Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch des Versicherten auf Rente wegen voller Erwerbsminderung

 

Orientierungssatz

1. Ist das Leistungsvermögen des Versicherten allein in qualitativer Hinsicht eingeschränkt, als dieser ausschließlich schwere körperliche Tätigkeiten nicht mehr verrichten kann, weniger schwere aber noch mindestens sechs Stunden arbeitstäglich, so besteht kein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung.

2. Der Ausschluss lediglich schwerer Arbeiten stellt keine schwerwiegende spezifische Leistungseinschränkung oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen dar, die unabhängig von quantitativen Einschränkungen dazu führen würden, dass bei Nichtbenennung einer konkreten Verweisungstätigkeit Erwerbsminderung anzunehmen wäre.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 8. Dezember 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Der 1961 geborene Kläger erlernte die Berufe eines Elektromonteurs und Gaststättenfacharbeiters. Er war als Elektriker, Büfettier, Kraftfahrer und selbständiger Bauunternehmer beschäftigt. Im Jahre 2000 beendete er die letztgenannte Tätigkeit. Im Mai 2001 unterzog er sich einer beidseitigen Leistenbruchoperation und ist seitdem arbeitsunfähig. Er bezieht seit dem 1. Januar 2005 Leistungen nach dem SGB II.

Am 13. November 2008 stellte der Kläger bei der Beklagten unter Beifügung eines Gutachtens des Oberarztes für Chirurgie des Vivantes-Klinikums S vom 3. August 2004 und Nachreichung eines Gutachtens von Dr. K vom Ärztlichen Dienst der Agentur für Arbeit vom 4. Januar 2009 einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Diesen lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 25. Februar 2009 unter Bezugnahme auf das Gutachten der Fachärztin für Innere Medizin Dr. F vom 10. Februar 2009 ab. Hiergegen legte der Kläger am 23. März 2009 Widerspruch ein. Diesen wies die Beklagte, nachdem sie einen Befundbericht des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. P eingeholt hatte, mit Widerspruchsbescheid vom 27. Oktober 2009 mit der Begründung zurück, der Kläger könne noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein.

Mit der am 23. November 2009 beim Sozialgericht Potsdam eingelegten Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Aus dem Gesamtbild der festzustellenden Krankheiten ergebe sich eine vollständige bzw. teilweise Minderung der Erwerbstätigkeit. Das Gericht hat Befundberichte des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Z, des Facharztes für Chirurgie Dr. K und des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. P eingeholt. Weiterhin sind aufgrund richterlicher Beweisanordnungen am 17. April 2011 durch den Arzt für Psychiatrie und Neurologie Dr. T und am 11. Oktober 2011 durch die Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. T medizinische Sachverständigengutachten erstattet worden. Dr. T ist zu der Einschätzung gelangt, bei dem Kläger bestehe eine Anpassungsstörung aufgrund eines heftigen Schmerzsyndroms in der Leistenregion und ein schädigender Gebrauch von Alkohol. Dr. T diagnostizierte eine Schmerzchronifizierung Stadium III nach Gerbershagen nach Leistenbruch nach Shouldice beidseits im Mai 2001, einen Verdacht auf Somatisierungsstörung, ein chronisches Lumbalsyndrom mit leichten degenerativen Veränderungen, eine initiale retropatellare Knorpelschädigung, ein rezidivierendes Zervikalsyndrom, eine Spinalstenose und Bandscheibenwölbung sowie eine Anpassungsstörung. Der Kläger sei trotz dieser gesundheitlichen Einschränkungen quantitativ in der Lage, vollschichtig erwerbstätig zu sein. Es bestünden bestimmte qualitative Leistungseinschränkungen. Besonderheiten hinsichtlich des Weges zur Arbeitsstätte seien nicht zu berücksichtigen.

Mit Urteil vom 8. Dezember 2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert.

Gegen dieses ihm 19. Januar 2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20. Februar 2012 Berufung zum Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt.

Der Senat hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts den Facharzt für Orthopädie, Rheumatologie Prof. Dr. S mit der Erstattung eines medizinischen Sachverständigengutachtens beauftragt, welches dieser am 29. Oktober 2012 erstellte. Darin ist er zu der Einschätzung gelangt, dass zeitliche Leistungseinschränkungen nicht vorliegen.

Der Kläger meint, ihm stehe aufgrund seiner gesundheitsbedingten Einschränkungen eine Rente wegen Erwerbsminderung zu. Seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen seien nicht entsprechend seiner empfundenen Schmerzintensität berücksichtigt worden. Er sei weder körperlich noch psychisch für leichte Tätigkeiten belastbar. Bereits einfachste sportliche Anstrengungen seien nicht möglich.

Der Kläger beantragt zuletzt,

das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 8. Dezember 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bes...

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