Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Ordnungsgeldverfahren. Fristversäumnis eines Sachverständigen. Verpflichtung zur Erstattung eines Gutachtens. Nachfrist. Justizgewährungsanspruch der Beteiligten. Höhe des zu verhängenden Ordnungsgeldes. Kostenentscheidung

 

Orientierungssatz

Die Entscheidung der Verhängung eines zuvor angedrohten Ordnungsgeldes gegen einen Sachverständigen nach Fristsetzung und fruchtlosem Ablauf einer Nachfrist, wenn der Sachverständige seiner Verpflichtung zur Erstattung eines Gutachtens bis dahin nicht nachgekommen ist, hat sich an der Schwere der Pflichtverletzung und der Bedeutung des Gutachtens für die Entscheidung zu orientieren.

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 31. August 2010 wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

 

Gründe

Die gemäß §§ 172, 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Der Ordnungsgeldbeschluss des Sozialgerichts Berlin vom 31. August 2010 ist nicht zu beanstanden.

Gemäß § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 411 Abs. 1 und 2 der Zivilprozessordnung kann gegen einen Sachverständigen nach Fristsetzung und fruchtlosem Ablauf einer Nachfrist ein zuvor angedrohtes Ordnungsgeld verhängt werden, wenn der Sachverständige seiner Verpflichtung zur Erstattung eines Gutachtens bis dahin nicht nachgekommen ist. Ein solcher Fall liegt hier vor.

Der Beschwerdeführer wurde mit Beweisanordnung vom 15. März 2010 zur Erstattung eines Gutachtens verpflichtet. Ihm wurde eine Frist zur Abgabe des Gutachtens von zwei Monaten gesetzt. Nach fruchtlosem Fristablauf setzte das Sozialgericht dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 25. Juni 2010 eine Nachfrist von einem Monat ab Zugang dieses Schreibens. In diesem Schreiben wurde er auch auf die Möglichkeit hingewiesen, dass im Falle des fruchtlosen Ablaufs der Frist Ordnungsgeld gegen ihn verhängt werden könne. Dieses Schreiben wurde dem Beschwerdeführer ausweislich der aktenkundigen Postzustellungsurkunde am 2. Juli 2010 zugestellt. Auch in der Folgezeit erstattete der Beschwerdeführer das Gutachten nicht.

Bei dieser Sachlage ist die Festsetzung eines Ordnungsgeldes gegen den Beschwerdeführer nicht zu beanstanden. Hinreichende Entschuldigungsgründe für die Nichterstattung des Gutachtens hat der Beschwerdeführer nicht angeführt. Der Hinweis in seiner Beschwerdeschrift, er sehe sich zur Zeit aus mehreren Gründen nicht in der Lage, medizinische Gutachten in diesem Umfang zu erstellen, verfängt bereits deshalb nicht, weil der Beschwerdeführer auf Anfrage des Sozialgerichts vom 13. Januar 2010 mit Schreiben vom 4. Februar 2010 erklärt hat, für die Erstattung eines Gutachtens voraussichtlich drei Wochen zu benötigen. Der Anfrage des Sozialgerichts waren die maßgeblichen Aktenvorgänge beigefügt, so dass der Beschwerdeführer den möglichen Umfang der Begutachtung bereits zu diesem Zeitpunkt hat erkennen müssen. Im Übrigen hat der Beschwerdeführer die von ihm angeführten “mehreren Gründe[n]„ nicht näher dargelegt.

Ermessensfehler bei der Ordnungsgeldverhängung dem Grunde nach sind hier nicht erkennbar. Auch die Höhe des festgesetzten Ordnungsgeldes begegnet keinen Bedenken. Ermessensfehler sind auch insoweit für den Senat nicht feststellbar. Die Ermessensausübung hat sich insbesondere an der Schwere der Pflichtverletzung und der Bedeutung des Gutachtens für die Entscheidung zu orientieren (vgl. nur Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 6. Oktober 2009 - L 2 SB 7/09 B - juris). Die Schwere der Pflichtverletzung ergibt sich daraus, dass der Beschwerdeführer nach Erlass der Beweisanordnung auf gerichtliche Schreiben vor Beschlussfassung des Sozialgerichts nicht, nicht einmal auf die Nachfristsetzung, reagiert hat, obwohl er mit Schreiben vom 4. Februar 2010 die Bereitschaft bekundet hatte, ein Gutachten zu erstellen. Zudem hat der Beschwerdeführer nicht einfach die gesetzte Frist versäumt, sondern das Gutachten gar nicht erstattet. Die Bedeutung des Gutachtens für den Rechtsstreit ergibt sich bereits daraus, dass das Sozialgericht gehalten war, dem Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG zu entsprechen. Bei dieser Sachlage ist das festgesetzte Ordnungsgeld von 350,- Euro offensichtlich nicht zu beanstanden, zumal das Sozialgericht den vorgegebenen Rahmen von 5,- bis 1.000,- Euro (vgl. Artikel 6 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch) nicht einmal zur Hälfte ausgeschöpft hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung. Der Beschwerdeführer gehört nicht zu den in § 183 SGG genannten Personen. Eine Kostenentscheidung ist notwendig, weil Gerichtskosten nach § 3 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes in Verbindung mit Nr. 7504 des Kostenverzeichnisses anfallen dürften (vgl. auch Bundesfinanzhof, Beschluss vom 7. März 2007 - X B 76/06 - juris). Zwar handelt es sich bei dem hier vorliegenden Beschwerdeverfa...

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