Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine GmbH in Auflösung für ein Klageverfahren gegen eine Beitragsnachforderung des Rentenversicherungsträgers

 

Orientierungssatz

1. Eine GmbH ist als juristische Person fähig, nach § 70 Nr. 1 SGG am Verfahren beteiligt zu sein. Bei deren Vermögenslosigkeit endet die Beteiligtenfähigkeit erst mit der Löschung der GmbH.

2. Wehrt sich eine GmbH vor deren Löschung gegen eine Beitragsnachforderung des Rentenversicherungsträgers, so reicht für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe die Glaubhaftmachung von Vermögenslosigkeit seitens der GmbH nicht aus. Erforderlich hierzu ist auch der Nachweis von Einkommens- und Vermögenslosigkeit der Gesellschafter der GmbH.

3. Zur Bewilligung von PKH muss bei einer GmbH nach § 116 S, 1 Nr. 2 ZPO die Unterlassung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen. Ist die Gesellschaft nicht mehr werbend tätig, so fehlen Anhaltspunkte dafür, dass der Bestand von Arbeitsverhältnissen vom Ausgang des zugrunde liegenden Verfahrens abhängt.

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 4.2.2010 wird zurückgewiesen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Klägerin, die in der Rechtsform der GmbH eine Spedition betrieb, wehrt sich gegen eine Beitragsnachforderung der Beklagten in Höhe von 4.566,45 EUR im Anschluss an eine Betriebsprüfung (Bescheid v. 18.5.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides v. 3.6.2009). Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin wurde mangels Masse abgelehnt (Beschluss des Amtsgerichts [AG] Bielefeld v. 10.10.2006, 43 IN 1503/05, rkr.). Eine Löschung ist bislang nicht erfolgt, da das Finanzamt C ihr vorerst bis zum 31.12.2010 widersprochen hat (Auskunft des AG Bad Oeynhausen v. 2.3.2010).

Das Sozialgericht (SG) hat den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Klageverfahren abgelehnt (Beschluss v. 4.2.2010). Es hat sinngemäß ausgeführt: Die Klage habe keine Aussicht auf Erfolg. Die Klägerin sei nach § 60 Abs. 1 Nr. 5 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) mit Rechtskraft des Beschlusses über die Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelöst. Sie könne daher nach § 394 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG), der Nachfolgevorschrift der vom SG noch herangezogenen Bestimmung des § 141a des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG), gelöscht werden. Eine Prozessführungsbefugnis der Klägerin bestehe vor diesem Hintergrund nur für Verfahren aus Forderungen, aus denen sich positives Vermögen ergeben könne. Das sei hier jedoch nicht der Fall.

Gegen den ihr am 23.3.2010 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 13.4.2010 Beschwerde erhoben. Sie trägt vor: Der Antrag auf PKH solle eine rechtsanwaltliche Vertretung ermöglichen. Diese werde zu einem vollen Klageerfolg führen. Die Beklagte tritt der Beschwerde entgegen. Sie teilt die tragenden Gründe des angefochtenen Beschluss in vollem Umfang.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Bewilligung von PKH.

Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Als juristische Person muss die Klägerin darüber hinaus die Voraussetzungen des § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO erfüllen. Danach müssen neben ihr selbst auch die am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten außerstande sein, die Kosten aufzubringen. Zudem muss die Unterlassung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen.

Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt.

1. Entgegen der Ansicht des SG scheitert die Bewilligung von PKH allerdings nicht schon daran, dass die Klägerin durch Beschluss des AG Bielefeld aufgelöst ist.

a) Die Klägerin ist als juristische Person fähig, am Verfahren beteiligt zu sein (§ 70 Nr. 1 SGG). Nicht schon die Auflösung, sondern erst die Vollbeendigung führt zum Verlust der Beteiligtenfähigkeit. Die Vollbeendigung setzt nach zutreffender Auffassung, der sich der Senat anschließt, neben der Vermögenslosigkeit auch die Löschung der GmbH voraus (vgl. BAG, Urteil v. 4.6.2003, 10 AZR 448/02, DB 2003, 2659; OLG Düsseldorf, Urteil v. 14.11.2003, I-16 U 95/98, 16 U 95/98, ZIP 2004, 1956; OLG Koblenz, Urteil v. 9.3.2007, 8 U 228/06, ZIP 2007, 2166; jeweils m.w.N.). Die vom SG für seine gegenteilige Auffassung in Anspruch genommene Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts (Urteil v. 12.1.1995, 3 Z BR 314/94, NJW-RR 1996, 417) betr...

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