Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Ordnungsgeldverfahren. Fristversäumnis eines Sachverständigen. Verpflichtung zur Erstattung eines Gutachtens. Nachfrist. Justizgewährungsanspruch der Beteiligten. Höhe des zu verhängenden Ordnungsgeldes. Kostenentscheidung

 

Orientierungssatz

Die Entscheidung der Verhängung eines zuvor angedrohten Ordnungsgeldes gegen einen Sachverständigen nach Fristsetzung und fruchtlosem Ablauf einer Nachfrist, wenn der Sachverständige seiner Verpflichtung zur Erstattung eines Gutachtens bis dahin nicht nachgekommen ist, hat sich an der Schwere der Pflichtverletzung und der Bedeutung des Gutachtens für die Entscheidung zu orientieren.

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 26. Juni 2009 wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

 

Gründe

Die gemäß §§ 172, 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Beschwerde, die angesichts dessen, dass das einen Ordnungsgeldbeschluss betreffende Beschwerdeverfahren nicht kontradiktorisch ausgestaltet ist, keinen Beschwerdegegner kennt, ist nicht begründet. Der Ordnungsgeldbeschluss des Sozialgerichts Berlin vom 26. Juni 2009 ist nicht zu beanstanden.

Gemäß § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 411 Abs. 1 und 2 der Zivilprozessordnung kann gegen einen Sachverständigen nach Fristsetzung und fruchtlosem Ablauf einer Nachfrist ein zuvor angedrohtes Ordnungsgeld verhängt werden, wenn der Sachverständige seiner Verpflichtung zur Erstattung eines Gutachtens bis dahin nicht nachgekommen ist. Ein solcher Fall liegt hier vor.

Der Beschwerdeführer wurde mit Beweisanordnung vom 28. Juli 2008 zur Erstattung eines Gutachtens verpflichtet. Ihm wurde eine Frist zur Abgabe des Gutachtens von drei Monaten gesetzt. Der Gutachtenauftrag nebst Aktenvorgängen ging dem Beschwerdeführer ausweislich des aktenkundigen Empfangsbekenntnisses am 1. August 2008 zu. Nach fruchtlosem Fristablauf und Erinnerungsschreiben vom 14. Januar 2009 wurde dem Beschwerdeführer mit gerichtlichem Schreiben vom 16. März 2009 eine Nachfrist von einem Monat ab Zugang dieses Schreibens gesetzt. Schon in diesem Schreiben wurde er auf die Möglichkeit hingewiesen, dass im Falle des fruchtlosen Ablaufs der Frist Ordnungsgeld gegen ihn verhängt werden könne. Mit weiterem Schreiben vom 5. Mai 2009 wurde dem Beschwerdeführer nochmals eine Nachfrist von einem Monat ab Zugang dieses Schreibens gesetzt. Auch in diesem Schreiben wurde er auf die Möglichkeit hingewiesen, dass im Falle des fruchtlosen Ablaufs der Frist Ordnungsgeld gegen ihn verhängt werden könne. Dieses Schreiben wurde dem Beschwerdeführer ausweislich der aktenkundigen Postzustellungsurkunde am 13. Mai 2009 zugestellt. Mit Schreiben vom 23. Mai 2009 erklärte der Beschwerdeführer, ein erster Untersuchungstermin habe jetzt stattfinden können. Am 25. Mai 2009 werde eine testpsychologische Untersuchung, in der darauf folgenden Woche dann die abschließende psychiatrische Untersuchung durchgeführt. Das Gutachten werde er dann bis zum 15. Juni 2009 vorlegen. Nachdem auch der 15. Juni 2009 fruchtlos verstrichen war, hat das Sozialgericht Berlin mit Beschluss vom 26. Juni 2009 ein Ordnungsgeld gegen den Beschwerdeführer in Höhe von 500,- Euro verhängt. Gegen den ihm am 7. Juli 2009 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 9. Juli 2009 Beschwerde eingelegt. Am gleichen Tag hat er das Gutachten vorgelegt.

Bei dieser Sachlage ist die Festsetzung eines Ordnungsgeldes gegen den Beschwerdeführer nicht zu beanstanden. Hinreichende Entschuldigungsgründe für die Nichterstattung des Gutachtens hat der Beschwerdeführer nicht angeführt. Er trägt vor, die übertragenen Gutachtenaufträge nach Dringlichkeit abzuarbeiten. Dabei hätten Haft-, Unterbringungs- und bestimmte Familiensachen Vorrang. Der Beschwerdeführer hat zum Beleg seiner Belastungssituation eine Aufstellung der Fälle vorgelegt, für die bei ihm in der Zeit vom 2. September 2008 bis zum 22. April 2009 Gutachtenaufträge eingegangen seien. Die Ausführungen des Beschwerdeführers mögen zwar sein Verhalten allenfalls erklären, sind jedoch keine hinreichende Entschuldigung. Eine solche setzt voraus, dass trotz gebotener Sorgfalt die Fristversäumnis nicht vermeidbar war. Solche Gründe sind hier nicht glaubhaft gemacht. So ist es nicht nachvollziehbar, dass sich der Beschwerdeführer zur Fristsetzung von drei Monaten durch das Sozialgericht überhaupt nicht äußerte, auf eine Erinnerung sowie die erste - nicht zugestellte Nachfristsetzung - nicht reagierte und auf die zweite Nachfristsetzung auf seine Überlastungssituation einerseits nicht hingewiesen und die von ihm selbst genannte Frist am 15. Juni 2009 andererseits nicht eingehalten hat. Es hätte ihm oblegen, frühzeitig auf seine Überlastung hinzuweisen und gegebenenfalls zu beantragen, dass das Sozialgericht ihn vom Gutachtenauftrag entbindet. In Anbetracht der extrem langen Zeitspanne zwischen Gutachtenauftrag am 1. August 2008 und dem Gutachteneingang beim...

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