Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe: keine Berücksichtigung des Freibetrags für Erwerbstätige bei Bezug von Krankengeld

 

Leitsatz (redaktionell)

Krankengeld ist kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit, sodass der Erwerbstätigen-Bonus des § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 1b ZPO nicht anzuwenden ist.

 

Normenkette

ZPO § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 1b

 

Verfahrensgang

ArbG Freiburg i. Br. (Beschluss vom 11.04.2007; Aktenzeichen 10 Ca 29/07)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Klägers vom 25.04.2007 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Freiburg – Ka. Offenburg – vom 11.04.2007, 10 Ca 29/07 wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird für den Kläger zugelassen.

 

Tatbestand

A.

Der Kläger begehrt mit der vorliegenden, sofortigen Beschwerde die Bewilligung von ratenfreier Prozesskostenhilfe mit der Begründung, auch für ihn als Bezieher von Krankengeld sei der Freibetrag für Erwerbstätige nach § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 b) ZPO zu berücksichtigen.

Mit Beschluss vom 11.04.2007 hatte das Arbeitsgericht Freiburg – Ka. Offenburg – dem Kläger Prozesskostenhilfe bewilligt und angeordnet, dass auf die Prozess-/Verfahrenskosten Monatsraten in Höhe von Euro 75,– zu zahlen sind. Es ging dabei als Einkommen des Klägers von dem von diesem bezogenen Krankengeld aus und setzte hiervon Beträge nach § 82 Abs. 2 SGB XII, nämlich Beiträge für Versicherungen sowie den Freibetrag für die Partei sowie die Kosten der Unterkunft und Heizung ab, nicht jedoch den Betrag nach § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 b) ZPO.

Aufgrund des verbleibenden einzusetzenden Einkommens ergab sich eine Ratenzahlungsverpflichtung des Klägers in Höhe von monatlich Euro 75,–.

Dieser Beschluss wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 19.04.2007 zugestellt. Hiergegen legte er mit Schriftsatz vom 25.04.2007, beim Arbeitsgericht am 26.04.2007 eingegangen, sofortige Beschwerde ein.

Diese begründete er damit, dass die Entscheidung des Arbeitsgerichts fehlerhaft sei, weil auch der Kläger erwerbstätig sei, wenn er auch derzeit lediglich Krankengeld beziehe. Auch das vom Kläger bezogene Krankengeld sei Einkommen aus Erwerbstätigkeit im Sinne von § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 b) ZPO. Daher sei auch von diesem der Erwerbstätigen-Bonus von Euro 173,– monatlich abzusetzen, bei dessen Berücksichtigung sich die monatlichen Raten auf Euro 15,– reduzierten.

Mit Beschluss vom 30.04.2007 hat das Arbeitsgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Beschwerdegericht vorgelegt. Es hat zur Begründung ausgeführt, beim Krankengeld handele es sich zwar um Einkommen, jedoch nicht um Erwerbseinkommen aufgrund einer selbstständigen oder unselbstständigen Tätigkeit. Das Krankengeld sei eine Lohnersatzleistung für die durch die Krankheit bedingte Nichtausübung einer Erwerbstätigkeit. Für die Zubilligung des Erwerbstätigen-Bonusses fehle jedoch der Zweck dieser Regelung, nämlich der Ausgleich eines tatsächlichen mit der Erwerbstätigkeit verbundenen Mehraufwandes.

 

Entscheidungsgründe

B.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Klägers ist unbegründet und daher zurückzuweisen.

I. Das Arbeitsgericht hat zutreffend entschieden, dass das Krankengeld kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit darstellt, so dass der Erwerbstätigen-Bonus des § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 b) ZPO hier nicht anzuwenden ist. Zunächst wird auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts im Beschluss vom 30.04.2007 Bezug genommen.

II. Ergänzend ist Folgendes auszuführen:

1. Nach § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 b) ZPO ist Voraussetzung für die Absetzung des Erwerbstätigen-Bonus, dass die Partei ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. Das Gesetz knüpft nach seinem Wortlaut weder an das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses oder einer sonstigen Erwerbstätigkeit an, sondern Voraussetzung ist, dass die Partei aus einer Erwerbstätigkeit ein Einkommen erzielt, also zum einen das Bestehen einer Erwerbstätigkeit, zum anderen die Erzielung von Einkommen hieraus.

Bei dem Krankengeld handelt es sich, was auch der Kläger nicht bestreitet, um Einkommen im Sinne dieser Vorschrift. Der Kläger mag auch weiterhin als erwerbstätig gelten, auch wenn er seit längerer Zeit arbeitsunfähig ist, da das Arbeitsverhältnis fortbesteht.

Der Begriff der Erwerbstätigkeit ist im Zusammenhang des § 115 ZPO nicht näher bestimmt, sondern wird vorausgesetzt. Er wird in verschiedenen Vorschriften verwendet. Da die Prozesskostenhilfe eine besondere staatliche Sozialleistung darstellt, ist es naheliegend, zur Bestimmung des Begriffs der Erwerbstätigkeit auf sozialgesetzliche Vorschriften zurückzugreifen. Im SGB XII wird der Begriff lediglich in § 90 ohne nähere Definition verwendet, während er im SGB II vielfach anzutreffen ist, jedoch auch hier vorausgesetzt wird.

Die allgemeine Definition des Begriffs der Erwerbstätigkeit ist daher für die Auslegung des § 115 ZPO heranzuziehen.

Erwerbstätigkeit kann umfassend beschrieben werden als nichtselbstständige Arbeit, die auf Arbeitsentgelt gerichtet ist oder selbstständige Tätigkeit, die auf Arbeitseinkomm...

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