Kommunen für das Jahr 2005 kann sich - unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung - kein Anspruch auf Zahlung der Weihnachtsbeihilfe ergeben. Es existiert kein aus dem Gleichheitsgrundsatz abzuleitender Anspruch auf gleichermaßen rechtswidrige Leistungsgewährung.

3. Gäbe es einen nach § 35 Abs 2 S 1 SGB 12 zu berücksichtigenden "typisierenden" zusätzlichen weihnachtlichen Lebensunterhaltsbedarf in Einrichtungen iHv 36 Euro, so kann diesem anerkannten Bedarf nicht entgegengehalten werden, der Bedarf könnte aus dem angesparten Barbetragsguthaben auf dem Bargeldkonto (hier: ca 900 Euro) gedeckt werden. Vielmehr ist hierbei der Vermögensschonbetrag gem § 90 Abs 2 Nr 9 SGB 12 zu beachten.

4. Zur Abweichung von BSG vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 22/06 R.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 15.11.2006 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten, ob der Klägerin als Heimbewohnerin für das Jahr 2005 eine Weihnachtsbeihilfe als Sozialhilfeleistung zustand.

Die am 00.00.1914 geborene Klägerin lebt seit dem 21.11.2003 in einem Alten- und Pflegeheim auf dem Gebiet der Beklagten. Sie erhält von der Beklagten wegen ungedeckter Heimkosten laufend Hilfe zur Pflege in einer Einrichtung nach §§ 61, 35 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) sowie landesrechtliches Pflegewohngeld; u.a. erhielt sie 2005 einen monatlichen Barbetrag nach § 35 Abs. 2 Satz 2 SGB XII in der seinerzeit geltenden Fassung i.H.v. 89,70 EUR zur persönlichen Verfügung.

Mit Schreiben ihres Betreuers vom 16.11.2005 beantragte sie bei der Beklagten unter Hinweis auf § 35 Abs. 2 Satz 1 SGB XII die Gewährung einer angemessenen Weihnachtsbeihilfe. Zu den notwendigen Anschaffungen zur Bestreitung des Lebensunterhalts i.S. der Vorschrift zählten auch erhöhte, nicht zuletzt aus sittlichen Gründen anfallende Aufwendungen anlässlich des bevorstehenden Weihnachtsfestes. Auf dem bei der Pflegeeinrichtung geführten Bargeldkonto der Klägerin befand sich zu diesem Zeitpunkt ein Guthaben von etwa 900,00 EUR.

Mit Bescheid vom 16.12.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.03.2006 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Weihnachtsbeihilfe ab. Für eine solche Beihilfe fehle seit dem 01.01.2005 die gesetzliche Grundlage; das seither geltende SGB XII kenne keine Regelung wie die vormalige Vorschrift des § 21 Abs. 1a Nr. 7 Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Aufwendungen für Feiertage wie z.B. Weihnachten fielen nicht unter den weiteren notwendigen Lebensunterhalt i.S.v. § 35 Abs. 2 Satz 1 SGB XII. Sie seien aus dem gewährten Barbetrag zu bestreiten.

Hiergegen hat die Klägerin am 10.04.2006 Klage erhoben und vorgetragen, nach § 35 Abs. 2 Satz 1 SGB XII umfasse der notwendige weitere Lebensunterhalt "insbesondere" Kleidung und einen angemessenen Barbetrag. Der Barbetrag umfasse nach Satz 2 der Vorschrift (a.F.) "mindestens" 26 vom Hundert des Eckregelsatzes. Der Gesetzeswortlaut ermögliche deshalb, den Barbetrag für den Monat Dezember zu erhöhen; damit bestehe eine Rechtsgrundlage für die Gewährung einer Weihnachtsbeihilfe. Mit Inkrafttreten des SGB XII sei der Barbetrag von 88,80 EUR auf 89,70 EUR und damit jährlich nur um 10,80 EUR erhöht worden; die aus dem Barbetrag bereits zu bestreitenden Ausgaben ließen es nicht zu, aus dem Erhöhungsbetrag von 10,80 EUR Ansparungen für weihnachtliche Aufwendungen vorzunehmen. Einige Bundesländer und etwa die Stadt Düsseldorf gewährten auch weiterhin eine Weihnachtsbeihilfe; dies zeige, dass dort ein entsprechender rechtlicher Spielraum gesehen werde. Der Sonderbedarf für das Weihnachtsfest reduziere das Ermessen der Beklagten auf Null. Eine Nichtgewährung von Weihnachtsbeihilfe schließe sie - die Klägerin - vom gesellschaftlich üblichen Weihnachtskonsum und von der Erfüllung sozialer Verpflichtungen etwa zu Anstandsgeschenken aus und führe damit zu sozialer Isolierung. So habe sie zum Weihnachtsfest weder ihrer Familie ein Anstand und Sitte entsprechendes Weihnachtsgeschenk machen noch sich im Rahmen der Familienbesuche einen Restaurantbesuch leisten können.

Die Klägerin hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,

die Beklagte unter Aufh...

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