Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Vermögensberücksichtigung. erhöhter Grundfreibetrag nach § 65 Abs 5 SGB 2 für einzelnen Ehegatten. fehlender Verwertungsausschluss für Rentenversicherungen. offensichtliche Unwirtschaftlichkeit. besondere Härte. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

1. Eine Erhöhung des Grundfreibetrages des § 12 Abs 2 Nr 1 SGB 2 ist gemäß der Übergangsregelung des § 65 Abs 5 SGB 2 für die in § 4 Abs 2 S 2 AlhiV 2002 genannten, vor dem 1.1.1948 geborenen Personen auch bei Ehepaaren nur bei dem jeweiligen Ehegatten zu berücksichtigen, der vor dem 1.1.1948 geboren ist.

2. Der von § 65 Abs 5 SGB 2 in Bezug genommene § 4 Abs 2 S 2 AlhiV 2002 stellt sicher, dass die bis 1.1.1948 geborenen Personen, bei denen der Gesetz- bzw Verordnungsgeber eine Erhöhung der Rentenansprüche durch eigene Erwerbstätigkeit nicht mehr als realisierbar ansah, von der auch in § 12 Abs 1 Nr 1 SGB 2 übernommenen deutlichen Absenkung des Grundfreibetrages aus Gründen des Vertrauensschutzes ausgenommen bleiben (Anschluss an LSG Essen vom 23.8.2006 - L 12 AL 257/05).

3. Eine Absetzung geldwerter Ansprüche der Altersvorsorge iS des § 12 Abs 2 Nr 3 SGB 2 vom Wert der Rentenversicherungen ist nicht möglich, wenn die Versicherungen im streitigen Zeitraum noch keinem Verwertungsausschluss nach § 165 VVG unterlagen (hier haben die Arbeitsuchenden eine Vereinbarung im Hinblick auf evtl Gesetzesänderung zurückgestellt).

4. Unterschreiten die Rückkaufswerte der Rentenversicherungen die Beitragszahlungen nicht um mehr als 10% und liegen keine weiteren atypischen Umstände vor, so kann von der Verwertung auch nicht nach § 12 Abs 3 S 1 Nr 6 SGB 2 abgesehen werden.

5. Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen nicht.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 15.04.2008; Aktenzeichen B 14 AS 27/07 R)

 

Tatbestand

Die Kläger begehren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis zum 1. März 2005.

Der ... 1946 geborene Kläger zu 1 und seine ... 1951 geborene Ehefrau, die Klägerin zu 2, wohnen in ihrem eigenen Haus, das unbelastet ist. Beide Kläger sind Inhaber von Rentenversicherungen.

Der Kläger zu 1 hat folgende Rentenversicherungsverträge abgeschlossen:

Rentenversicherung bei der N Vers. Nr. ..., mit einem Rückkaufswert zum 1. Januar 2005 in Höhe von 5.146,32 €, Einzahlungssumme: 5.623,60 €.

Rentenversicherung bei der N, Vers. Nr. ..., mit Rückkaufswert zum 1. Januar 2005 in Höhe von 6.752,24 zuzüglich Überschussguthaben von 620,98 € abzüglich Kapitalertragssteuer von 244,28 €, insgesamt 7.128,94 €, Einzahlungssumme: 6.730,52 €

Rentenversicherung bei D, Vers. Nr. ..., Rückkaufswert zum 1. Januar 2005 in Höhe von 9.896,62 € incl. Überschüsse abzüglich 590,53 € Kapitalertragssteuer, insgesamt 9.306,09 €, Einzahlungssumme: 8.511,75 €

Rentenversicherung bei D, Vers. Nr. ..., Rückkaufswert incl. Überschüsse zum 1. Januar 2005 in Höhe von 19.735,53 € abzüglich Kapitalertragssteuer von 1.149,72 €, insgesamt 18.585,81 €, Einzahlungssumme: 17.023,70 €.

Hinsichtlich dieser Verträge wurde ein Verwertungsausschluss mit sofortiger Wirkung am 2. März 2005 bestätigt.

Die Klägerin zu 2 hat eine Rentenversicherung bei der N, VersNr. ... mit einem Rückkaufswert zum 1. Januar 2005 in Höhe von 13.165,99 € zuzüglich Überschussguthaben in Höhe von 1.211,76 € abzüglich Kapitalertragssteuer von 505,83 €, insgesamt 13.871,92 €. Die Einzahlungssumme betrug 12.857,80 €. Die Summe der Rückkaufswerte der Rentenversicherungen ergibt einen Betrag von 54.039,08 €.

Am 5. November 2004 beantragten die Kläger Leistungen bei der Beklagten und legten u. a. Nachweise über die Rückforderung der Bundesagentur für Arbeit über 45.723,75 € und die Beitragsnachforderung der Deutschen Rentenversicherung Bund über 4.596.61 € vor.

Mit Bescheid vom 13. Dezember 2004 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Hiergegen legten die Kläger Widerspruch ein. Das Vermögen übersteige die Freibeträge nicht. Zu den Grundfreibeträgen von 42.780 € seien die Freibeträge für die vertragliche Altersvorsorge in Höhe von 22.400 € vom Vermögen abzusetzen. Darüber hinaus müsse die Verwertung von Altersvorsorgevermögen nach der allgemeinen Härteregelung unterbleiben.

Hiergegen legten die Kläger am 12. Januar 2005 Widerspruch ein.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19. März 2005 half die Beklagte dem Widerspruch insoweit ab, als Leistungen vom 2. März 2005 bis 30. September 2005 gewährt wurden. Im Übrigen wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Der Verkehrswert des Eigenheims sowie der Wert des angemessenen Kraftfahrzeuges seien nicht zu berücksichtigen, jedoch die Rentenversicherungen mit Rückkaufswert in Höhe von 56.529,44 €. Die Verwertung sei nicht offensichtlich unwirtschaftlich, da der Rückkaufswert sämtlicher nachgewiesener Lebensversicherungen über 90 % der Einzahlungssumme liege. Gründe für einen Härtefall seien nicht ersichtlich. Ein Zeitpunkt kurz vor Rentenbeginn liege nicht vor. Vom Vermögen sei der...

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