Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Detmold vom 06.09.2006 wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass dem Kläger Mehrbedarf wegen Behinderung nach § 21 Abs. 4 SGB II für die Zeit vom 01.09.2005 bis 30.11.2005 zu zahlen ist. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers auch im Berufungsverfahren. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf einen Mehrbedarfszuschlag wegen Behinderung nach § 21 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II).

Der am 00.00.1981 geborene Kläger schloss eine Lehre als Maurer mit der Gesellenprüfung ab. Am 03.07.2002 beantragte er bei der Bundesagentur für Arbeit Arbeitslosengeld und gab an, durch ein Wirbelsäulenleiden gesundheitlich eingeschränkt zu sein. Er bezog Arbeitslosengeld bis zur Erschöpfung des Anspruches (27.03.2004).

Zur Feststellung der gesundheitlichen Leistungseinschränkungen des Klägers ließ die Bundesagentur für Arbeit den Kläger durch ihren ärztlichen Dienst begutachten. Nach Untersuchung des Klägers am 08.08.2002 kam Dr. X im Gutachten vom 09.10.2002 zu dem Ergebnis, der Kläger vollschichtig mittelschwere körperliche Tätigkeiten ohne besondere Belastung der Lendenwirbelsäule und der Kniegelenke verrichten Arbeiten und Zwangshaltungen sowie häufiges Bücken und Tragen ohne mechanische Hilfsmittel seien auszuschließen. Mit dem erlernten Beruf als Maurer sei dieses Leistungsprofil nicht in Einklang zu bringen, berufsfördernde Leistungen sollten geprüft werden. Nach einem Aktenvermerk der Bundesagentur für Arbeit wurde das Reha-Verfahren am 14.10.2002 eingeleitet. Die Bundesagentur für Arbeit erteilte dem Kläger einen Bildungsgutschein gemäß § 16 Abs. 1 SGB II iVm § 77 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) für die Teilnahme an einer Umschulung zum Industriekaufmann. Am 04.07.2005 schloss der Kläger einen Ausbildungsvertrag über eine kaufmännische Umschulung mit IHK-Abschluss in der Zeit vom 04.07.2005 bis zum 29.06.2007, an der er bislang teilgenommen hat.

Mit Bescheid vom 29.07.2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 04.07.2005 bis 29.06.2007 Lehrgangskosten und Fahrkosten. Der Bescheid ist überschrieben: "Leistungen für die Teilnahme an einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme - §§ 77, 80, 81 SGB III".

Am 21.07.2005 beantragte der Kläger einen Mehrbedarfszuschlag für Behinderte nach § 21 Abs. 4 SGB II. Mit Bescheid vom 25.08.2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.09.2005 bis 30.11.2005, lehnte aber den Zuschlag nach § 21 Abs. 4 SGB II mit der Begründung ab, der Kläger gehöre nicht zu den zuschlagsberechtigten Behinderten, weil eine drohende Behinderung nicht ausreiche.

Hiergegen legte der Kläger am 07.09.2005 Widerspruch ein. Er wies darauf hin, dass er im Hinblick auf gesundheitliche Einschränkungen an einer Umschulung teilnehme. Der Kläger legte ein Schreiben der Bundesagentur für Arbeit vom 23.09.2005 vor, in dem ihm bescheinigt wird, er nehme an einer Maßnahme zur Teilnahme am Arbeitsleben im Sinne des § 33 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) teil. Mit Widerspruchsbescheid vom 06.10.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Mehrbedarfszuschlag nach § 21 Abs. 4 SGB II setze die tatsächliche Erbringung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben im Sinne von § 33 SGB IX voraus. Nach dem Bewilligungsbescheid vom 29.07.2005 würden dem Kläger jedoch Leistungen auf der Grundlage von §§ 77, 80, 81 SGB III erbracht. Die Voraussetzungen für die Gewährung des Mehrbedarfes seien somit nicht erfüllt.

Mit der am 25.10.2005 erhobenen Klage hat der Kläger sich auf die Bescheinigung seines bei der Bundesagentur für Arbeit für ihn zuständigen Reha-Beraters berufen. Das Sozialgericht hat von diesem eine schriftliche Auskunft vom 27.02.2006 eingeholt, auf deren Inhalt Bezug genommen wird.

Nach vorheriger Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht durch Gerichtsbescheid vom 06.09.2006 entschieden. Es hat den Bescheid der Beklagten vom 25.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.10.2005 abgeändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger auf seinen Antrag vom 11.08.2005 einen Mehrbedarf wegen Behinderung nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu gewähren. Nach den im ärztlichen Gutachten vom 09.10.2002 festgestellten Gesundheitsstörungen habe der Kläger Anspruch auf Hilfen zur Teilhabe am Arbeitsleben und seine kaufmännische Umschulung werde als berufliche Rehabilitationsmaßnahme gefördert.

Gegen den ihr am 14.09.2006 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die vom Sozialgericht zugelassene Berufung der Beklagten vom 12.10.2006, mit der sie geltend macht, der angefochtene Gerichtsbescheid widerspreche dem eindeutigen Gesetzeswortlaut von § 21 Abs. 4 SGB II, der ausschließlich auf § 33 SGB IX verweise.

In der mündlichen Verhandlung des Senats h...

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