Rz. 11

Mit Abs. 2 wird eine nur beschränkt zulässige Abweichung von dem maßgeblichen dokumentiertes Geburtsdatum vorgesehen, bei dem es sich nicht zwingend um das "richtige" Geburtsdatum handeln muss (vgl. Rz. 5). Dementsprechend besteht ein Rechtsanspruch auf Abweichung von dem nach Abs. 1 maßgeblichen Geburtsdatums auch nur im Rahmen von Abs. 2. Die Beschränkung der Änderung gilt auch dann, wenn dadurch keine Vorteile erlangt werden sollen oder können (a. A. Baier, in: Krauskopf, SozKV SGB I, § 33a Rz. 7, Stand: März 2007).

 

Rz. 12

"Darf nur" ist im Sinne eines Gesetzesvorbehalts nach § 31 und als Ermächtigung und Befugnis zur Änderung des an sich maßgeblichen ersten dokumentierten Geburtsdatums zu verstehen, nicht aber als Ermessen (BSG, Urteil v. 5.4.2001, B 13 RJ 35/00 R, BSGE 88 S. 89). Hierdurch wird die materielle Wirkung des Abs. 1 verstärkt. Der zuständige Leistungsträger im Geltungsbereich des SGB kann und darf in Abweichung vom an sich maßgeblichen Geburtsdatum ein anderes Geburtsdatum bei seiner Leistungsgewährung nur dann zugrunde legen, wenn er die Voraussetzungen des Abs. 2 feststellt (Mrozynski, SGB I, 5. Aufl., § 33a Rz. 9 hält dies für zu weitgehend). Die Nachweislast (Beweislast) liegt dabei bei demjenigen, der sich auf diese Voraussetzungen beruft (so auch Just, in: Hauck/Noftz, SGB I, § 33a Rz. 15, Stand: April 2009; Lilge, SGB I, 4. Aufl., § 33a Rz. 29).

2.2.1 Schreibfehler (Nr. 1)

 

Rz. 13

Eine abweichende Altersfeststellung ist bei Feststellung eines Schreibfehlers möglich. Die ausdrücklich angeordnete Berichtigung eines Schreibfehlers bestätigt, dass auch in diesen Fällen zunächst einmal das dokumentierte unrichtige Geburtsdatum nach Abs. 1 maßgeblich ist und bis zur Berichtigung bleibt (a. A. offenbar Weselski, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB I, § 33a Rz. 42, Stand: 15.3.2018, der bei einem Schreibfehler schon ein maßgebliches Geburtsdatum verneint). In Abgrenzung zu Nr. 2 werden dabei nur Schreibfehler in Betracht kommen, die durch die fehlerhafte Übertragung eines angegebenen oder dokumentierten Geburtsdatums dazu geführt haben, dass schon das zuerst angegebene und damit nach Abs. 1 an sich maßgebliche Geburtsdatum für die Sozialversicherung falsch war, also auf ein fehlerhaftes Ablesen und/oder Eintragen (insbesondere Zahlendreher) zurückzuführen ist. Ein Schreibfehler wird im Regelfall in den Fällen der erstmaligen Angabe eines Geburtsdatums gegenüber einem Sozialleistungsträger vorkommen. Nicht ausgeschlossen ist, dass ein Schreibfehler in Personenstandsunterlagen durch ein Urteil festgestellt und berichtigt wird (BSG, Urteil v. 5.4.2001, B 13 RJ 21/00 R, BeckRS 2002, 40252).

 

Rz. 14

Der Nachweis eines Schreibfehlers kann dadurch geführt werden, dass (nur) das vermeintlich angegebene und durch Dokumentation maßgeblich gewordene Geburtsdatum von anderen Altersangaben und Geburtsdaten abweicht oder einem damals gültigen Dokument widersprach. Bei wem die Ursache für den Schreibfehler lag, ist in diesen Fällen unerheblich. Waren bewusst falsche Angaben zum Geburtsdatum gemacht worden, stellt die Übernahme dieses Datums keinen Schreibfehler dar (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 7.3.2012, L 4 R 487/11, NZS 2012 S. 677). Für die Geltendmachung eines Schreibfehlers bei der Festlegung des maßgeblichen Geburtsdatums gibt es keine Fristen. Im Einzelfall können jedoch die §§ 44 ff. SGB X einer rückwirkenden Änderung eines Bescheids entgegenstehen oder wegen falscher Angaben die rückwirkende Aufhebung von Bescheiden rechtfertigen.

2.2.2 Urkundennachweis (Nr. 2)

 

Rz. 15

Die Abänderung des nach Abs. 1 maßgeblichen Geburtsdatums durch Nachweis der Unrichtigkeit mittels einer Urkunde über ein "anderes" Geburtsdatum darf der jeweilige Leistungsträger nur dann vornehmen, wenn dieser Nachweis durch eine Urkunde geführt wird, die im Original vor der erstmaligen Angabe des Geburtsdatum gegenüber einem Sozialleistungsträger oder Arbeitgeber ausgestellt worden war. Unter Urkunden sind dabei nicht nur solche Schriftstücke zu verstehen, die ihrer Art nach als im Rechtsverkehr gerade zum Nachweis eines bestimmten Geburtsdatums bestimmt und geeignet sind (Personenstandsurkunden, Ausweise, Pässe), sondern Urkunden jeglicher Art (z. B. auch Schulregister vgl. BSG, Urteil v. 28.4.2004, B 5 RJ 33/03 R, SGb 2004 S. 697). Aus dem Original der älteren Urkunde muss sich dabei ein anderes Geburtsdatum ergeben. Die Originalurkunde muss für den zu führenden Nachweis nicht vorgelegt werden.

 

Rz. 16

Bei Vorlage einer älteren Urkunde hat der Versicherungsträger oder im Streitfall das Gericht nach den allgemeinen Beweisregeln zu entscheiden, ob er diesen Nachweis eines anderen Geburtsdatums durch die Urkunde als erbracht ansieht und sich dadurch ein anderes Geburtsdatum ergibt (so BSG, Urteil v. 31.1.2002, B 13 RJ 9/01 R, SGb 2002 S. 275). Dabei können nur solche Urkunden berücksichtigt werden, die sich eindeutig auf den Antragsteller/Kläger beziehen (LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 16.11.2017, L 7 R 100/15, NZS 2018 S. 200). Nicht erforderlich ist der Nachweis oder die Überzeugun...

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