Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren: Anforderungen an einen ordnungsgemäßen Beweisantrag im Rechtsstreit um eine Erwerbsunfähigkeit. Anhörung. Sachverständiger

 

Orientierungssatz

1. Ein ordnungsgemäßer Beweisantrag im sozialgerichtlichen Verfahren setzt die Benennung eines konkreten Beweisthemas voraus. Allein der Antrag im Streit um das Vorliegen einer Erwerbsunfähigkeit, es möge von Amts wegen ein (weiteres) medizinisches Gutachten eingeholt werden, genügt diesen Anforderungen an einen ordnungsgemäßen Beweisantrag nicht.

2. Ein Anspruch auf (schriftliche oder mündliche) Befragung eines Sachverständigen durch den Beteiligten eines Sozialrechtsstreits setzt voraus, dass der Beteiligte den aus seiner Sicht erläuterungsbedürftigen Punkt des erstellten Sachverständigengutachtens konkret benennt, etwa indem er dazu vorträgt, dass die im Gutachten enthaltenen Schilderungen der durchgeführten Untersuchungen unzutreffend seien oder er den dabei gewonnenen Untersuchungsergebnissen inhaltlich substanziiert entgegentritt.

3. Einzelfall zur Bewertung einer Erwerbsunfähigkeit bei einer Erkrankung der Wirbelsäule.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 23. Oktober 2009 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Er beantragte am 24. Oktober 2002 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung und gab an, er sei zuletzt von 1990 bis April 2002 selbstständiger Handelsvertreter gewesen. Auf Veranlassung des Arbeitsamtes war der Kläger im Juli 2002 ärztlich untersucht worden. Die Ärztin hielt hierzu fest, der Kläger sei täglich nur 1 bis 2 Stunden für leichte Arbeiten erwerbsfähig, er leide an Verschleißerscheinungen der HWS und LWS mit anhaltenden Schmerzen und einer Abnutzung des linken Kniegelenkes, mit einer Besserung sei nicht zu rechnen.

Auf Veranlassung der Beklagten erstellte der Facharzt für Orthopädie Dr. W am 29. November 2002 ein Gutachten, in welchem er zu der Einschätzung gelangte, eine quantitative Einschränkung der Leistungsfähigkeit bestehe nicht. In qualitativer Hinsicht sollte das Heben und Tragen über 10 Kg vermieden werden. Es sollte ein Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen erfolgen. Es sollten einseitige körperliche Belastungen, Arbeiten im Knien, bzw. Hockstellungen, Überkopfarbeiten oder statische Zwangshaltungen vermieden werden.

Mit Bescheid vom 6. Januar 2003 lehnte die Beklagte unter Bezugnahme auf die Begutachtung den klägerischen Antrag ab. Auf den Widerspruch des Klägers holte sie Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte ein und ließ durch die Nervenärztin Dr. L ein weiteres Gutachten erstellen, in welchem diese eine ambulante Psychotherapie empfahl und zu der Einschätzung gelangte, der Kläger sei vollschichtig leistungsfähig.

Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Oktober 2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, der Kläger sei unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes und in seinem bisherigen Beruf als Handelsvertreter in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Mit seiner am 28. Oktober 2003 erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Das Sozialgericht hat Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte und ein Gutachten der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie sowie für Psychotherapie Dr. P eingeholt. Im Gutachten vom 26. August 2005 ist diese zu der Einschätzung gelangt, der Kläger simuliere und aggraviere eindeutig. Er könne leichte körperliche Arbeiten mindestens acht Stunden täglich verrichten. Das Sozialgericht hat weiterhin ein Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. H eingeholt. In seinem Gutachten vom 12. März 2008 ist dieser zu der Einschätzung gelangt, der Kläger könne körperlich leichte Arbeiten im Rahmen einer vollen täglichen Arbeitszeit von 8 Stunden ausführen. Dem Gutachten der Sachverständigen Dr. P folge er insofern nicht, als er eine bewusste Simulation ausschließe. Die geltend gemachte chronische Schmerzstörung könne er nicht bestätigen.

Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG hat das Sozialgericht den Facharzt für Orthopädie Dr. K mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. In seinem Gutachten vom 10. März 2009 ist der Sachverständige zu der Einschätzung gelangt, der Kläger verfüge über ein Leistungsvermögen für die volle übliche tägliche Arbeitszeit von mindestens acht Stunden für körperlich leichte Arbeiten. Auf den Einwand des Klägers, der Sachverständige solle zu einer möglichen Personenverwechslung befragt, hilfsweise zur mündlichen Verhandlung geladen werden, hat das Sozialgericht mitgeteilt, der Sachverständige sei verstorben.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 23. Oktober 2009 hat der Kläger beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 6. Januar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober 2003 aufzuheb...

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