2.4.1 Laufende Leistungen nach Satz 1

 

Rz. 10

Der gesamte regelmäßig wiederkehrende Bedarf soll gemäß § 39 Abs. 2 Satz 1 durch laufende Leistungen gedeckt werden. Bezüglich der Sachaufwendungen gelten die einzelnen Bedarfsbestandteile des notwendigen Lebensunterhalts nach dem SGB XII, insbesondere die in § 27 SGB XII genannt sind (Münder, § 39 SGB VIII, Rz. 7). Zum regelmäßig wiederkehrenden Bedarf und damit zu den wesentlichen Bestandteilen des Pflegegeldes zählen die Kosten für Ernährung, Unterkunft, Bekleidung, Körperpflege, Hausrat und persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens (vgl. bereits unter Rz. 8; der Gesetzgeber hat durch die insoweit modifizierte Vorschrift des Abs. 1 Satz 2 klargestellt, dass der Sachaufwand Gegenstand des Unterhalts i. S. v. Abs. 1 Satz 1 ist; vgl. insoweit auch die gesetzgeberischen Erwägungen zum Inhalt des Begriffs Sachaufwand: Gesetzesentwurf der Bundesregierung, BR-Drs. 295/08 S. 30; vgl. i.Ü. Fieseler/Busch, Vollzeitpflege – Sicherstellung des notwendigen Unterhalts [Pflegegeld], FPR 2004 S. 448). Zu den laufenden Leistungen nach § 39 Abs. 1, Abs. 5 zählen begrifflich auch die Ausgaben für Ferienmaßnahmen und Urlaubsfahrten der Pflegeeltern, an denen das Kind teilhat. Die Unterhaltsleistungen in Einrichtungen richten sich regelmäßig nach den Entgeltvereinbarungen i. S. d. § 78 b Abs. 1 Nr. 2 (Wiesner, § 39 SGB VIII, Rz. 25). Auf der Grundlage des § 39 Abs. 2 zählen zu den Leistungen zum Unterhalt grundsätzlich auch die Kosten für die Unterkunft und Nebenkosten (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 13.1.2020, 12 E 23/19 Rz. 13); Voraussetzung ist allerdings, dass die Unterkunft tatsächlich genutzt wird. Dies scheidet jedenfalls für den Zeitraum aus, in dem der Jugendliche in einer vollstationären Einrichtung untergebracht ist. Die laufenden Kosten für einen privaten W-LAN-Zugang für Kinder und Jugendliche, die in Pflegefamilien, in Trägerwohnungen oder in Einrichtungen leben, ist dabei losgelöst von den Pandemiebedingungen, als Bestandteil des persönlichen Bedarfs vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe als Annexleistung zu finanzieren, um digitale Teilhabe zu ermöglichen. Aktuell sind diese Kosten jedoch oft noch kein Bestandteil der Entgeltvereinbarung bzw. der Pflegegeldpauschalen (so ausdrücklich das DIJuF-Rechtsgutachten v. 21.12.2020, SN_2020_1345 Eh, JAmt 2021 S. 89 mit weitergehende Erwägungen auch zu § 39 Abs. 3 und zu § 78b Abs. 1 Nr. 2).

2.4.2 Barbetrag nach Satz 2 und Höhe des Barbetrags nach Satz 3

 

Rz. 11

Zum notwendigen Unterhalt zählt der Gesetzgeber mit § 39 Abs. 2 Satz 2 ausdrücklich auch einen angemessenen Barbetrag (Taschengeld) zur persönlichen Verfügung (vgl. dazu 76. Arbeitstagung v. 4.5. bis 6.5.1994 der Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter BAGLJÄ – Mai 1994 (BAGLJÄ 1994) "Empfehlung für die Gewährung und Verwendung des Barbetrag(Taschengeld) gemäß § 39 Abs. 2 KJHG in Einrichtungen, sonstigen betreuten Wohnformen und bei intensiver sozialpädagogischer Einzelbetreuung" – abrufbar im Internet unter: http://www.bagljae.de/downloads/062_gewaehrung_verwendung-barbetrag_taschengel.pdf – zuletzt abgerufen am 31.3.2023 und Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge, in Nachrichtendienst des Deutschen Vereins NDV 1992 S. 181). Die Ausfüllung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs "angemessener Barbetrag" ist in vollem Umfang gerichtlich überprüfbar (v. Koppenfels-Spies, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 3. Aufl. 2022, § 39 Rz. 24; Stähr, in: Hauck/Noftz, Stand: 06/2021, Werkstand: 2023, § 39 SGB VIII, Rz. 9). Mit dem Taschengeld soll dem Empfänger von Jugendhilfe der Betrag zur eigenverantwortlichen Verwendung zur Verfügung gestellt werden; der Barbetrag dient der Erfüllung individueller Wünsche und stärkt damit die Eigenverantwortung des Hilfeempfängers. Dies hat insbesondere eine pädagogische Funktion und dient der Verselbständigung bzw. dazu, den Umgang mit begrenzt zur Verfügung stehenden Geldmitteln zu erlernen (Stähr, in: Hauck/Noftz, Stand: 06/2021, Werkstand: 2023, § 39 SGB VIII, Rz. 11; Münder, § 39 SGB VIII, Rz. 12). Der junge Mensch soll lernen, mit finanziellen Mitteln verantwortlich umzugehen (Wiesner, § 39 SGB VIII, Rz. 21). Kürzungen oder Streichung des Barbetrages sind daher unzulässig, soweit sie zur Sanktion einer Verfehlung des jungen Menschen dienen sollen (Münder, § 39 SGB VIII, Rz. 15; i.E. auch Wiesner, § 39 SGB VIII, Rz. 20; Winkler, in: BeckOK, SGB VIII, Stand: 1.12.2022, § 39 Rz. 12). Eine solche Kürzung ist pädagogisch verfehlt und rechtlich unzulässig, da sie gegen die Grundsätze der Jugendhilfe gemäß § 1 verstoßen.

Nach dem Sinn des Barbetrags ist es daher auch unzulässig, das Taschengeld zur Befriedigung von Bedürfnissen, die mit dem Pflegesatz oder Nebenleistungen zum Pflegesatz abzugelten sind, heranzuziehen. Festzusetzen ist der Barbetrag durch eine nach Landesrecht zuständige Behörde i. S. d. § 39 Abs. 2 Satz 3, soweit es sich um Hilfen i. S. v. §§ 34, 35, 35a Abs. 2 Nr. 4 handelt. In allen anderen Fällen der Unterbringung und Pflegestellen nach § 33 bzw. § 35 a Abs. 2 Nr. 3 wird der persönliche Barbetr...

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