Entscheidungsstichwort (Thema)

Auferlegung von Verschuldenskosten bei missbräuchlicher Rechtsverfolgung - Höhe

 

Orientierungssatz

1. Das Gericht kann dem Kläger nach § 192 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG Verschuldenskosten bei missbräuchlicher Rechtsverfolgung auferlegen. Ein Missbrauch ist u. a. dann anzunehmen, wenn die Klage oder das Rechtsmittel offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist und die Erhebung der Klage oder das Rechtsmittel offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist und die Erhebung der Klage oder die Einlegung des Rechtsmittels von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss (BVerfG Beschluss vom 19. 12. 2002, 2 BvR 1255/02).

2. Die Auferlegung verursachter Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren in Höhe von 1.000.- €. ist angemessen.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 23.02.2022; Aktenzeichen B 5 R 316/21 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 18.02.2021 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Dem Kläger werden Verschuldenskosten in Höhe von 1.000,00 EUR auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigung von Beitragszahlungen des Klägers an die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (bzw. deren Rechtsvorgängerin) im Zeitraum vom 01.07.1993 bis 30.10.2000 als Beitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung.

Der Kläger ist im Jahr 1959 geboren und nach eigenen Angaben gelernter Gärtner. Aktenkundig sind Beitragszeiten in der Arbeiterrentenversicherung, der Angestelltenversicherung und der allgemeinen Rentenversicherung im Zeitraum vom 01.01.1975 bis 30.06.1993 und vom 01.11.2000 bis zum 31.12.2019. Beitragszeiten im System der Alterssicherung der Landwirte (Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte [ALG] bzw. vor dem 01.01.1995 nach dem Gesetz über die Altershilfe für Landwirte [GAL]) hat der Kläger im Zeitraum vom 01.07.1993 bis 31.10.2000 zurückgelegt.

Am 28.11.2018 stellte der Kläger einen Antrag auf Kontenklärung und bat um Anerkennung der Zeit vom 01.07.1993 bis zum 31.10.2000 als Pflichtbeitragszeit zur Erfüllung der Wartezeit der Altersrente für besonders langjährig Versicherte (Wartezeit von 45 Jahren). Mit Bescheid vom 23.03.2020 lehnte die Beklagte die Anerkennung der Zeit vom 01.07.1993 bis 30.10.2000 als Beitragszeit ab, da nach dem seinerzeit geltenden Recht Versicherungspflicht in der Rentenversicherung nicht bestanden habe oder bestanden hätte und deshalb Beiträge nicht gezahlt worden seien. Pflichtbeitragszeiten zur Alterssicherung der Landwirte nach dem ALG bzw. GAL seien nicht auf die Wartezeit von 45 Jahren anrechenbar.

Der Kläger erhob Widerspruch. Die Nichtanrechnung der Zeiten sei verfassungswidrig, gegenteilige Rechtsprechung sei nicht nachvollziehbar. Aus anderen Regelungen ergebe sich, dass eine Anrechnung der Pflichtbeitragszeiten der gesetzlichen Rentenversicherung in andere Rentenleistungen erfolge. Darin liege eine Ungleichbehandlung. Mit Widerspruchsbescheid vom 17.08.2020 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Eine Anrechnung der Beitragszeiten nach dem ALG bzw. GAL für die Wartezeit von 45 Jahren sei gemäß § 51 Abs. 3a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) für eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte ausgeschlossen. Die Beklagte verwies auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 22. Februar 1990 - 4 RA 62/89 -, SozR 3-2200 § 1246 Nr. 3; BSG, Urteil vom 27. Juni 1990 - 5 RJ 19/89 -, SozR 3-2200 § 1246 Nr. 6; BSG, Urteil vom 06. Februar 2003 - B 13 RJ 17/02 R -, BSGE 90, 286-289, SozR 4-2600 § 55 Nr. 1; BSG, Urteil vom 19. Mai 2004 - B 13 RJ 4/04 R).

Hiergegen hat der Kläger am 15.09.2020 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Detmold erhoben. Der Kläger hat sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt.

Der Kläger hat in der Auslegung des SG beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23.03.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.08.2020 zu verurteilen, dem Kläger eine Rente für besonders langjährig Versicherte nach den gesetzlichen Vorschriften zu zahlen.

Die Beklagte hat sinngemäß beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beteiligten haben mit Erklärungen vom 02.02.2021 und 05.02.2021 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des SG ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 18.02.2021 hat das SG die Klage abgewiesen. Die zulässige Klage sei nicht begründet. Die durch den Kläger im streitigen Zeitraum vom 01.07.1993 bis 30.10.2000 in der Alterssicherung der Landwirte zurückgelegten Zeiten seien keine Beitragszeiten im Sinne des § 55 Abs. 1 S. 1 SGB VI. Im Ergebnis seien nur Beitragszahlungen erfasst, deren Zahlungspflicht sich aus dem SGB VI ergebe. Dies folge schon aus der Systematik des Gesetzes. Eine abweichende Regelung im Zusammenhang mit der Neuregelung der Altersrente für besonders langjährig Versicherte sei nicht geschaffen worden....

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