Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Nettokaltmiete. Angemessenheitsgrenze. Schlüssiges Konzept. Qualifizierter Mietspiegel. Betriebskosten. Nicht erforderlicher Umzug. Bisheriger Bedarf. Heizkosten. Abfallgebühren. Bewilligungsabschnitt

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Umzug ist nicht erforderlich im Sinne des § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II, wenn die Kosten der neuen Unterkunft oberhalb der Angemessenheitsgrenze liegen, die für den Wohnort gilt.

 

Normenkette

SGB II § 22 Abs. 1 S. 2; BGB § 558d

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerinnen wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts F. vom 5. Februar 2008 aufgehoben.

Der Beklagte wird unter Abänderung seiner Bescheide vom 13. Februar 2007 und vom 20. Februar 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. August 2007 und des Änderungsbescheids vom 18. März 2008 verurteilt, den Klägerinnen weitere Kosten der Unterkunft für Februar 2007 in Höhe von 86,61 € zu gewähren.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Der Beklagte hat den Klägerinnen die außergerichtlichen Kosten wie folgt zu erstatten:

Jeweils ein Drittel für die Verfahren B 14 AS 41/09 B und B 14 AS 107/10 R und im Übrigen für das Klage- und Berufungsverfahren jeweils ein Zehntel.

 

Tatbestand

Streitig sind höhere Kosten der Unterkunft (KdU) und Heizung für die Zeit vom 01.02. bis 31.07.2007 nach dem Umzug der Klägerinnen.

Die 1975 geborene Klägerin zu 1 bewohnte nach der Trennung und dem Auszug ihres Lebensgefährten mit ihrer 2005 geborenen Tochter, der Klägerin zu 2, zunächst weiterhin die 45 m² große Zwei-Zimmer-Dachgeschosswohnung ohne Aufzug in F., C. Str. Hierfür betrug die Kaltmiete 301, € zuzüglich gleichbleibend 89 € Nebenkostenvorauszahlung (inklusive Heizung, ohne Warmwasser) sowie 11 € für Kabelanschluss, denen sich die Mieter nicht entziehen konnten (insgesamt 401 €). Die Wohnung wurde - ausweislich des Mietvertrags und der Auskunft des Vermieters - über eine Gaszentralheizung beheizt. Das warme Wasser wurde dezentral über einen mit Strom betriebenen Boiler bereitet. Die Müllgebühren betrugen 131,40 € jährlich in 2006, die am 31.01.2006 in Rechnung gestellt wurden und innerhalb eines Monats fällig waren (Bl. 17 RS, 20, 21, 32 VA). Die Klägerin zu 1 hat die Müllgebühren jährlich im Februar gezahlt. Im Jahr 2007 haben sich die Müllgebühren für die Klägerinnen auf 97,56 € verringert (Bl. 66 BSG).

Für den vorherigen Bewilligungszeitraum bis zum 31.01.2007 hatte der Beklagte (vormals Arbeitsgemeinschaft Stadt F.) den Klägerinnen KdU und Heizung unter Berücksichtigung eines monatlichen Gesamtbedarfs in Höhe von 381,73 € (Kaltmiete 301 €, Mietnebenkosten - ohne Heizung und Warmwasser - 44,68 €, monatliche Heizkosten 34 € abzüglich 8,90 € Warmwasseraufbereitung und 10,95 € Müllgebühr) bewilligt (Änderungsbescheide vom 17.08.2006 und vom 17.01.2007, Bl. 110, 113, 140 VA).

Nachdem die Klägerin zu 1 dem Beklagten einen Mietvertrag für eine zum 01.11.2006 zu beziehende andere Wohnung in F. mit Gesamtkosten von 605 € vorgelegt hatte, erklärte der Beklagte, er werde höhere KdU nicht berücksichtigen, weil ein Umzug nicht erforderlich sei (Änderungsbescheid vom 06.10.2006). Der Umzug in diese Wohnung kam nicht zustande. (Bl. 124, 125 VA).

Ohne vorher eine Zustimmung des Beklagten eingeholt zu haben mietete die Klägerin zu 1 am 20.11.2006 die 54 m² große Zwei-Zimmerwohnung in der R.allee in F. im dritten Obergeschoss mit Aufzug, die monatliche Kosten in Höhe von insgesamt 663 € verursachte (515 € Kaltmiete, 30 € Vorauszahlungen auf Heizung und Warmwasser, 68 € Vorauszahlungen auf Betriebskosten, 6 € Gemeinschaftsantenne und 44 € Tiefgaragenplatz). Die Klägerinnen zogen zum 01.01.2007 dorthin um.

Den Beklagten unterrichtete die Klägerin zu 1 von dem Umzug am 11.01.2007 (Blatt 10 SG-Akte). Mit Änderungsbescheid vom 17.01.2007 bewilligte der Beklagte für Januar 2007 KdU nur in Höhe der bis dahin zu tragenden Aufwendungen, da der Umzug in die R-allee nicht erforderlich gewesen sei. Widerspruch, Klage vor dem Sozialgericht F. (SG) und Berufung dagegen waren erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 21.08.2007, Gerichtsbescheid vom 05.02.2008 - Az. S 7 AS 4951/07, Rücknahme der unzulässigen Berufung L 2 AS 1220/08 am 05.02.2009).

Auf den Fortzahlungsantrag vom 25.01.2007 bewilligte der Beklagte mit streitgegenständlichem Bescheid vom 20.02.2007 (Bl. 149a VA; vom Klägervertreter und dem BSG als Bescheid vom 21.02.2007 bezeichnet) für die Zeit vom 01.02. bis 31.07.2007 Leistungen nach dem SGB II nur unter Berücksichtigung von KdU und Heizung in der bisherigen Höhe von 381,73 €. In einem weiteren Bescheid vom 13.02.2007 sowie im Änderungsbescheid vom 18.03.2008 (Bl. 243 VA) blieben die Leistungen für Unterkunft und Heizung unverändert.

Dagegen legten die Klägerinnen Widerspruch ein und beantragten die Übernahme der KdU und Heizung in tatsächlicher Höhe, weil ein Umzug aus gesundheitlichen Gründen notwendig und erforderlich iS von § 22 SGB II gewesen sei. Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21.08.2007 (Blatt...

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