Entscheidungsstichwort (Thema)

Asylbewerberleistung. keine Kostenerstattung nach § 7 Abs. 1 S. 3 AsylbLG. fehlende Bestimmtheit. Individualanspruch

 

Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen einer Kostenerstattung nach § 7 Abs 1 S 3 AsylbLG.

 

Orientierungssatz

1. Das AsylbLG ist nicht, und zwar auch nicht über die in § 68 SGB 1 geregelte Fiktion, Bestandteil des Sozialgesetzbuchs geworden, so dass § 37 Abs 1 VwVfG BW und nicht der inhaltsgleiche § 33 Abs 1 SGB 10 heranzuziehen ist. Ein Bescheid trägt dem Bestimmtheitsgrundsatz iS des § 37 VwVfG BW nicht Rechnung, wenn er nur dem Hilfebedürftigen bekannt gegeben wird und aus dem sonstigen Bescheidinhalt nicht ohne jeden Zweifel entnommen werden kann, dass auch die Tochter des Hilfebedürftigen als Betroffene angesehen wird.

2. Die in § 7 Abs 1 S 3 AsylbLG geregelte Erstattungspflicht ist als Umkehrung des Leistungsanspruchs zu verstehen. Die Erstattungsforderung ist auf die jeweiligen Leistungsberechtigten zu beziehen, die deshalb jeweils selbst in Anspruch zu nehmen sind.

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 29. Juni 2009 sowie der Bescheid des Beklagten vom 4. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Juli 2007 aufgehoben.

Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Wesentlichen über die Erstattung von der Klägerin sowie ihrer Tochter im Zeitraum vom 15. März bis 31. Mai 2007 gewährten Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) in Höhe von 953,48 Euro sowie über die Rechtmäßigkeit der in der genannten Höhe vom Beklagten angeordneten Sicherheitsleistung.

Die nach Aktenlage am … 1978 in Benin City (Nigeria) geborene Klägerin ist die Mutter der am 12. Februar 2007 in Karlsruhe geborenen A. E. Ok., die aus der Verbindung mit dem deutschen Staatsangehörigen F. Ok. hervorgegangen ist. Dieser anerkannte die Vaterschaft für das Kind durch Urkunde des Jugendamts der Stadt Karlsruhe vom 1. März 2007; am 10. April 2007 gab die Klägerin zur Beurkundung durch das Jugendamt des Landratsamts Lörrach eine Erklärung über das gemeinsame Sorgerecht mit dem Vater des Kindes ab. Die Klägerin war im April 2004, seinerzeit unter dem Namen Ma. N., mit einem US-amerikanischen Soldaten - ihren Angaben zufolge ihrem Adoptivvater - in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland eingereist und hatte auch nach dessen Tod (Januar 2005) zeitweilig noch ihren Status als Angehörige eines Mitglieds der US-amerikanischen Streitkräfte nach dem NATO-Truppenstatut behalten. Im August 2005 verzog sie nach unbekannt, wurde jedoch am 6. Dezember 2005 (unter dem Alias-Namen Do. Ow.-Y.) in einem bordellartigen Betrieb von der Polizei H. in Warburg aufgegriffen; zweimalige Rückführungen nach Frankreich scheiterten. Ein Asylfolgeantrag der Klägerin ist seit 21. Februar 2007 bestandskräftig abgelehnt. Ab 16. März 2007 war die Klägerin im Besitze einer von der Stadt Rh. ausgestellten, zunächst bis 15. Juni 2007 befristeten Duldung nach § 60a des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG). Diese Duldung galt zunächst auch für die Tochter A., wurde für diese jedoch Anfang April 2007 von der Stadt Rh. wegen der zu erwartenden deutschen Staatsangehörigkeit des Kindes widerrufen. Die Klägerin wiederum erhielt auf ihren unter dem 17. Juli 2007 gestellten Antrag am 31. Juli 2007 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG.

Am 15. März 2007 hatte die Klägerin nach ihrer Verlegung aus der Landesaufnahmestelle für Flüchtlinge in Karlsruhe in die Staatliche Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber in der Schildgasse in Rh. für sich und ihre Tochter A. Grundleistungen nach § 3 AsylbLG beantragt; im Antrag hatte sie angegeben, außer einem Taschengeld über kein Vermögen zu verfügen und auch kein Einkommen zu haben. Durch Bescheid vom 17. April 2004 (richtig: 2007) bewilligte der Beklagte der Klägerin ab 15. März 2007 bis zunächst 24. April 2007 Grundleistungen nach § 3 AsylbLG einschließlich eines Geldbetrages zur Deckung der persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens sowie Leistungen nach § 4 AsylbLG; der Bescheid enthielt den Hinweis, dass das Landratsamt, vertreten durch die Heimverwaltung vor Ort, ab 25. April 2007 jede Woche über eine Leistungsgewährung neu entscheide. Weiter heißt es im Bescheid, dass die Grundleistungen nach § 3 AsylbLG durch Sachleistungen gedeckt würden und den notwendigen Bedarf an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts sowie einen Geldbetrag zur Deckung der persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens beinhalteten. Sofern die Klägerin Anspruch auf Leistungen habe, werde ihr durch die Heimverwaltung eine Chipkarte mit einem bestimmten Betrag für eine Woche im Voraus geladen, mit der sie über einen Zeitraum von jeweils einer Woche ihren Bedarf an Ernährung und Gesundheits- und Körperpflegeprodukten decken könne; die...

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