Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Hilfe bei Krankheit. private Krankenversicherung. Zuzahlungen - Bestandteil des Regelsatzes

 

Orientierungssatz

1. Im Rahmen der Hilfe bei Krankheit gemäß § 48 SGB XII ist der Bedarf nur in dem Umfang zu decken, in dem Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung nach den Vorschriften des SGB V gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung Ansprüche haben.

2. Zuzahlungen nach den Vorschriften des SGB V gehören nach den Regelungen des SGB XII und des SGB II zu den Kosten des Lebensunterhaltes. Sie sind bereits (bis zur Belastungsgrenze) im Regelsatz als Kosten für die Gesundheitspflege nach § 41 SGB XII i.V.m. § 28 SGB XII eingestellt (Vergleiche LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 01. Februar 2007 - L 7 SO 4267/05).

3. Es begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass Empfänger von Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII aus dem Regelsatz Zuzahlungen zu leisten haben (Vergleiche BSG, Urteil vom 22. April 2008 - B 1 KR 10/07 R).

4. Es fehlt an einer gesetzlichen Grundlage, laufende Leistungen nach dem SGB XII wegen zu leistender Zuzahlungen im Hinblick auf zu übernehmende Kosten für Krankenbehandlung pauschal zu kürzen.

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 07. April 2008 aufgehoben und dem Kläger für das Klageverfahren vor dem Sozialgericht - Aktenzeichen: S 49 SO 2309/06 - Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt F B, Cstraße, B, beigeordnet.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der Kläger begehrt in der Hauptsache von dem Beklagten die Gewährung von höheren Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung.

Der Kläger bezog bis zum 31. Dezember 2004 von dem Beklagten Leistungen, seit dem 01. Januar 2005 Leistungen zum Lebensunterhalt. Seit Januar 2006 bezieht der Kläger Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach § 42 ff. Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - SGB XII - von dem Beklagten. Er ist bei der AAG privat krankenversichert und hatte ab 01. Januar 2006 einen monatlichen Tarifbeitrag in Höhe von 542,34 € zu leisten. Bei der Ermittlung des Bedarfs berücksichtigte der Beklagte den monatlichen Beitrag zur Krankenversicherung in Höhe von 542,34 €, einen Mehrbedarf nach § 42 Nr. 3 SGB XII wegen Erwerbsunfähigkeit und einen solchen wegen kostenaufwendiger Ernährung. Weiterhin übernahm der Beklagte die weiteren Krankenkosten, die von der privaten Krankenversicherung wegen einer vertraglichen Selbstbeteiligungsregelung nicht zu übernehmen waren.

Mit Bescheid vom 16. März 2006 stellte der Beklagte die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei dauerhafter Erwerbsminderung ab dem 01. März 2006 neu fest. Er führte aus, die Beiträge für die private Krankenversicherung würden aus den Mitteln der Grundsicherung getragen. Das Krankenversicherungsunternehmen habe die Leistungen für das Jahr 2006 um einen so genannten Selbstbehalt in Höhe von 33,00 € gekürzt. Diese Eigenbeteiligung könne aus Mitteln der Grundsicherung nicht übernommen werden, weil auch dem Kläger zugemutet werden müsse, sich an den Kosten der Krankenversicherung jährlich in Höhe von bis zu 1 % seines Einkommens (bei chronischen Erkrankungen), also in Höhe von 41,40 €, zu beteiligen. Der Selbstbehalt liege hinsichtlich der Höhe unter dieser Summe. Da er, der Beklagte, für alle Arzt- und Arzneimittelrechnungen in Vorleistung getreten sei, habe er die Einbehaltung vorgenommen, und zwar in Höhe von 11,00 € für drei Monate. Dem Bescheid lagen Berechnungsbögen für die Monate März bis Mai 2006 bei, aus denen hervorgeht, dass von den errechneten Bedarfsleistungen für diese Monate jeweils 11,00 € abgezogen wurden.

Der Kläger erhob mit Schreiben vom 01. April 2006 Widerspruch und verwies auf den Bescheid des Beklagten vom 19. April 2004, nach dem er von jeder Zuzahlung befrei sei. In dem angefochtenen Bescheid fehle jegliche Angabe darüber, ob und ggf. wann sich die Rechtslage geändert habe. Zudem seien die genannten 33,00 € nur ein Teilbetrag des jährlichen Selbstbehaltes der A AG in Höhe von 700,00 € und stellten keinen Anteil für Zahlungen dar. Der jährliche Selbstbehalt im Rahmen des Krankenversicherungsschutzes sei seit Beginn des Leistungsbezuges anerkannt und auch vollständig übernommen worden. Aufgabe der Grundsicherung sei zudem nicht die Gleichstellung mit Sozialhilfeempfängern, sondern vielmehr nur eine Benennung der Kostenträger, die für das Existenzminimum aufkommen müssten. Er beantragte, den Betrag von 33,00 € zu überweisen.

Mit Schreiben vom 04. Mai 2006 unterrichtete der Beklagte den Kläger davon, dass die private Krankenkasse ihm einen kostengünstigeren Tarif anbieten müsse, der den Leistungsinhalten der gesetzlichen Krankenkasse entspräche und forderte den Kläger auf, unverzüglich die Umstellung des Tarifes bei seiner Versicherung zu beantragen. Der Kläger teilte daraufhin mit, dass er zum 01. Juni 2006 den Tarif bei seiner Versicherung gewechselt habe, und übersandte ...

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