Rz. 25

Die Gewährung der laufenden Geldleistungen erfolgt gemäß § 39 Abs. 4 Satz 3 grundsätzlich in Form eines monatlichen Pauschalbetrags, der nach den Maßgaben des § 39 Abs. 5 näher zu bestimmen ist (zur Höhe vgl. Rz. 34 ff.), soweit nicht nach der Besonderheit des Einzelfalls abweichende Leistungen geboten sind. Dabei können abweichende Leistungen in Betracht kommen, wenn diese nicht durch den nach § 39 Abs. 5 festgelegten Pauschalbetrag umfasst sind. Sofern Kosten daher zwar dem notwendigen Bedarf i. S. d. § 39 Abs. 1 Satz 1 zuzurechnen sind, aber nicht von den Pauschalbeträgen erfasst sind, ist der Pauschalbetrag im Einzelfall zu erhöhen. Des Weiteren sind abweichende Leistungen nach der Besonderheit des Einzelfalls geboten, wenn diese nicht wiederkehrender Natur sind, und sich daher eine Kostenerstattung durch einen wiederkehrenden Pauschalbetrag entziehen. Einmalige Leistungen fallen daher nicht darunter.

 

Rz. 25a

Zur Gewährung eines erhöhten Pflegegeldes nach 39 Abs. 4 Satz 3 bedarf es eines ausdrücklich gestellten Antrages (OVG Lüneburg, Beschluss v. 12.7.2022, 14 LA 99/22).

 

Rz. 26

Nach der Besonderheit des Einzelfalls abweichende Leistungen sind geboten; insbesondere aus gesundheitlichen Gründen oder wenn die Anforderungen an die Betreuung besonders hoch sind (z. B. bei sexuell missbrauchten oder bei HIV-infizierten Pflegekindern, Beispiele bei Wiesner, § 39 SGB VIII, Rz. 34). Ist daher beispielsweise bei besonders entwicklungsbeeinträchtigten Kindern und Jugendlichen i. S. v. § 33 Satz 2 eine pädagogisch besonders qualifizierte oder gar professionelle Pflegeperson erforderlich, die für den festgesetzten Pauschalbetrag nicht zu gewinnen ist, muss diese deshalb entsprechend höher honoriert werden (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 24.10.2008, 7 A 10444/08). Auch die Betreuung eines ausländischen Pflegekinds mit unsicherem Aufenthaltsstatus stellt überdurchschnittliche Anforderungen an die Pflegeeltern dar und rechtfertigt daher eine Verdoppelung bzw. Verdreifachung des pauschalen Erziehungsbeitrages (DIJuF-Rechtsgutachten v. 1.8.2019, SN_2019_0459 Af, JAmt 2019 S. 509).

 

Rz. 27

Weitere Kriterien, die im Einzelfall eine Abweichung von den Pauschalbeträgen geboten erscheinen lassen, können Verhaltensauffälligkeiten, Beziehungskonflikte, gesundheitliche Auffälligkeiten, Lernbehinderungen, geistige Behinderungen oder Mehrfachbehinderungen sein (umfassend mit der Problematik hat sich auch im Hinblick auf die Erhöhungsschritte bezüglich der Pauschalbeträge auseinandergesetzt: VG Leipzig, Urteil v. 4.9.2008, 5 K 618/07).

 

Rz. 28

Im monatlichen Pauschalbetrag sind Kindergartenbeiträge nicht enthalten (VG Gelsenkirchen, Urteil v. 9.11.2001, 19 K 3938/99; auf diesen Umstand weist auch hin Stähr, in: Hauck/Noftz, Stand: 06/2021, Werkstand: 2023, § 39 SGB VIII, Rz. 16); diese Beiträge sind schon mit Blick auf den dem Kind nach § 24 zustehenden gesetzlichen Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung dem Sachaufwand als Teil des notwendigen Unterhalts i. S. d. § 39 Abs. 1 Satz 1 zuzurechnen (VG Aachen, Urteil v. 17.4.2018, 2 K 1883/16 Rz. 49; vgl. auch: DIJuF-Rechtsgutachten v. 12.10.2020, SN_2020_0894 Bn – Übernahme der Kindergartenbeiträge durch das Jugendamt bei Vollzeitpflege, JAmt 2020 S. 654) und deshalb durch eine Erhöhung des Pauschalbetrags auszugleichen. Eine Übernahme dieser nicht im Pauschalbetrag eingeflossenen Beiträge i. S. v. § 39 Abs. 4 Satz 3 HS 2 kann nach den Besonderheiten des Einzelfalls daher geboten sein, denn die von Pflegeeltern im Bedarfsfall aufzuwendenden Beiträge für den Besuch einer Kindertageseinrichtung haben bei der Ermittlung des in Nordrhein-Westfalen gewährten monatlichen Pauschalbetrags, an dem sich auch die vereinbarten Zahlungen orientieren, keine Berücksichtigung gefunden (OVG Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 23.3.2021, 12 A 1908/18 Rz. 59 ff. und 67 ff.). Gleiches gilt für den notwendigen Nachhilfeunterricht (OVG Lüneburg, Urteil v. 28.7.1993, 4 L 4683/92).

 

Rz. 29

Zu den Besonderheiten des Einzelfalls allein zählen aber nicht mögliche erhöhte Mietkosten der Pflegeeltern (VG Berlin, Urteil v. 28.3.1995, 8 A 207.91). Vereinsbeiträge sind ebenfalls nicht gemäß § 39 Abs. 4 gesondert erstattungsfähig, da sie bereits durch das pauschale Pflegegeld abgegolten sind (VG Göttingen, Urteil v. 24.2.2005, 2 A 424/03). Aufwendungen für die Beseitigung von Schäden, die das (verhaltensgestörte) Pflegekind im Haus der Pflegeeltern vorsätzlich verursacht hat, unterfallen bereits nicht dem notwendigen Unterhalt und sind daher auch aufgrund der Besonderheit des Einzelfalls nicht gesondert neben dem monatlichen Pauschalbetrag erstattungsfähig (VG Stade, Urteil v. 21.8.1995, 1 A 1527/94).

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