Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderung des Geburtsdatums in der Versicherungsnummer. türkischer Staatsangehöriger. Verfassungsmäßigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Zum (hier verneinten) Anspruch eines Versicherten auf Vergabe einer neuen Versicherungsnummer unter Berücksichtigung eines geänderten Geburtsdatums.

 

Orientierungssatz

Grundsätzliche Bedenken verfassungsrechtlicher oder europarechtlicher Art gegen § 33a Abs 2 Nr 2 SGB 1 bestehen nicht (vgl zB BSG vom 31.3.1998 - B 8 KN 5/95 R = SozR 3-1200 § 33a Nr 1 = juris RdNr 19ff, vom 19.10.2000 - B 8 KN 3/00 R = juris RdNr 25ff und vom 05.04.2001 - B 13 RJ 35/00 R = BSGE 88, 89 = SozR 3-1200 § 33a Nr 4 = juris RdNr 21; EuGH vom 14.3.2000 - C-102/98, C-211/98 = SozR 3-6940 Art 3 Nr 1).

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. November 2014 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beklagte wendet sich gegen die Verpflichtung, dem Kläger eine neue Versicherungsnummer unter Berücksichtigung des Geburtsdatums ... 1948 zu vergeben.

Der Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Er hält sich seit 1973 in der Bundesrepublik Deutschland auf, wo er seit dem 24. März 1973 gemeldet ist und wo er seitdem einer abhängigen Beschäftigung nachging. Er gab bei der erstmaligen Arbeitsaufnahme gegenüber dem Arbeitgeber am 2. April 1973 als sein Geburtsdatum den ... 1957 an. Die Beklagte vergab dem Kläger im Jahr 1977 die Versicherungsnummer ...

Der Kläger ist in Besitz eines unbefristeten Aufenthaltstitels nach § 9 Aufenthaltsgesetz (Niederlassungserlaubnis). Darüber hinaus ist er im Besitz eines türkischen Passes, der am 2. März 2012 ausgestellt worden ist und bis zum 28. Juni 2018 gültig ist. Hierin ist als Geburtsdatum der ... 1948 sowie die Personenstandsnummer ... angegeben. Zusätzlich besitzt der Kläger ein weiteres türkisches, am 29. September 2011 ausgestelltes Ausweisdokument mit der Personenstandsnummer ... und dem Vermerk des Geburtsdatums ... 1948 und Angabe der leiblichen Eltern A. und E.

Mit Schreiben vom 12. Dezember 2012 teilte die AOK Baden-Württemberg der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg mit, dass die Versicherungsnummer des Klägers hinsichtlich des Geburtsdatums nicht richtig sei. Die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg leitete dieses Schreiben zuständigkeitshalber an die Beklagte weiter, wo es am 27. Dezember 2012 einging. Der Beklagten lag die beglaubigte Übersetzung eines Urteils des türkischen Bezirksgerichts A. vom 23. Dezember 2011 vor, in dem festgestellt wird, dass die Person Y. K., geboren am ... 1957 und Sohn der Eheleute I. und A., nicht im Ausland lebt und arbeitet, und dass die im Ausland lebende und arbeitende Person Y. K. am ... 1948 geboren und Sohn der Eheleute A. und E. sei.

Die Beklagte lehnte die Änderung des Geburtsdatums mit Bescheid vom 25. April 2013 ab. Bei der Aufnahme der Beschäftigung am 2. April 1973 habe der Kläger gegenüber dem Arbeitgeber sein Geburtsdatum mit dem ... 1957 angegeben. Das Urteil des Bezirksgerichts A. vom 23. Dezember 2011 liege zeitlich nach der ersten Angabe des Geburtsdatums aus Anlass der Beschäftigungsaufnahme in Deutschland, so dass die Ausnahmeregelung des § 33a Abs. 2 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) nicht zum Zuge komme.

Hiergegen erhob der Kläger am 29. April 2013 Widerspruch, ohne diesen - auch in der Folgezeit - zu begründen.

Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 19. August 2013 zurück. Der form- und fristgerecht erhobene Widerspruch sei weder begründet worden noch seien neue Tatsachen vorgetragen worden. Eine Überprüfung sei nur nach Aktenlage möglich gewesen. Hiernach entspreche der angefochtene Bescheid der Sach- und Rechtslage und sei demnach nicht zu beanstanden.

Hiergegen erhob der Kläger am 24. September 2013 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG). Nach seiner Geburt sei er nicht sofort von dem Standesamt erfasst worden bzw. sei nicht zur Eintragung angezeigt worden. Dies sei vielmehr erst in seinem Kindesalter geschehen. Er sei Abkömmling der Eheleute A. und E. K. und sei am ... 1948 geboren. Bei der Eintragung in das Standesregister sei er jedoch irrtümlich als Abkömmling der Eheleute I. und A. K. registriert worden. Diese Eheleute seien Verwandte von ihm und hätten ebenfalls einen Sohn mit demselben Vor- und Nachnamen Y. K.. Dieser sei am ... 1957 geboren worden. Bei der Eintragung dieser zwei Geburtenvorgänge - diese müssten wohl zeitgleich erfolgt sein - habe der türkische Standesbeamte die Personen des Klägers mit seinem Verwandten und Namensvetter Y. K. bei der Eintragung versehentlich vertauscht. Insoweit sei sein Geburtsdatum fehlerhaft mit ... 1957 und er als Abkömmling der Eheleute I. und A. registriert worden. Mit diesen fehlerhaften Standesangaben sei er 1973 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Er habe die unzutreffenden Standesangaben im...

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