Entscheidungsstichwort (Thema)

Übernahme von Weiterbildungskosten durch den Grundsicherungsträger

 

Orientierungssatz

1. Die Übernahme von Weiterbildungskosten steht nach §§ 16 Abs. 1 S. 2 SGB 2, 77 Abs. 1 SGB 3 im pflichtgemäßen Ermessen des Grundsicherungsträgers. Ein geltend gemachter Anspruch auf Bewilligung einer ganz bestimmten Weiterbildungsmaßnahme setzt daher voraus, dass das Ermessen des Leistungsträgers auf Null reduziert ist, also keine andere Entscheidung als die Bewilligung der beantragten Maßnahme rechtmäßig ist.

2. Ist sowohl aufgrund vorhandener gutachterlicher Beurteilungen als auch aufgrund des Verhaltens des Antragstellers in der mündlichen Verhandlung nicht erkennbar, dass die begehrte Weiterbildung zur Eingliederung notwendig ist, so kann das Gericht ohne weitere Begutachtung des Klägers entscheiden.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 10. Mai 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Übernahme der Kosten für eine berufliche Weiterbildung (systemische Familientherapie) mit DGSF-Anerkennung.

Die 1960 geborene Klägerin erwarb im Jahr 2004 einen Abschluss in Sozialpädagogik. Sie ist hilfebedürftig und bezieht laufende Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Auf ihren Antrag bewilligte ihr der Beklagte im Dezember 2006 eine Weiterbildungsmaßnahme Systemische Familientherapie. Nach Ausschulung durch den Bildungsträger und einen zivilrechtlichen Erfolg der Klägerin in dieser Angelegenheit kam es am 22. Juni 2007 zu einer psychologischen Begutachtung über die Klägerin und schließlich zu einer Aufhebung der Bewilligung durch den Beklagen, die bestandskräftig wurde. Am 4. März 2008 beantragte die Klägerin erneut die Übernahme der Kosten einer Weiterbildungsmaßnahme Systemische Familientherapie.

Dies lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 1. April 2009 ab. Hiergegen legte die Klägerin am 8. April 2009 Widerspruch ein. Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 5. Mai 2009 zurück. Die in § 16 SGB II in Verbindung mit § 77 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) geforderten Voraussetzungen lägen nicht vor. Die Notwendigkeit der Förderung einer Weiterbildungsmaßnahme sei nicht gegeben. Die Teilnahme an der beantragten Bildungsmaßnahme würde die Integrationschancen der Klägerin nicht erhöhen, denn nach der Begutachtung sei sie nicht geeignet für die Weiterbildungsmaßnahme.

Hiergegen hat die Klägerin am 12. Mai 2009 Klage erhoben. Die ursprüngliche Bewilligung zeige die Notwendigkeit der angestrebten Maßnahme auch aus Sicht des Beklagten. Die unrechtmäßige Ausschulung habe ihr eine Eingliederungschance genommen, die bei etwa 90 Prozent liege. Die psychologische Begutachtung von 2007 sei wertlos.

Der Psychologische Dienst der Agentur für Arbeit Hamburg hat die Klägerin am 5. Juni 2009 erneut begutachtet und am 10. Juni 2009 ein Gutachten darüber erstellt. Eine Eignung als Familientherapeutin sei nicht erkennbar.

Mit Gerichtsbescheid vom 10. Mai 2010 hat das Sozialgericht Hamburg die Klage abgewiesen. Fördervoraussetzung sei unter anderem eine positive Beschäftigungsprognose. Es müsse zu erwarten sein, dass die Eingliederungschancen nach Abschluss der Maßnahme erheblich verbessert seien, und es müsse die begründete Aussicht bestehen, dass dem Antragsteller infolge der Maßnahme ein angemessener Dauerarbeitsplatz verschafft werden könne. Hinsichtlich dieser Prognoseentscheidung steht dem Leistungsträger ein Beurteilungsspielraum zu, der seitens der Gerichte nur beschränkt überprüfbar ist. Nur wenn die (tatbestandlichen) Voraussetzungen nach § 77 Abs. 1 SGB III vorlägen, habe die Behörde auf der Rechtsfolgenseite ihr pflichtgemäßes Ermessen auszuüben, ob die Teilnahme an einer Maßnahme und, wenn ja, welche und in welchem Umfang, gefördert werde. Die von dem Beklagten getroffene Prognoseentscheidung weise keine Fehler auf. Der Beklagte habe seine Prognose nachvollziehbar begründet. Dies werde gestützt durch die Einschätzung des Psychologischen Dienstes der Agentur für Arbeit vom 10. Juni 2009, wonach die Klägerin nicht als Familientherapeutin geeignet sei. Dass sich die Beklagte in ihrem Widerspruchsbescheid auf das Gutachten des Psychologischen Dienstes vom 22. Juni 2007 stütze, sei vor dem Hintergrund des psychologischen Gutachtens vom 10. Juni 2009 unerheblich, weil hierin festgestellt wird, "dass sich in der Persönlichkeit und dem Verhaltensrepertoire der Klägerin seit der letzten Begutachtung nichts geändert hat, was nun auf die Eignung einer Familientherapeutin hinweisen könnte". Beide Gutachten würde ihre Feststellungen auf einer nachvollziehbaren und plausiblen Tatsachengrundlage mit ebenso nachvollziehbarer und plausibler Begründung treffen. Es sei von der Klägerin nichts von Substanz hiergegen vorgebracht worden und auch sonst nichts ersichtlich, was das gefundene Ergebnis erschüttere. Im Übrigen stehe d...

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