Entscheidungsstichwort (Thema)

Kinderzuschlag. Leistungen für Bildung und Teilhabe. Schülerbeförderungskosten. Übernahme der erforderlichen tatsächlichen Aufwendungen durch Dritte. Landesrecht Nordrhein-Westfalen. Übernahme der notwendigen Fahrkosten durch den Schulträger

 

Orientierungssatz

1. Ein Anspruch auf Leistungen nach § 6b Abs 2 BKGG 1996 iVm § 28 Abs 4 SGB 2 besteht dann nicht, wenn bei einem Schulweg, der die zumutbaren Entfernungsgrenzen übersteigt oder einem Kind aus gesundheitlichen Gründen oder wegen einer besonderen Gefährlichkeit nicht zumutbar ist, nach landesrechtlichen Vorschriften der Schulträger die Fahrtkosten übernimmt.

2. Es reicht aus, dass ein anderweitiges Bedarfsdeckungssystem zur Verfügung steht, auch wenn - etwa wegen eines fehlenden Antrags oder wegen Versäumung einer Antragsfrist - Leistungen tatsächlich nicht gezahlt werden.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 29.08.2022; Aktenzeichen B 7 KG 1/22 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Aachen vom 23.08.2021 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Erstattung von Fahrtkosten, die für die Zurücklegung des Schulwegs seiner am 00.00.2006 geborenen Tochter H N von Januar 2020 bis einschließlich Januar 2021 angefallen sind.

Der Kläger und seine Ehefrau sind Eltern von acht Kindern. Der Kläger bezieht u.a. für seine am 00.00.2006 geborene Tochter H Kinderzuschlag nach § 6a BKGG. Die Familie wohnt in einer Wohnung C-Straße 6 in Aachen. H besuchte im streitigen Zeitraum die N1-Montessori-Gesamtschule in Aachen. Der Fußweg von der Wohnung der Familie bis zur Schule beträgt ca. 2,4 Kilometer, mit dem Linienbus benötigt man für den Schulweg 20-30 Minuten.

Am 28.01.2021 beantragte der Kläger rückwirkend ab dem 01.01.2020 die Übernahme von Schülerbeförderungskosten für H. Er fügte dem Antrag Nachweise über Lastschriften des örtlichen Busunternehmens (ASEAG) iHv monatlich 29,80 EUR (Januar 2020 bis Juli 2020) und iHv 30,30 EUR (August 2020 bis Januar 2021) bei. Mit Bescheid vom 01.02.2021 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Der geltend gemachte Bedarf könne nicht als erforderlich iSd §§ 6b BKGG, 28 Abs. 4 SGB II anerkannt werden, da der Schulweg weniger als 3,5 km betrage und auch nach der Schülerfahrtkostenverordnung NRW (SchfkV) nicht als notwendig anerkannt werde. Im Widerspruchsverfahren trug der Kläger vor, die Tochter besuche die nächstgelegene Schule eines weiterführenden Bildungsgangs, sei auf die Schülerbeförderung angewiesen und die Kosten würden von Dritten nicht übernommen. Damit seien die Voraussetzungen des § 28 Abs. 4 SGB II erfüllt. Mit Widerspruchsbescheid vom 07.05.2021 wies die Städteregion Aachen den Widerspruch zurück. Eine Konkretisierung des Begriffs "angewiesen" iSd § 28 Abs. 4 SGB XII erfolge in Nordrhein-Westfalen durch die SchfkV. Nach § 5 Abs. 2 SchfkV entstünden Fahrtkosten notwendig, wenn der Schulweg in der einfachen Entfernung in der Sekundarstufe I mehr als 3,5 km betrage. Der Schulweg von H betrage nur rund 2,3 km. Damit sei sie nicht auf die Beförderung mit öffentlichen Verkehrsmitteln angewiesen.

Gegen diese Entscheidung hat der Kläger am 07.06.2021 Klage erhoben. Die Schülerin müsse den Schulweg bei hohem Verkehrsaufkommen mit einem schweren Schulranzen absolvieren. Das Wetter sei in Aachen sehr regnerisch und oft windig. Es gebe regelmäßig Praktika und Schwimmunterricht. Die Tochter sei deshalb auf eine regelmäßige Nutzung der Schülerbeförderung angewiesen. Außerdem sei § 28 Abs. 4 SGB II durch das StaFamG neu gefasst worden, hieraus ergebe sich, dass Fahrtkosten nach dem SGB II unabhängig von einem Anspruch nach der SchfKV erbracht werden müssten. Zwischen dem Begriff der Notwendigkeit in § 5 SchfkV und dem Begriff des "angewiesen sein" in § 28 Abs. 4 SGB II sei zu unterscheiden.

Der Kläger hat sinngemäß beantragt,

den Bescheid vom 01.02.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.05.2021 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für die Schülerbeförderung seiner Tochter H für den Zeitraum von Januar 2020 bis einschließlich Januar 2021 zu übernehmen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat auf die Begründung des angefochtenen Bescheides verwiesen und ergänzend geltend gemacht, die mit der Klage vorgebrachten Umstände seien nicht geeignet, einen Anspruch auf Übernahme der Schülerbeförderungskosten zu begründen.

Nach entsprechender Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht die Klage durch Gerichtsbescheid vom 23.08.2021 abgewiesen. Es hat sich auf das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 10.01.2019 - L 7 AS 783/15 gestützt.

Gegen den ihm am 25.08.2021 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 10.09.2021 Berufung eingelegt. Er beruft sich nochmals auf die Fassung des § 28 SGB II durch das StaFamG.

Der Kläger hat beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Aachen vom 23.08.2021 zu ändern, den Bescheid vom 01.02.2021 in der ...

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