Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Vermögensberücksichtigung. Angemessenheitsgrenze für ein selbst genutztes Hausgrundstück. Ermittlung der Wohnflächengrenze. niedrige Raumhöhe. erhöhter Raumbedarf. Besuchsaufenthalt von volljährigen Kindern. Ausübung einer selbständigen Tätigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Angemessenheit von Wohnraum iSd § 22 Abs 1 S 1 SGB II hängt nicht davon ab, ob dieser (noch) die nach öffentlichem Baurecht erforderliche Raumhöhe aufweist (Fortführung von Urteil des Senats vom 06.12.2016 - L 9 AS 4043/13).

2. Zeitweise Besuchsaufenthalte volljähriger Kinder im Haushalt eines Elternteils begründen keinen zusätzlichen Wohnraumbedarf.

3. Die Ausübung einer selbständigen Tätigkeit in einem selbstgenutzten Eigenheim rechtfertigt keine Erhöhung der angemessenen Wohnfläche, wenn diese ausschließlich in Räumen stattfindet, die von anderen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft privat mitgenutzt werden und weder Kunden, Auftraggeber noch sonstige Personen im Zusammenhang mit der Ausübung der selbständigen Tätigkeit in diesen Räumen empfangen werden.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 25.05.2021; Aktenzeichen B 14 AS 17/21 B)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerinnen gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 12. Januar 2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Streitig ist ein Anspruch der Klägerinnen gegen den Beklagten auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01.06.2014 bis 31.03.2016 als Zuschuss.

Die 1962 geborene, ledige, alleinstehende, erwerbsfähige Klägerin Ziffer 1 ist die Mutter der 1992 geborenen Klägerin Ziffer 2 (A.), der 1994 geborenen Klägerin Ziffer 5 (B.), der 1998 geborenen Klägerin Ziffer 3 (C.), und der 2004 geborenen Klägerin Ziffer 4 (D.). Sie ist Alleineigentümerin der Hof- und Gebäudefläche, E. Straße , Wohnhaus, Scheuer, Stall, Schuppen, E. Straße , Wohnhaus, Grünland, Wasserfläche zu 12.481 m² in F.. Durch notariellen Vertrag vom 23.06.2005 erwarb sie zunächst einen 83/100-Miteigentumsanteil an dem landwirtschaftlichen Hausgrundstück, ihr damaliger Lebenspartner und Vater der Klägerinnen Ziffer 2 bis 5, Herr G. H. (im Folgenden: K.), einen 17/100-Miteigentumsanteil zu einem Kaufpreis von insgesamt 279.000 Euro. Nach zwischenzeitlicher Vermietung wohnten die Klägerinnen und K. seit 2007 in dem Wohnhaus E. Straße. Nach der Trennung der Klägerin Ziffer 1 von K. im Jahr 2009 wohnten zunächst alle weiter auf dem gemeinsamen Anwesen, die Klägerinnen im Wohnhaus E. Straße , K. zuletzt in der Altenteilswohnung im Gebäude E. Straße . Mit notariellem Vertrag vom 25.10.2012 erwarb die Klägerin den 17/100-Anteil des Hausgrundstücks von K. gegen Zahlung von 34.000 Euro.

Zur Ablösung der Verbindlichkeiten aus dem bisherigen Wohnbaufinanzierungsdarlehen i. H. v. 38.705 Euro, zur Zahlung des Kaufpreises an K. i. H. v. 34.000 Euro und im Übrigen (4.927 Euro) für Renovierungsmaßnahmen am Gebäude E. Straße nahm die Klägerin Ziffer 1 am 25.10.2012 bei der I. J. J. eG ein über eine eingetragene Buchgrundschuld gesichertes Wohnbaufinanzierungsdarlehen mit einem Gesamtbetrag von 80.000 Euro mit einem Sollzinssatz von 2,45 % jährlich auf (Darlehensvertrag Nr. ...). Hierauf leistet die Klägerin Ziffer 1 seit Oktober 2012 eine monatliche Rate für Zins und Tilgung in Höhe von 400 Euro. Darüber hinaus nahm sie ein KfW-Darlehen in Höhe von 10.000 Euro auf (Darlehensvertrag Nr. ...), das im November 2013 zur Auszahlung kam. Hierauf leistet sie seit Dezember 2013 eine monatliche Rate für Zins und Tilgung in Höhe von 47,26 Euro.

Ab 24.09.2013 leistete die Klägerin Ziffer 5 in F. einen Bundesfreiwilligendienst ab und hielt sich nur noch teilweise an Wochenenden und in Ferienzeiten im Haushalt der Klägerin Ziffer 1 auf, so auch im streitigen Zeitraum vom 01.08.2014 bis 15.09.2014. Die Klägerin Ziffer 2 absolvierte bis Juli 2014 eine Ausbildung am Institut für Soziale Berufe in R.. Am 01.08.2014 nahm sie ein Anerkennungspraktikum in B. auf und hielt sich danach ebenfalls nur noch besuchsweise im Haushalt der Klägerin Ziffer 1 auf.

Nachdem ihr Antrag auf Kinderzuschlag vom Dezember 2011 mit Bescheid vom 02.04.2012 abgelehnt wurde, beantragten die Klägerinnen im April 2012 beim Beklagten die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II. Hierbei und in der Folge gab die Klägerin Ziffer 1 jeweils an, dass das von ihnen bewohnte Haus E. Straße über eine Wohnfläche von 181 m² verfüge (Anlage KDU, Bl. 21/22 d. Verwaltungsakte Bd. I; Anlage VM Bl. 45 d. Verwaltungsakte Bd. I; Anlage VM Bl. 180 d. Verwaltungsakte Bd. II; Anlage KDU Bl. 217 der Verwaltungsakte Bd. II; Anlage VM Bl. 329 d. Verwaltungsakte Bd. IV; Anlage KDU Bl. 368 der Verwaltungakte Bd. IV). Der Beklagte lehnte die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum von Dezember 2011 bis Mai 2013 wegen vorhandenem Vermögen in Form u.a. zweier Lebensversicherungen, Akt...

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