Entscheidungsstichwort (Thema)

Berechnung der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Gesamtleistungsbewertung. Bewertung von beitragsfreien Zeiten. Hochschulausbildung. Weiterbildungsmaßnahme. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

1. Es ist verfassungsgemäß, dass Anrechnungszeiten wegen einer Hochschulausbildung von der Gesamtleistungsbewertung in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 74 S 4 SGB 6 iVm der Übergangsvorschrift des § 263 Abs 3 SGB 6, unabhängig davon, ob der Abschluss in den alten oder neuen Bundesländern erworben wurde, ausgenommen werden.

2. Es verstößt ebenfalls nicht gegen das GG, dass durch eine Weiterbildungsmaßnahme bei alleiniger Entrichtung der Rentenversicherungsbeiträge durch den Leistungsträger in der Zeit vom 1.1.1984 bis 31.12.1991 lediglich Anrechnungszeiten nach § 252 Abs 2 SGB 6 und keine Beitragszeiten iS des § 247 Abs 1 SGB 6 entstehen.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 04.05.2023; Aktenzeichen B 5 R 30/23 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 28. Januar 2021 und vom 26. Mai 2021 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Bewertung einer Fachhochschulausbildung des Klägers vom 1. Oktober 1983 bis 30. September 1986 und um die Anerkennung einer von der Bundesanstalt für Arbeit finanzierten Weiterbildung in der Zeit vom 17. August 1987 bis 16. Juni 1988 als Beitragszeit.

Mit Bescheid vom 18. Januar 2018 gewährte die Beklagte dem Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 1. November 2017.

Am 23. März 2020 beantragte der Kläger die Neuberechnung der Erwerbsminderungsrente ab dem 1. November 2017. Zur Begründung führte er aus, seine Hochschulausbildung vom 1. Oktober 1983 bis 26. September 1986 sei zu Unrecht nicht berücksichtigt worden. Fachschulstudiengänge würden mit Rentenpunkten belegt, Hochschulausbildungen jedoch nicht. Er habe nachweislich als Diplom-Betriebswirt gearbeitet. Ebenso fehle die Berücksichtigung der Weiterbildungszeit vom 17. August 1987 bis 16. Juni 1988. Die Weiterbildung sei komplett von der Agentur für Arbeit bezahlt worden und es seien Sozialversicherungsbeiträge abgeführt worden. Es seien daher anteilige Rentenpunkte zu berücksichtigen.

Mit Bescheid vom 28. April 2020 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 18. Januar 2018 mit der Begründung ab, dass eine Überprüfung ergeben habe, dass weder das Recht unrichtig angewendet worden sei, noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Alle nachgewiesenen beziehungsweise glaubhaft gemachten Beitragszeiten, Ersatzzeiten und Anrechnungszeiten seien zutreffend berücksichtigt worden.

Mit seinem Widerspruch vom 5. Mai 2020 machte der Kläger geltend, in den alten Bundesländern seien ab August 1971 Fachschulen zu Fachhochschulen aufgewertet worden, was mit dem Einigungsvertrag 1990 für ostdeutsche Absolventen nochmals begründet worden sei. Wer seinen Fachhochschulabschluss vor August 1971 gemacht habe, habe also eigentlich einen Fachschulabschluss. Bei Beamten würden diese Zeiten teilweise noch anerkannt.

Mit Widerspruchsbescheides vom 1. Juli 2020 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Anerkennung der Zeit vom 17. August 1987 bis 16. Juni 1988 als Beitragszeit komme nicht in Betracht. Beitragszeiten seien nach § 247 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Zeiten, für die in der Zeit vom 1. Januar 1984 bis 31. Dezember 1991 für Anrechnungszeiten Beiträge gezahlt worden seien, die der Versicherte ganz oder teilweise getragen habe. Die von der Agentur für Arbeit finanzierte Maßnahme sei bereits als Anrechnungszeit wegen schulischer Ausbildung anerkannt worden. Die Anerkennung als Beitragszeit könne nicht erfolgen, weil Beitragszahlungen durch den Kläger nicht nachgewiesen seien. Bei Tragung der Beiträge allein durch den Leistungsträger würden keine Beitragszahlungen vorliegen.

Am 7. Juli 2020 hat der Kläger hiergegen Klage erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, die Weiterbildung sei als Beitragszeit zu berücksichtigen, weil die Arbeitsagentur dafür Beiträge entrichtet habe. Der Einigungsvertrag von 1990 ermögliche es Fachschulstudium-Absolventen aus den neuen Bundesländern, ihre Zeiten mit Rentenpunkten anerkannt zu bekommen. Dies müsse auch für Absolventen aus den alten Bundesländern gelten.

Mit Gerichtbescheid vom 28. Januar 2021 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Abänderung des Rentenbescheides nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Das Recht sei nicht unrichtig angewandt worden und es sei auch nicht von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden. Die geltend gemachte Zeit vom 17. August 1987 bis 16. Juni 1988 sei nicht als Beitragszeit zu berücksichtigen. Die Beklagte habe zutreffend im angefochtenen Bescheid vom 28. April 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Juli 2020 dargelegt, dass und a...

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