Rz. 132

Bei der Prüfung der Angemessenheit der Heizkosten ist wie bei den Aufwendungen für die Unterkunft ein konkret-individueller Maßstab anzulegen. Eine Pauschalierung der Leistungen für die Heizung, die nur nach Maßgabe von Abs. 5 Sätze 2 und 3 möglich ist, lässt Abs. Abs. 1 Satz 1 nicht zu (vgl. BSG, Urteil v. 20.8.2009, B 14 AS 65/08 R Rz. 23 m. w. N. zu § 22 Abs. 1 SGB II; Bremer, NZS 2010, 189, 190). Die am Einzelfall orientierte Angemessenheitsprüfung hat grundsätzlich getrennt von der Prüfung der Angemessenheit der Unterkunftskosten zu erfolgen (grundlegend BSG, Urteil v. 2.7.2009, B 14 AS 36/08 R Rz. 18; BSG, Urteil v. 20.12.2011, B 4 AS 19/11 R Rz. 35). Die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze für Unterkunfts- und Heizkosten im Sinne einer sog. erweiterten Produkttheorie kam nach früherer Rechtsprechung des BSG nicht in Betracht, weil sie nicht dem gesetzgeberischen Konzept entsprach. Abweichendes gilt seit dem 1.1.2023; denn seither ist die mögliche Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze in § 35 Abs. 7 ausdrücklich geregelt (vgl. dazu weiter unten). Ist die Höhe der konkret individuellen Aufwendungen für die Heizung aufgrund einer (nicht aufgeschlüsselten) einheitlichen Vorauszahlung der monatlichen Betriebs- und Heizkosten nicht beziffert, so sind bei der Bedarfsermittlung von der monatlichen Vorauszahlung die abstrakt angemessenen Betriebskosten abzusetzen; der verbleibende Betrag ist den Heizkosten zuzuordnen (BSG, Urteil v. 18.11.2014, B 4 AS 9/14 R Rz. 34).

 

Rz. 133

Ist grundsätzlich zwischen Unterkunfts- und Heizkosten zu trennen, kommt der Frage, ob die Aufwendungen für die Unterkunft unangemessen sind, für die Bestimmung der Angemessenheit der Heizkosten grundsätzlich keine Bedeutung zu. Auch kann die Angemessenheit der Heizkosten nicht davon abhängen, ob einzelne für die Bestimmung angemessener Unterkunftskosten im Rahmen der Produkttheorie (vgl. dazu schon oben) relevante Faktoren wie etwa die Wohnungsgröße für sich genommen unangemessen sind. Die verbreitete Praxis, die Heizkostenvorauszahlungen nur in dem Verhältnis als angemessen anzuerkennen, in dem die angemessene zur tatsächlichen Wohnungsfläche steht (sog. Flächenüberhangprinzip), ist deshalb fehlerhaft (zum Ganzen BSG, Urteil v. 2.7.2009, B 14 AS 36/08 R Rz. 20; BSG, Urteil v. 20.8.2009, B 14 AS 65/08 R Rz. 23; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 29.10.2012, L 20 SO 63/09). Dies gilt auch für die Bestimmung der angemessenen Heizkosten bei Hauseigentum.

 

Rz. 134

Die tatsächlichen Aufwendungen für Heizung sind als angemessen anzusehen, sofern nicht besondere Umstände Anlass zu einer abweichenden Bewertung geben. Anhaltspunkte dafür, dass die Heizkosten unangemessen hoch sind, können daraus gewonnen werden, dass Richtwerte, die sich aus der Anwendung repräsentativer kommunaler oder – soweit diese für das Gebiet des jeweiligen Trägers fehlen – bundesweiter Heizspiegel ergeben, signifikant überschritten werden (Bremer, NZS 2010, 189, 190). Dabei kommen insbesondere die Werte des (von der co2online gGmbH in Kooperation mit dem Deutschen Mieterbund und gefördert durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit erstellten) bundesweiten Heizspiegels in Betracht (so BSG, Urteil v. 2.7.2009, B 14 AS 36/08 R), der beginnend mit dem Jahr 2005 Vergleichswerte für öl-, erdgas- und fernwärmebeheizte Wohnungen gestaffelt nach der Größe der Wohnanlage bereithält und der hinsichtlich des Heizenergieverbrauchs zwischen "optimal", "durchschnittlich", "erhöht" und "extrem hoch" differenziert (vgl. www.heizspiegel.de; BSG, Urteil v. 20.8.2009, B 14 AS 65/08 R Rz. 26). Ebenso heranzuziehen sind aber auch kommunale Heizspiegel. Die von verschiedenen Leistungsträgern angewendete Software Heikos 2.0 ist nicht geeignet, eine konkret-individuelle Angemessenheitsgrenze der Heizkosten im Einzelfall zu bestimmen (LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 21.5.2015, L 7 AS 980/12; Berlit, info also 2014, 243, 255 f. m. w. N.).

 

Rz. 135

Für die Bestimmung des Richtwerts auf Grund dieses bundesweiten Heizspiegels sind zunächst die Heizungsart und die insgesamt zu beheizende Fläche des Hauses zu ermitteln, in dem die betreffende Wohnung gelegen ist. Danach ist ein Produkt zu bilden aus der für den jeweiligen Haushalt angemessenen Wohnfläche, die sich wie bei den Unterkunftskosten nach den landesrechtlichen Bestimmungen des sozialen Wohnungsbaus (dies sind die Ausführungsregelungen zu § 10 Abs. 1 WoFG bzw. § 5 Abs. 2 WoBindG a. F.) bemisst, und den Werten, ab denen die Heizkosten pro Quadratmeter nach dem (bundesweiten oder kommunalen) Heizspiegel für den jeweiligen Heizträger als "extrem erhöht" angesehen werden müssen (rechte Spalte des Heizspiegels). Dabei ist kommunalen Heizspiegeln grundsätzlich der Vorrang gegenüber dem bundesweiten Heizspiegel einzuräumen; denn es ist davon auszugehen, dass die kommunalen Heizspiegel die (maßgebenden) örtlichen Verhältnisse treffsicherer abbilden (BSG, Urteil v. 2.7.2009, B 14 AS 36/08 R Rz. 22; BSG, Urteil v...

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